Klug kaufen
Ebenfalls am Sonntag beginnt die Aktion "Klug kaufen" der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB). In der Woche vor dem katholischen Erntedankfest will sie vor allem eins: aufmerksam machen. Auf das eigene, oft unreflektierte Kaufverhalten. Auf Menschen, die deshalb am südlichen Ende der Nahrungskette verhungern. Und auf die Macht, die man als Konsument wirklich hat.
Das Problem ist so komplex wie die Globalisierung, die es mit verursacht. An den Börsen wird mit Rohstoffen und Nahrungsmitteln spekuliert, Unternehmen melden Patente auf Pflanzen und Tiere an. Die Welt befindet sich in einer Schieflage. Während jeder Europäer 280 Kilogramm Essen im Jahr wegwirft, verhungert alle fünf Sekunden ein Kind. Und das obwohl die Wirtschaft heute problemlos das Doppelte der Weltbevölkerung ernähren könnte, so der World-Food-Report der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO).
Mehr fragen, mehr wissen
Natürlich ist es nicht damit getan, seine überzähligen Brötchen in die armen Länder zu schicken. Tatsächlich exportiert Europa Überschüsse an Lebensmitteln direkt nach Afrika – und macht mit Billigpreisen die lokalen Märkte kaputt und die Kleinbauern arbeitslos... Und trotzdem kann man als Konsument in Deutschland eine Menge tun. Was genau, will die KAB in ihrer Aktionswoche deutlich machen.
Checkliste
Kaufen Sie regionale Lebensmittel, unterstützen Sie kleine Geschäfte und Biobauernhöfe. Nutzen Sie saisonale Angebote. Reduzieren Sie Ihren Fleischkonsum und kaufen Sie vorrangig Biofleisch. Kaufen Sie Kaffee, Tee, Schokolade und andere Lebensmittel aus fairem Handel, etwa von Gepa. Meiden Sie gefährdete Fischsorten. Kaufen Sie immer nur so viel, wie tatsächlich benötigt wird. Nehmen Sie eigene Taschen mit zum Einkaufen und meiden Sie Plastiktüten."Klug kaufen" heißt die Kampagne und klug wird, wer Fragen stellt. Nicht nur nach dem Kaloriengehalt, nach der Verarbeitung oder nach der Speicherkapazität, sondern nach dem "woher". In jedem Produkt stecken Arbeit, Kapital, Rohstoffe, Wissen und Energie. Wer besagten Herbstmantel kauft, sollte zum Beispiel wissen wollen, wer ihn gefärbt hat und unter welchen Bedingungen.
Bei einem T-Shirt für fünf Euro vom Textil-Discounter ist unwahrscheinlich, dass es unter fairen und ökologischen Bedingungen hergestellt worden ist. Gleichzeitig muss "grüne Mode" nicht unweigerlich den Geldbeutel sprengen. Mittlerweile bieten auch große Modelabels Bio-Kleidung zum moderaten Preis an. Infos gibt es unter www.gruenemode.de . Eine schöne Idee sind auch lokale Klamotten-Tauschbörsen. Termine finden sich zahlreich im Netz.
Eine seltene Zutat
Auf die entsprechenden Websites gelangen wir per Smartphone, Tablet-PC und Co, die nach und nach zum unverzichtbarsten Spielzeug avancieren. Handy, Laptop, Flachbildfernseher und Spielekonsolen haben eines gemeinsam: Coltan. Ein Erz, das zu den Seltenen Erden gehört und ohne das ein Handy zwei Kilo wiegen würde. Abgebaut wird es zum großen Teil im Kongo. Unter unmenschlichen Bedingungen und zumeist von Kindern!
Vertrauenswürdige Biosiegel
Einen Wegweiser durch den Biosiegel-Dschungel finden Sie auf dem Aktionsportal "Nachhaltig leben, nachhaltig arbeiten" der KAB.Aufs Handy verzichten? Heutzutage kaum realistisch. Aber ob es alle zwei Jahre ein neues Modell sein muss, ist hinterfragbar. Dass man sein altes Handy über Mobilfunkanbieter recyceln kann, ist kaum bekannt. Anders ist es nicht zu erklären, dass nur drei Prozent der Geräte zurückgegeben werden. Dabei könnten viele brauchbare Teile wiederverwertet werden. Wenn Sie also noch Altgeräte in der Schublade haben, können Sie sie bei zum Beispiel über www.handysfuerdieumwelt.de umweltfreundlich loswerden.
So schön die Schnäppchenjagd und so geil der Geiz, früher oder später hinterlässt beides ein schales Gefühl. Denn wer immer möglichst billig kauft, zerstört gute Arbeit und gute Lohnstrukturen. Und zwar nicht nur in den Entwicklungsländern, sondern auch in Deutschland. Unternehmen, die dauerhaft niedrige Preise machen, müssen an allen anderen Stellen sparen. Personalkosten sind immer ein großer Posten und so schneidet man sich mit seinem Kaufverhalten irgendwann ins eigene Fleisch.
Selbst ist der Konsument
Apropos Fleisch, hier ist weniger mehr. Wer ein paarmal die Woche darauf verzichtet, kann sich öfter ein Schnitzel aus ökologischer Haltung leisten. Erdbeeren im Januar? Schmecken ohnehin nicht. Lieber saisonale Angebote aus der Region kaufen. Die Verbraucherzentrale informiert in einem Kalender über heimisches Obst und Gemüse. Und: Kunden, die gezielt und nur nach Bedarf einkaufen, werfen später nicht so viel in den Müll, wie nach dem wöchentlichen Großeinkauf.
Und was das Essen betrifft: Wer einen Garten hat, kann ökologisch Gemüse anbauen und dem Etikett "aus der Region" eine ganz neue Dimension verpassen. Aber auch Balkonier haben heutzutage Möglichkeiten, eigene Produkte zu ernten. Urban Gardening ist das Zauberwort. Dahinter verstecken sich unter anderem auch Gemüsegärten zum Mieten und selbst bewirtschaften. Zum Beispiel unter www.meine-ernte.de .
Ein Trend, der sich im Zuge des Cocoonings - dem Rückzug ins Privatleben - immer weiter ausbreitet, trägt ebenfalls zum nachhaltigen Verhalten bei. Selber machen ist die Devise. Handarbeitsgeschäfte erfahren neuerdings eine Renaissance, es wird genäht, gestrickt und gefilzt. Flohmärkte sind immer gut besucht. Alte Möbel liegen im Trend, sie selbst auf- und umzuarbeiten macht nicht nur eingefleischten Heimwerkern Spaß.
Und noch eine gute Idee zum Schluss: KAB-Gruppen im Bistum Rottenburg-Stuttgart sammelten unlängst Fallobst, kochten davon Most und verkauften ihn. Der Erlös ging an Projekte in Uganda. Eine beispielhafte Aktion, die fairen Konsum auf den Punkt bringt. Wer sie nachmachen will, findet unter www.mundraub.org herrenlose Fallobstwiesen in seiner Nähe.
Von Janina Mogendorf