Größte Protestveranstaltung parallel zur Abschlussmesse mit Franziskus

Papstbesuch: Tausende Gegendemonstranten erwartet

Veröffentlicht am 24.08.2018 um 16:26 Uhr – Lesedauer: 
Missbrauch

Dublin ‐ Morgen tritt Papst Franziskus seine Reise zum Weltfamilientreffen in Irland an. Doch es zeichnet sich ab, dass es kein einfacher Besuch wird: Tausende Protestler gegen die Kirche haben sich angekündigt.

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Anlässlich des Papstbesuchs beim katholischen Weltfamilientreffen in Irland werden am Wochenende Tausende Demonstranten zu Protestveranstaltungen gegen die Kirche in Dublin erwartet. Wie irische Medien am Donnerstag berichten, sind Solidaritätskundgebungen für Missbrauchsopfer kirchlicher Einrichtungen, ein Schweigemarsch und Mahnwachen geplant.

Die größte Protestveranstaltung dürfte nach Einschätzungen der Medien die Demonstration "Stand for Truth" (Für die Wahrheit eintreten) werden, die parallel zur vom Papst gehaltenen Abschlussmesse des Weltfamilientreffens am Sonntagnachmittag stattfinden wird. Laut den Veranstaltern soll dies ein friedlicher Protest sein für "jeden, der von der katholischen Kirche verletzt oder missbraucht" wurde. Man wolle nicht dulden, dass "die Opfer der Kirche und ihrer brutalen Geschichte marginalisiert werden", sagte Organisator Colm O'Gorman der "Irish Times".

Auch die Organisation für Überlebende und Opfer von institutionellem Missbrauch (SAVIA) in Nordirland hat zu einem Treffen in Dublin eingeladen und will dort - in Erinnerung an das in katholischen Mutter-Kind-Heimen geschehene Unrecht - Babyschuhe aufhängen. Die Gruppe "We Are Church Ireland", die sich für eine stärkere Teilhabe von Frauen im kirchlichen Leben einsetzt, will am Samstag indes ihren Forderungen bei einer Demonstration mit violetten Regenschirmen Nachdruck verleihen.

Aktivisten fordern Reform der Päpstlichen Kinderschutzkommission

In Irland haben Missbrauchsskandale früherer Jahre die Glaubwürdigkeit der Kirche tief erschüttert. Der Vatikan bestätigte am Dienstag, dass Papst Franziskus bei seinem Besuch auch Missbrauchsopfer treffen werde.

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Seit Dienstag findet in Irland das neunte katholische Weltfamilientreffen statt. Thema: das wahre Leben von Paaren und Familien. Auch der Papst kommt. Nach dem Missbrauchsbericht von Pennsylvania eine schwierige Reise.

Kurz vor dem Papstbesuch forderte auch die weltweite Initiative "Ending Clerical Abuse" eine Reform der Päpstlichen Kinderschutzkommission. Vier Jahre unter der Leitung des Bostoner Kardinals Sean O'Malley (74) hätten keine sichtbaren Fortschritte gebracht, heißt es in einer Erklärung vom Freitag. Ein vom Vatikan angekündigtes Sondergericht für Bischöfe, die in Missbrauchsskandale verstrickt sind, bestehe weiterhin nur auf dem Papier. In vielen Bistümern werde nach wie vor keine "Null-Toleranz-Politik" gegen Missbrauch umgesetzt.

Zudem warf das Aktivistennetzwerk O'Malley vor, dass nicht alle Opfer, die sich an den Vatikan wendeten, eine Antwort erhielten. Mehrere "opferorientierte" Mitglieder der Kinderschutzkommission hätten das Gremium aus Protest verlassen. "Es ist offensichtlich: Die Kommission braucht einen neuen Leiter", so die Initiative, die Dublins Erzbischof Diarmuid Martin (73) als möglichen Nachfolger vorschlug. Das Netzwerk "Ending Clerical Abuse" hatte sich Anfang Juni aus Organisationen und Aktivisten aus 15 Nationen in Genf gegründet. Ihm gehört als deutscher Vertreter auch Matthias Katsch an, Sprecher der Opfergruppe "Eckiger Tisch".

Unterdessen verlangte auch das frühere Mitglied der Kinderschutzkommission Marie Collins erneut Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal. Statt "das Unhaltbare zu verteidigen" und Vorfälle zu leugnen, sollten Kirchenvertreter ihre Energie in Reformen stecken, sagte sie beim Weltfamilientreffen in Dublin. Zum jüngsten Brief des Papstes über den Missbrauchsskandal sagte sie, die Opfer brauchten ein solches Schreiben nicht; "wir haben seit Jahrzehnten davon gesprochen".

Noch immer glaubten viele Katholiken an eine bloße Medienverschwörung und eine Kampagne, um die Kirche zu zerstören, so Collins. Sie sprach bei einer Veranstaltung, die eigentlich von O'Malley geleitet werden sollte. Dieser hatte seine Teilnahme jedoch wegen eines nicht näher bezeichneten Vorgangs in seinem Priesterseminar in Boston abgesagt. Dieser müsse umgehend untersucht werden. (luk/KNA)