Zwischen Katechese und Selfies

Weltjugendtag in Panama: Ein Tag mit Bischof Oster

Veröffentlicht am 25.01.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Panama-Stadt ‐ Der Weltjugendtag in Panama ist in vollem Gange. 2.300 Jugendliche aus Deutschland sind in das mittelamerikanische Land gereist, um ihren Glauben zu feiern und den Papst zu treffen. Unter ihnen ist auch der Passauer Bischof Stefan Oster. Katholisch.de hat den deutschen Jugendbischof einen Tag lang begleitet.

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7:30 Uhr: Morgengebet am Hotel-Pool

Der Tag von Bischof Stefan Oster beginnt auch beim Weltjugendtag mit dem Morgengebet der Kirche, den Laudes. Doch in Panama führt es ihn an einen ungewöhnlichen Ort: den Hotel-Pool. Am Rand des Schwimmbeckens auf der Dachterrasse ihrer Unterkunft treffen sich die Bischöfe und Priester der deutschen WJT-Delegation jeden Morgen zum Gebet. Dort sind sie dem Himmel näher, jedoch mit dem Nachteil, dass sie direkt der panamaischen Sonne ausgesetzt sind. Doch Oster hat an diesem Morgen Glück, denn der hellblaue Himmel ist mit weißen Wölkchen bedeckt, die der Morgensonne ihre Kraft nehmen. Zudem macht ein leichter Windhauch die Hitze von 30 Grad Celsius erträglicher, die bereits am Morgen herrscht. Gestaltet werden die Laudes von Schwester Magdalena Morgenstern und Pater Clemens Blattert, die den deutschsprachigen Teilnehmern des Weltjugendtags für geistliche Gespräche im Berufungszentrum zur Verfügung stehen. Nach dem Stundengebet bleibt Oster nur wenig Zeit zum Frühstücken. Denn bereits kurz nach 8 Uhr steht ein Auto vor der Tür des Hotels, das den Jugendbischof in die Kirche San Francisco de la Caleta bringt. Ein Mitglied der Pfarrei fährt ihn persönlich zum Ort, an dem er heute eine Katechese hält.

Bild: ©katholisch.de

Teilnehmer des Weltjugendtags in Panama beten vor der Katechese von Bischof Stefan Oster mit erhobenen Händen zu Lobpreismusik.

9:00 Uhr: Katechese und Heilige Messe

Die Kirche im Kolonialstil ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Mehrere hundert junge Pilger reden so angeregt miteinander, dass das Gotteshaus eher einem Stadion als einer Kirche gleicht. Einige haben Flaggen dabei, die sie als Schweizer, Österreicher oder Bayern identifizieren. Eine Deutschlandfahne ist nicht zusehen, dafür trägt aber eine Teilnehmerin mit Hipster-Brille das Trikot der deutschen Nationalelf. Bischof Oster wartet neben dem Altar auf den Beginn der Katechese, trotz der karibischen Hitze trägt er seine Bischofssoutane. Katechesen gehören seit der Erfindung der Weltjugendtage durch Papst Johannes Paul II. im Jahr 1984 zu den Glaubensevents dazu. Sie sollen die Jugendlichen dazu motivieren, sich mit Glaubensinhalten auseinanderzusetzen. Zwei junge Frauen der Schönstattbewegung moderieren das Treffen in der Kirche im Nordosten von Panama-Stadt und versuchen die Pilger mit Lobpreisliedern auf die Katechese einzustimmen. Einige stehen während der Lieder auf, singen laut mit, schließen die Augen und strecken ihre Hände gen Himmel.

Oster hält seine Predigt frei und spricht in ein Mikrofon, während er durch den Mittelgang geht. Man merkt seinen Worten an, dass er sich bemüht, nah bei den Jugendlichen zu sein. Er nennt sie "Meine Lieben" und gibt ihnen praktische Tipps für ein Leben aus dem Glauben. Zwei Dinge legt er ihnen ans Herz: "Haltet jeden Tag eine feste Gebetszeit mit Stille und vollbringt eine gute Tat für einen anderen Menschen." Die Jugendlichen nicken, ihr Applaus zeigt, dass sie Osters klare Worte schätzen. Einige Pilger reiben sich die Augen und gähnen leicht: die Tage der Begegnung im Vorfeld des Weltjugendtags in Panama haben ihre Spuren hinterlassen.

Im Anschluss an seine Predigt haben die jungen Pilger die Möglichkeit, Fragen zu stellen. "Wie kann ich die Begeisterung des Weltjugendtags mit nach Hause nehmen?", "Wie sind Sie als junger Mensch mit Anfeindungen ihrer nichtgläubigen Freunde umgegangen?", "Wie kann ich gute Entscheidungen treffen?" sind nur einige der Fragen, auf die Oster oftmals sehr persönlich antwortet. Darin hat er Übung, denn in seiner Diözese Passau trifft er sich alle zwei Wochen mit Studierenden zu  Gesprächsrunden. Auch zur Vertuschung von Missbrauch durch Kleriker wird eine Frage gestellt. "Die Kirche hat Schuld auf sich geladen", gibt Oster zu. "Selbst die Apostel waren zunächst keine Heiligen, sondern sind sehr oft gescheitert", ruft er den jungen Katholiken ins Gedächtnis. Maßnahmen gegen Missbrauch seien nötig, doch er wolle das Thema nicht weiter vertiefen, sagt der Jugendbischof und geht zur nächsten Frage über. In einer kleinen Pause zwischen Katechese und der anschließenden Messe kommen viele Jugendliche auf ihn zu. Sie machen Selfies mit Oster und bedanken sich für seine Worte. Doch es kommt auch zu tieferen Begegnungen, etwa als eine junge Frau Oster fragt, wie sie Gott als Vater anreden könne, da sie selbst keinen Vater gehabt habe. "Das hat mich berührt."

Bild: ©katholisch.de

Ganz nah bei den Jugendlichen: Bischof Stefan Oster hält die Predigt bei seiner Katechese während des Weltjugendtags in Panama-Stadt im Mittelgang der Kirche. Oster ist seit 2014 Bischof von Passau und seit 2016 Vorsitzender der Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz.

12:30 Uhr: Mittagessen in der Pfarrei

Nach der Heiligen Messe wird Oster vom Pfarrer der Kirchengemeinde zum Mittagessen eingeladen. In einem Saal der Pfarrei isst er gemeinsam mit dem Gemeindemitglied, das ihn zur Kirche gefahren hat. Am Nachbartisch sitzen Bischöfe aus Australien und Tansania, die ebenfalls in der Pfarrei Katechesen für ihre Pilger gehalten haben. Es sind herzliche Gespräche zwischen den Oberhirten und den panamaischen Gastgebern. Nach dem Essen kehrt Oster ins Hotel zurück.

Bild: ©katholisch.de

Während des "Youth Hearings" beim Weltjugendtag in Panama sitzt Bischof Stefan Oster in der ersten Reihe. Neben ihm befindet sich Erzbischof Ludwig Schick.

15:00 Uhr: "Youth Hearing" des BDKJ

Der nächste Termin ist das sogenannte "Youth Hearing", das gemeinsam vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und dem Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat veranstaltet wird. Es soll deutsche Pilger mit panamaischen Jugendlichen zusammenbringen und über deren oft schwierige Lebenssituation informieren. Das Konzept interessiert die WJT-Teilnehmer, denn alle Plätze der Aula des Museums des Panama-Kanals, wo das "Youth Hearing" stattfindet, sind besetzt. Auch auf der Bühne, in den Seitengängen und vor den Türen drängen sich die jungen Deutschen. Volles Haus. Oster spricht zu Beginn ein kurzes Grußwort, bleibt die restliche Zeit jedoch ein Zuhörer. In Kleingruppen informieren sich die deutschen Pilger im Gespräch mit Panamaern über deren Lebenswirklichkeit. Gesprächspartner sind Indigene, Drogenabhängige und Aids-Kranke.

Oster gesellt sich zu der Gruppe mit einem jungen Panamaer, der mit dem HIV-Virus infiziert ist und in einer katholischen Einrichtung für Aids-Kranke betreut wird – ein Ort, den Papst Franziskus kurz vor seiner Abreise am Sonntag besuchen wird. Der junge Mann kann wegen der Erkrankung seine Beine kaum noch bewegen und wird auf die Bühne getragen. Im Gespräch erzählt er von der Stigmatisierung, die in Panama mit Aids verbunden ist. Sein Traum ist es, junge Menschen über die Krankheit aufzuklären. Oster hört interessiert zu, sein nachdenklicher Gesichtsausdruck verrät, dass ihn die Worte des Panamaers bewegen. Im anschließenden Gespräch folgt auch eine Frage zur Haltung der katholischen Kirche zu Kondomen. Bischof Oster meldet sich zu Wort und erklärt, dass die Kirche Präservative durchaus duldet, etwa wenn Menschen unfreiwillig durch Sex-Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen und größeres Leid vermeiden wollen. Für seine Worte erhält er Applaus und anerkennende Blicke.

Bild: ©katholisch.de

Die Kirche Santa Maria la Antigua ist die Kathedrale von Panama-Stadt. Auf dem Platz vor der Kirche trifft Bischof Stefan Oster einige Pilger aus seinem Bistum Passau.

18:00 Uhr: Treffen mit Jugendlichen aus dem Bistum Passau

Nach dem "Youth Hearing" bleibt Oster etwas Zeit, um sich in der Altstadt von Panama umzusehen. Auf dem Platz vor der Kathedrale wird er von einer jungen Frau angesprochen, sie stammt aus seiner Diözese. "Wo genau kommen sie her?", fragt der Bischof lächelnd und beide stellen fest, dass sie sich bereits vor einigen Monaten getroffen haben. Die Teilnehmerin bittet Oster um ein Foto mit der Pilgergruppe aus dem Bistum Passau. Gerne kommt er ihrem Wunsch nach.

19:30 Uhr: Jugendpastoraler Empfang

Der letzte Termin des Tages ist ein Treffen mit den Verantwortlichen der Jugendpastoral der deutschen Diözesen, die zum Weltjugendtag nach Panama gereist sind. Es soll ein Dankeschön für die geleistete Arbeit im Vorfeld und während des Glaubenstreffens sein. Eingeladen haben der BDKJ und die Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz. Auch Oster begrüßt die Anwesenden, viele kennt er beim Namen. Nach einem Abendgebet, das von einem Chor aus dem Erzbistum Paderborn gestaltet wird, folgt ein Zusammentreffen bei landestypischem Essen und Getränken. Um 21.30 Uhr endet dieser erlebnisreiche Tag des Jugendbischofs und er fährt zurück zum Hotel, um sich auszuruhen und Kräfte zu sammeln. Schließlich hat der Weltjugendtag gerade erst begonnen.

Von Roland Müller