Tschechische Bischofskonferenz übt scharfe Kritik

Kommunisten planen Sondersteuer für die Kirche

Veröffentlicht am 18.07.2018 um 15:55 Uhr – Lesedauer: 
Tschechien

Bonn/Prag ‐ Drei Jahrzehnte nach der Wende wird die Kirche in Tschechien für ihre Unterdrückung im Sozialismus entschädigt. Den Kommunisten geht das zu weit. Nun nutzen sie ihren neuen Einfluss gegen die Kirche.

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Tschechiens Kommunisten haben wieder politisches Gewicht – und wollen das dem Vernehmen nach gegen die Kirche einsetzen. Ihr Plan einer Sondersteuer auf Entschädigungszahlungen für Religionsgemeinschaften könnte nun tatsächlich umgesetzt werden. Die kommunistische Partei hatte sich das entsprechende politische Kapital gesichert, indem sie am vergangenen Donnerstag die Regierung von Ministerpräsident Andrej Babis bei einer Vertrauensfrage unterstützte. Die tschechische Bischofskonferenz bleibt unterdessen bei ihrer deutlichen Kritik an dem Vorhaben.

Nach dem Willen der Kommunisten sollen Religionsgemeinschaften ab dem kommenden Jahr eine Steuer von 19 Prozent auf Entschädigungsleistungen des Staates zahlen. Im Jahr 2012 hatten sich Tschechien zur Entschädigung von 17 Gemeinschaften für erlittenes Unrecht und umfangreiche Enteignungen in der Zeit der kommunistischen Diktatur (1948-1989) verpflichtet. Die tschechische Republik hat heute eine der geringsten Gläubigenquoten in ganz Europa. Laut jüngsten Statistiken bezeichneten sich nur gut 15 Prozent der Einwohner als Mitglied einer Glaubensgemeinschaft. Etwa jeder zehnte Tscheche gehört der katholischen Kirche an.

Kirchen erhalten Entschädigungen in Milliardenhöhe

Alle Glaubensgemeinschaften zusammengenommen sollen auf Grundlage eines Gesetzes und verschiedener Verträge Immobilien mit einem Gesamtwert von etwa 2,9 Milliarden Euro zurückerhalten. Zudem sollen über einen Zeitraum von 30 Jahren weitere 2,3 Milliarden Euro direkt gezahlt werden, während staatliche Subventionen für Kirchen und Religionsgemeinschaften parallel zurückgefahren werden. Weitaus größter Empfänger der Kompensationen ist laut Medienberichten mit bis zu 80 Prozent der Gesamtsumme die katholische Kirche.

Kardinal Dominik Duka aus Prag.
Bild: ©KNA

Für Prags Kardinal Dominik Duka ist die Frage der Entschädigungen mit dem entsprechenden Gesetz von 2012 erledigt.

Als einen "Skandal" bezeichnete der Generalsekretär der tschechischen Bischofskonferenz, Stanislav Pribyl, den Plan der Kommunisten. "Wie kann man darauf eine Steuer erheben? Wir sind hier der Gläubiger und der Staat ist der Schuldner, es ist erstaunlich", sagt er laut einem Bericht der französischen Zeitung "La Croix" vom Sonntag. Prags Kardinal Dominik Duka erklärte bereits im Jahr 2016 in einem Brief an Diplomaten, dass die historischen Ansprüche für die katholische Kirche durch das Entschädigungsgesetz "definitiv geklärt" seien. Pribyl warf den Kommunisten nun vor, sich selbst nie von ihrer Vergangenheit distanziert zu haben: "Sie haben wirtschaftlichen Schaden verursacht, die Gesundheit und das Leben vieler Menschen zerstört."

Die kommunistische Partei wiederum hatte in der Vergangenheit erklärt, die Entschädigungen seien zu hoch angesetzt. Problematisch sei insbesondere, dass Immobilien teilweise sowohl zurückgegeben als auch finanziell kompensiert würden. Die Forderung nach der Sondersteuer hatte die Partei bereits seit längerem immer wieder vorgebracht, zuletzt im Januar.

Kommunisten stützen Minderheitsregierung

Mit der Vertrauensfrage des Ministerpräsidenten Andrej Babis erhielt das Vorhaben nun erneut Aufschwung. Die Kommunisten hatten den Plan zur Bedingung gemacht, um die Minderheitenregierung des Populisten mit den Stimmen ihrer 15 Abgeordneten zu bestätigen. Der Milliardär Babis, der bis 1989 selbst Mitglied der kommunistischen Partei war,  hatte laut "La Croix" in der Vergangenheit bereits signalisiert, einer Einschränkung der Entschädigungen positiv gegenüber zu stehen. (kim)

Linktipp: Danaergeschenk an Tschechiens Katholiken

Oberflächlich betrachtet könnten sich Tschechiens Katholiken freuen. Immerhin hat ihnen der Staat nach langem Streit zwei während des Kommunismus enteignete Gebäude zurückgegeben. Doch die befinden sich in einem erbärmlichen Zustand. (Artikel von Juli 2015)