Ist Nicaragua zahlungsunfähig oder steckt mehr dahinter?

Nach Protesten: Staat streicht Hilfe für Jesuiten-Uni

Veröffentlicht am 01.08.2018 um 11:40 Uhr – Lesedauer: 
Nicaragua

Managua ‐ Nicaraguas Präsident Daniel Ortega wirft der Kirche vor, an einem Staatsstreich beteiligt gewesen zu sein. Nun werden der Jesuiten-Universität im Land die Gelder gestrichen - angeblich wegen Zahlungsunfähigkeit.

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Eine der Hochschulen, an denen im April die Proteste gegen die Regierung in Nicaragua begonnen hatten, hat ihre Schließung auf unbestimmte Zeit angekündigt. Grund dafür sei der bevorstehende Wegfall von Staatsmitteln, teilte die jesuitische Universidad Centroamericana (UCA) in Managua am Dienstag (Ortszeit) mit. Die Institution habe ihre akademischen Programme und Gehaltszahlungen an 1.370 Angestellte für den Monat August bereits ausgesetzt, erklärte die Universitätsleitung in der Mitteilung. Die UCA ist die erste Hochschule, die seit Beginn der Krise in Nicaragua ihre Schließung auf unbestimmte Zeit bekannt gab.

Nach dem Gesetz verwendet der Staat sechs Prozent seines Budgets zur Unterstützung von öffentlichen und privaten Hochschulen wie der UCA. Laut der Mitteilung begründete die Regierung den Wegfall der Hilfe, die die Universität bislang unter anderem für Stipendien und bessere Infrastruktur einsetzte, mit "Zahlungsunfähigkeit". Die Universität hat derzeit 9.430 Studierende.

Wegen der Proteste gegen die Regierung von Staatspräsident Daniel Ortega, die am 18. April begonnen hatten, haben alle Universitäten des Landes ihren Unterricht eingestellt und sind bis heute geschlossen. Der Rektor der UCA, der Jesuit José Idiáquez, erhielt Morddrohungen. Die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte (IAKMR) erließ Vorsichtsmaßnahmen zu seinem Schutz.

Die Kirche als Teil des Putschplans?

Die Proteste gegen den einstigen Revolutionär Ortega und seine Regierung hatten sich an einer umstrittenen Reform der Sozialversicherung entzündet. Obwohl Ortega diese zurückzog, fordern Demonstranten weiter seinen Rücktritt und den seiner Frau, Vizepräsidentin Rosario Murillo. Bei Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften, regierungsnahen Paramilitärs und Regierungsgegnern kamen nach Angaben von Menschenrechtlern bereits rund 450 Menschen ums Leben. Die Regierung beziffert die Zahl der Toten zuletzt auf 195.

Die katholische Kirche im Land hatte sich mehrfach als Vermittler während der Unruhen versucht - trotz zahlreicher Morddrohungen gegen und tätlicher Angriffe auf Bischöfe. Im Mai wurden die Gespräche seitens der Kirche ausgesetzt, da man sich nicht in der Lage sah, einen Konsens zwischen beiden Seiten zu erreichen. Zuletzt warf Präsident Ortega der Kirche sogar vor, an einem Staatsstreich gegen seine Regierung beteiligt zu sein. Die Bischöfe seien keine Vermittler in der politischen Krise, sondern Teil eines Putschplans, sagte er. (bod/dpa)