Christliches Brauchtum rund um den Wein

Von Winzerpatronen und Weinheiligen

Veröffentlicht am 02.09.2020 um 13:57 Uhr – Lesedauer: 
Figur des Schutzpatrons der Winzer, des Heiligen Urban
Bild: © KNA

Bonn ‐ An vielen Orten neigt sich die Weinlese bald dem Ende zu. Höchste Zeit, sich mit dem edlen Getränk auseinanderzusetzen. Es spielt auch in der Bibel eine Rolle und wird durchaus als gottgefällig bezeichnet. Schutzheilige der Weinberge und Winzer gibt es natürlich auch.

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In vielen Bibelstellen ist die Rede vom Wein. Die Geschichte von der Hochzeit in Kana, bei der Jesus Wasser in Wein verwandelt, ist die wohl bekannteste. Eine Vielzahl von Festen und Bräuchen rankt sich um das edle Getränk. Sie werden auch heute noch in vielen Weinregionen gefeiert. Winzer haben sogar ihre eigenen Weinheiligen.

Schon seit Urzeiten wird Wein angebaut. Im Buch Genesis heißt es: "Noach, ein Ackerbauer, war der Erste, der einen Weinberg pflanzte" (Gen 9,20). Weinberge zu besitzen bedeutete Reichtum. Und so wurde immer schon zu Festen Wein getrunken. Dass diese Gepflogenheit durchaus gottgefällig ist, belegt eine Stelle in Psalm 104, Verse 14 und 15: "Du lässt Gras wachsen (…) und Wein, der das Herz des Menschen erfreut". Wein gilt von jeher als gute Gabe des Schöpfers und als Symbol der Lebensfreude und der Nähe Gottes. Kein Wunder also, dass es nicht nur einen, sondern gleich mehrere Schutzheilige der Weinberge und Winzer gibt.

Einer der bekanntesten ist Urban, der im fünften Jahrhundert Bischof von Langres in Frankreich war. Der Legende nach verbarg er sich vor seinen Verfolgern hinter einem Weinstock. Zu Ehren von Urban gibt es am 2. April, seinem Gedenktag, in französischen Weinbaugebieten oft Bittprozessionen. In Deutschland wird Urban von Langres oft durch Papst Urban I. ersetzt. Dessen Gedenktag, 19. Mai, früher 25. Mai, fällt mit der Blüte der Weinreben zusammen. Die Frühjahrsarbeit im Weinberg musste bis dahin abgeschlossen sein.

Der Heilige wurde mit Wein übergossen

Am Gedenktag des Heiligen zogen Winzer mit geschmückten Statuen oder Bildern von Urban in Prozessionen durch die Dörfer und baten um eine gute Weinlese im Herbst. Folgender Brauch ist überliefert: Wenn die Sonne schien, wurde die Statue des Heiligen Urban mit Wein übergossen, bei Regen mit Wasser. Mancherorts wurden Urban-Statuen sogar in den Hausbrunnen geworfen. Ein überlieferter Winzerspruch lautet: "Sankt Urban, lieber Herr, mach die Trauben schwer. Bist du aber nass, bringt es nichts in Fass, musst du selbst ins Nass." Eine Bauernregel sagt: "Wie’s Wetter am Sankt Urbanstag, so der Herbst wohl werden mag." Der Heilige wird oft mit Weintrauben in der Hand dargestellt. Seit dem 13. Jahrhundert ist Papst Urban I. einer der populärsten Heiligen in Rheinhessen.

Kirchenfenster zeigt Hochzeit zu Kana
Bild: ©Fotolia.com/jorisvo

Maria spricht mit ihrem Sohn Jesus bei der Hochzeit zu Kana.

Populär als Weinpatron ist auch der Apostel Bartholomäus. Sein Gedenktag, der 24. August, war für die Winzer ein besonderer Los-Tag. Wirte konnten ihr Schankrecht verlieren, wenn sie an diesem Tag noch keinen Most hatten. Der aus Äpfeln und Birnen gekelterte Saft war nämlich in bäuerlichen Gegenden ein idealer Durstlöscher an heißen Spätsommertagen. Bekannt ist die Redewendung "Wissen, wo der Barthel den Most holt". Gemeint ist damit jemand, der besonders clever ist. Ihren Ursprung hat diese Redewendung im "Simplicius Simplicissimus" des Jakob Christoffel von Grimmelshausen. Er schreibt über einen gewissen Barthel, der immer wusste, wie und wo man am besten an den begehrten Most herankam.

Die Martinsminne und der Johanniswein

Auch die Gottesmutter Maria wird um eine gute Weinernte gebeten – aber nicht nur, weil sie Jesus bei der Hochzeit in Kana dazu gebracht hat, Wasser in Wein zu verwandeln. Sie gilt von jeher als Schützerin der Natur, der Felder und so auch der Weinberge. Österreichische Winzer bitten oft den heiligen Vitus um eine gute Lese. Sein Gedenktag, der 15. Juni, war nach dem Julianischen Kalender der Tag der Sonnenwende. Ein Losspruch heißt: "Ist erblüht der Wein auf Sankt Vit, so bringt er ein schönes Weinjahr mit."

Bild: ©KNA

Eine Statue des heiligen Martin, wie er seinen Mantel mit dem Bettler teilt. Im österreichischen Burgenland spielt er in der Verehrung als Patron des Weines eine bedeutende Rolle.

Der 11. November, Sankt Martin, wird nicht nur mit Laternenumzügen und Brezeln in Verbindung gebracht. Im österreichischen Burgenland spielt er in der Verehrung als Patron des Weines eine bedeutende Rolle. Am 11. November wird dort nämlich der erste junge Wein verkostet: ein Brauch, der im Volksmund Martiniloben heißt. Auch aus Köln ist er überliefert. "In Köln wurde am Martinsabend der erste neue Wein getrunken", erklärt der katholische Theologe und Brauchtsumsexperte Dr. Manfred Becker-Huberti. "Diesen Brauch nannte man 'Martinsminne'. Er knüpft an eine Legende an: Martin soll dem schwedischen König Olaf Tryggwason im Traum erschienen sein und von ihm gefordert haben, er solle nicht mehr den Gott Odin durch Trankopfer ehren, sondern die Martinsminne statt der Odinsminne einführen."

Der Apostel und Evangelist Johannes (Gedenktag 27.12.) gehört ebenfalls zu den Winzerpatronen. Eine Tradition, die noch heute in manchen katholischen Gegenden gepflegt wird, ist die Weihe des so genannten Johannisweins. Während des Gottesdienstes wird der Messwein gesegnet und anschließend an die Gläubigen ausgeschenkt. Es war bis ins letzte Jahrhundert hinein üblich, einige Flaschen Wein mit zur Kirche zu nehmen und diese durch den Priester weihen zu lassen. Dieser gesegnete Wein, auch Johannesminne genannt, diente als Medizin und sollte bei allen möglichen Erkrankungen für eine schnelle Genesung sorgen. Der Brauch, der heute noch vereinzelt gepflegt wird, basiert auf einer Legende.  Johannes soll einen Becher vergifteten Weines gesegnet haben, worauf dieser seine tödliche Wirkung verlor. Am Johannistag war das so genannte Weiberdingete Brauch, etwa in Schwaben und in Tirol. Der Mann führte seine Frau ins Wirtshaus, und sie fragte ihn öffentlich, ob er sie für das kommende Jahr wieder "dingen", also in den Dienst nehmen würde. Stimmte der Mann zu, bezahlte die Frau die Zeche.

Von Margret Nußbaum

Dieser Artikel wurde 2018 erstmals veröffentlicht.