Kirchgänger, -gängerinnen und X-gänger
Gender I: Kardinal John Onaiyekan aus Nigeria ist ein Mann, der gerne lacht. Doch was er dem Westen diese Woche ins Stammbuch schrieb, ist kaum zum Lachen. Er ist befremdet von der westlichen Debatte über Kirche und Genderismus; verwundert, "dass das die Themen sind, über die man sich Sorgen macht" - statt über leere Kirchen und fehlende Priesterberufungen. In der Schule hieße das wohl: Thema verfehlt.
Gender II: Wie ein Echo klingt da eine Nachricht aus Dublin, wo die Ausrichter des katholischen Weltfamilientreffens ihre Willkommensbotschaft an homosexuelle Paare mit Kindern aus einem Werbevideo strichen. In einer ersten Version hatte der irischstämmige Weihbischof David O'Connell erklärt: "Heute gibt es alle möglichen Familienkonstellationen: Mutter und Vater, Mutter oder Vater alleine, homosexuelle Paare, die Kinder erziehen". Bereits Ende Januar waren Bilder von homosexuellen Paaren aus dem Begleitheft für das Weltfamilientreffen entfernt worden.
Gender III: Zum Weltfrauentag stellten sich italienische Ordensfrauen auf die Hinterbeine – und zwar ausgerechnet in der Zeitung des Papstes, dem "Osservatore Romano". Sie beschrieben Fälle von Ausnutzung durch Priester und Bischöfe, die sie wie niedere Bedienstete behandelten; nach dem Motto: Der Priester ist für die Kirche alles, die Nonne nichts. Die Beispiele sind beklemmend.
Eine beklagt: "Ein Priester denkt, er könne sich erst von seiner Ordensfrau die Mahlzeit servieren lassen und sie danach allein in der Küche essen lassen. Eine andere berichtet über Ordensfrauen, die nach 30-jähriger Tätigkeit für die Kirche erkrankt seien, ohne dass einer von den Priestern, die die Schwestern jahrelang bedienten, am Krankenbett erschienen sei.
Gender IV: Und noch mal Frauenrechte: Die SPD-Politikerin Kristin Rose-Möhring, Gleichstellungsbeauftragte im Bundesfamilienministerium, wünscht sich eine Reform der Nationalhymne. Statt "für das deutsche Vaterland" solle es künftig "für das deutsche Heimatland" heißen, und statt "brüderlich" besser "couragiert mit Herz und Hand" .
Die passende Replik hat der Historiker Clemens Escher parat. Zunächst möge doch die SPD beantragen, bei ihrem Parteitag "nicht nur die Brüder zur Sonne und Freiheit marschieren zu lassen, sondern auch ihre Schwestern"." G'schwister" könnte die geschlechterneutrale und silbengetreue Formulierung lauten. Die Frage bleibt allerdings, ob da der Mitgliederentscheid – oder, Entschuldigung: der Mitglieder-, Mitgliederinnen- und X-Mitglieder-Entscheid, die Entscheidin und das X-Entscheid – da mitgeht; oder einfach auch nur der SPD-Traditionschor/die Chörin/das X-Chor.
Und was war noch? Der deutsche Kardinal Walter Kasper hat zu seinem 85. Geburtstag ein neues Buch veröffentlicht. Darin heißt es, Papst Franziskus sei kein Häretiker. Irgendwie erleichtert mich das.