Im Schatten der Weltpolitik
Es ist eine Ausstellung im Schatten der aktuellen Weltpolitik: Wenige Tage nach der umstrittenen Entscheidung von US-Präsident Donald Trump, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen und die Botschaft der Vereinigten Staaten dorthin zu verlegen, hat das Jüdische Museum Berlin am Sonntag seine neue Themenausstellung "Welcome to Jerusalem" eröffnet.
Mitten hinein in die aufgeheizte Debatte um den Status Jerusalems und die Ansprüche von Christen, Juden und Muslimen auf die Stadt will das Museum damit nach den Worten seines Direktors Peter Schäfer "Verständnis für die besondere Situation Jerusalems wecken und den Besuchern helfen, sich ein eigenes Urteil zu bilden". Als Zentrum der drei monotheistischen Religionen mit ihren unvereinbaren Ansprüchen sei Jerusalem seit vielen Jahrhunderten ein Brennpunkt religiöser und politischer Konflikte. Die Entscheidung des US-Präsidenten unterstreiche dies noch einmal nachdrücklich, so Schäfer.
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Weitere Informationen zur Austellung finden Sie auf der Internetseite des Jüdischen Museums Berlin.Doch die Ausstellung, die zwei Jahre vorbereitet wurde und bis zum 30. April 2019 läuft, dreht sich nicht allein um den Nahost-Konflikt, der Jerusalem zur wohl meistumkämpften Stadt der Weltgeschichte macht. Vielmehr will sie die faszinierende und herausfordernde Geschichte der Stadt in all ihren Facetten präsentieren – einer Stadt, in der Alltag, Religion und Politik beinahe von Anfang an unauflöslich miteinander verflochten sind.
In der Ausstellung wird die Geschichte Jerusalems von der Zeit des Herodes bis in die Gegenwart dargestellt. In zehn Räumen wird mit historischen Exponaten, künstlerischen Reaktionen und medialen Inszenierungen ein umfassendes Bild der Sehnsuchts-Metropole gezeichnet. Kulturhistorische Objekte mit Leihgaben aus internationalen Museen sind ebenso zu sehen wie Arbeiten zeitgenössischer Künstler. Auf 1.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche und anhand von 170 Exponaten können die Besucher so einen kulturhistorischen Exkurs in die Geschichte der Stadt erleben.
Als zentrale Achse der Ausstellung werden Modelle der Sakralbauten der drei Religionen präsentiert, die bis heute das Stadtbild Jerusalems prägen und Ziel von Pilgern und Touristen sind. Die historischen Modelle der Grabeskirche – eine Leihgabe des Dom-Museums in Trier – und des islamischen Heiligen Bezirks Haram asch-Scharif werden ergänzt durch die Auftragsarbeit eines Korkmodells der Klagemauer, das nach historischen Erkenntnissen im Maßstab 1:75 hergestellt wurde. Großformatige Projektionen aus dem Film "24h Jerusalem" setzen die drei Modelle darüber hinaus in den Kontext heutiger Pilger- und Touristenströme.
Eine wichtige Rolle in der Ausstellung spielen außerdem der Tempelberg und das Konzept des Tempels. Direktor Schäfer erklärt das mit der historischen Bedeutung des Tempels als Ursprung der Stadt, aber auch mit den verschiedenen Heiligkeitsvorstellungen der drei monotheistischen Religionen. Bemerkenswert ist vor allem die mediale Installation "Augmented Temple", die Besucher mit der Architektur und der Funktion des Herodianischen Tempels in der Antike vertraut macht. Auf einem zwei Meter großen Modell werden die Besucherströme von zehntausenden Menschen an hohen Feiertagen projiziert, sowie die Architektur des Tempels erklärt. Darüber hinaus können die Besucher Filme zu jeweils einem spezifischen Ritual aus dem Tempelleben sehen.
Den Sprung in die Gegenwart schafft die Ausstellung mit dokumentarischem Filmmaterial sowie Arbeiten zeitgenössischer Künstler. Das Filmmaterial zum Thema "Fromme Provokateure" zeigt exemplarisch drei jüdische Gruppen, deren religiöse Praxis oft zu Konflikten mit anderen säkularen und religiösen Gruppierungen und dem Staat führen: eine Minderheit von mehreren tausend ultraorthodoxen Juden, die in Teilen den modernen Staat Israel als gotteslästerlich ablehnen; die "Women of the Wall", die eine egalitäre Gebetspraxis an der Klagemauer einfordern; sowie die Tempel-Bewegungen, deren Mitglieder auf dem Tempelberg den dritten jüdischen Tempel errichten wollen. Daneben dokumentieren Künstler wie Mona Hatoum und Andi LaVine Arnovitz ihre Auseinandersetzung mit der Stadt.