Jung gestorbener Italiener könnte Patron des Internets werden

Carlo Acutis: Auf der Suche nach der "Autobahn in den Himmel"

Veröffentlicht am 09.02.2019 um 13:01 Uhr – Lesedauer: 

Assisi ‐ Er war ein Computer-"Nerd", kümmerte sich um die Bedürftigen und ging jeden Tag in die Messe: Carlo Acutis war ein junger Mann, der auf vielen Feldern aktiv war – und dafür nun selig gesprochen werden könnte.

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Als Carlo Acutis 2006 im Alter von 15 Jahren starb, sollen Hunderte Menschen zu seiner Beerdigung gekommen sein, die selbst seine Mutter noch nie zuvor gesehen hatte. Denn es war kein ganz alltäglicher Jugendlicher, dessen Leben die Leukämie ein frühes Ende setzte: Acutis war Computer-Nerd, sozial engagiert und sehr fromm.

Geboren wurde Carlo Acutis 1991 in London, wo seine italienischen Eltern zu dieser Zeit aus beruflichen Gründen wohnten. Noch im Kindesalter zog die Familie zurück nach Italien, wo Carlo aufwuchs. Dort fiel schon früh seine tiefe Religiosität auf: Als er sieben Jahre alt war ging er extra in ein Kloster, um die Erstkommunion früher empfangen zu können als üblich. Die Messe besuchte er jeden Tag, betete den Rosenkranz und ging regelmäßig zur Beichte. Die Eucharistie nahm in seinem Leben einen ganz besonderen Platz ein: Er nannte sie seine "Autobahn in den Himmel". Sein "Lebensplan" sei es, "Jesus immer ganz nah zu sein".

Dieses Interesse verband er mit einem besonderen Talent: Programmieren. Acutis soll schon als Kind Fertigkeiten am Computer besessen haben, für die andere erst einige Semester Informatik studieren müssen. Er schrieb Algorhythmen, gestaltete Webseiten und Layouts für Internet-Zeitungen. Sein Herzensanliegen war aber ein anderes, viel größeres Projekt. Mit elf Jahren begann er mit einem Online-Verzeichnis eucharistischer Wunder, deren Orte er mit seiner Familie auch alle besuchen wollte – wegen der Krankheit hat er aber nicht alle gesehen. Zweieinhalb Jahre arbeitete er an der Datenbank. Er war 14, als sie fertig war. Mittlerweile hat sich daraus eine Ausstellung entwickelt, die weltweit in Gemeinden gezeigt wird. Es gibt sie ausgedruckt auf mittlerweile 146 Schautafeln, aber auch in Buchform und im Internet. Sein Engagement und seine Begeisterung für die eucharistischen Wunder begründete Acutis Zeit seines Lebens so: "Je häufiger wir die Eucharistie empfangen, desto ähnlicher werden wir Jesus. So bekommen wir hier auf Erden einen Vorgeschmack auf den Himmel." Er konnte nie verstehen, warum sich vor Rockkonzerten Schlagen von Menschen bilden, nicht aber vor Kirchen.

Auch Wunder in Deutschland

Ein paar der Orte, die Acutis in der Wunder-Ausstellung erwähnt, befinden sich auch in Deutschland. So ist etwa von einem eucharistischen Wunder im niederrheinischen Kranenburg die Rede: Dort soll im 13. Jahrhundert ein Bauer seine Hostie, die er wegen einer Krankheit nicht schlucken konnte, unter einen Baum gespuckt haben. Als der später gefällt wurde, fiel aus der Einschlagskerbe ein Kreuz. Dieses Kreuz steht noch heute im Mittelpunkt der Kranenburger Kreuzwallfahrt.

Neben seiner spirituellen Arbeit war Acutis auch in der Gemeinde aktiv: Er betätigte sich als Katechet und kümmerte sich um Obdachlose, Flüchtlinge und andere Bedürftige. Für ihn war das ein Teil des spirituellen Lebens: "Wir kommen alle als Originale auf die Welt, aber viele von uns sterben als Fotokopien." Um ein "Original" zu bleiben, müsse man sich am Wort Gottes orientieren und sich immer wieder damit auseinandersetzen.

Bild: © Associazione Amici di Carlo Acutis

Carlo Acutis mit seinen Freunden.

Wie seine Mutter der italienischen Zeitung "Corriere della sera" erzählte, war Carlo ein fröhlicher, dem Leben zugewandter Junge: "Er spielte Playstation, liebte seine Katzen und seinen Hund, schaute Actionfilme, spielte mit seinen Freunden Fußball und saß natürlich am Computer." Doch dieses Leben sollte kein langes sein. Als Acutis erfuhr, dass er an Leukämie erkrankt war, widmete er seine Leiden dem Papst und der Kirche. Er starb am 12 Oktober 2006 im Alter von 15 Jahren. Doch seine Geschichte sollte weitergehen: Die von ihm begründete Wunder-Ausstellung ist mittlerweile in zahlreichen Sprachen verfügbar. Nach seinem Tod sind über 200 Internetseiten über ihn entstanden. Außerdem war sein Leben Gegenstand von mehreren Biografien. Besonders präsent wurde seine Geschichte auf dem Weltjugendtag 2013 in Rio de Janeiro, denn in Brasilien wird er sehr stark verehrt. Aber auch in seiner Heimat hat er begeisterte Anhänger: "Sein kurzes Leben, in dem er immer wieder nach der Begegnung mit Jesus gestrebt hat, war ein Leuchtfeuer, nicht nur für die, die ihn kennengelernt haben, sondern auch für diejenigen, die seine Geschichte noch hören werden", sagt der ehemalige Abt des Klosters Monte Oliveto Maggiore in der Toskana, Michelangelo Tiribilli, "sie erfahren von einem Leben, das der Jugend nichts von ihrem Reichtum nimmt, sondern sie noch wertvoller macht."

Im Jahr 2013 wurde die diözesane Phase des Seligsprechungsprozesses eröffnet und drei Jahre später beendet, die Akten sind seitdem in Rom. Papst Franziskus unterschrieb vergangenes Jahr das Dekret, in dem die heroischen Tugenden des Jugendlichen anerkannt wurden, seitdem darf Acutis „ehrwürdiger Diener Gottes“ genannt werden. Doch um seliggesprochen zu werden, ist noch ein Wunder nötig. Als Teil des Prozesses wurde kürzlich der Körper des 15-Jährigen exhumiert, er wird daraufhin untersucht, ob er noch vollständig erhalten und nicht verwest ist. Sollte das der Fall sein, gilt das als ein Zeichen von Heiligkeit. Die Kirche gibt aber auch zu bedenken, dass natürliche, bislang noch unbekannte Ursachen dafür sorgen können, dass ein Körper nicht verwest. Deshalb reicht der gute Erhaltungszustand eines Körpers laut der Forscherin Heather Pringle nicht aus, damit die betreffende Person heiliggesprochen wird. Vielmehr bezieht der Vatikan Lebenszeugnisse und Berichte mit in die Untersuchung mit ein.

Es ist also noch ein langer Weg, bis Carlo Acutis vielleicht einmal selig- oder heiliggesprochen wird. Sollte das aber passieren, wird schon über ein Patronat spekuliert: Carlo Acutis könnte der Patron des Internets werden.

Von Christoph Paul Hartmann

Die Wunder-Ausstellung von Carlo Acutis ist weiterhin kostenlos im Internet abrufbar – auch auf Deutsch: