"Die Liebe zu Menschen ist mehr wert als alle Theologien"

Befreiungstheologe Gutiérrez: Romero soll Kirchenlehrer werden

Veröffentlicht am 21.03.2019 um 12:45 Uhr – Lesedauer: 

Notre Dame ‐ Für den bekannten Befreiungstheologen Gustavo Gutiérrez ist klar: Der heilige Märtyrer-Bischof Óscar Romero soll zum Kirchenlehrer ernannt werden. Er ist nicht der erste, mit dieser Idee.

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Der heilige Märtyrer-Bischof Óscar Romero soll zum Kirchenlehrer ernannt werden. Das fordert der Dominikaner-Pater Gustavo Gutiérrez, einer der Mitbegründer der Theologie der Befreiung, wie der "Catholic News Service" am Mittwoch berichtete. Die bereits kurz nach der Heiligsprechung Romeros im Oktober vorgeschlagene Aufnahme in den Kreis der Kirchenlehrer sei eine "exzellente" Idee, sagte Gutiérrez. Der Peruaner sprach bei der gestern zu Ende gegangenen Tagung "Romero Days" an der katholischen Universität Notre Dame im US-Bundesstaat Indiana.

Während viele Theologen bei der Ernennung zum Kirchenlehrer die Schriften oder den akademischen Einfluss eines Heiligen für besonders wichtig hielten, sei – wie in Romeros Fall – "die Liebe zu einer anderen Person mehr wert als alle Theologien", so Gutiérrez. Dennoch sei der Märtyrer ein profilierter Schreiber gewesen, sagte der 90-jährige Befreiungstheologe, der den späteren Heiligen in den frühen 70er-Jahren persönlich getroffen hat. Aufgrund von Romeros außergewöhnlicher Persönlichkeit sei er nicht von seiner Heiligsprechung überrascht gewesen, sagte Gutiérrez. "Es war eine große Freude, aber ich war – wie viele – sicher, dass es kommen würde."

Gustavo Gutierrez
Bild: ©KNA

Der 90-jährige Dominikaner Gustavo Gutiérrez gilt als einer der Begründer der Befreiungstheologie. Diese theologische Denkrichtung aus den 70er-Jahren hat einen besonderen Augenmerk auf die Situation der Armen und das von ihnen erlittene Elend. Sie möchte zur Befreiung von Unterdrückung und Ausbeutung beitragen. Aufgrund ihrer Sympathie für marxistische Ideen wurde die Befreiungstheologie jahrzehntelang von der vatikanischen Glaubenskongregation kritisch gesehen.

Viele Theologen seien der Meinung, Romero sei ein Anhänger der Befreiungstheologie gewesen. "Doch das kann man nicht sagen", glaubt Gutiérrez. Romero habe bereits vor den ersten Veröffentlichungen zur Befreiungstheologie als Bischof unter den Armen in El Salvador gelebt und seine eigenen "Fortschritte" angesichts des großen Elends gemacht. Er habe von der Befreiungstheologie gehört, jedoch einen eigenen "Prozess" der Veränderung durchgemacht.

Óscar Arnulfo Romero y Galdámez (1917-1980) war von 1977 bis zu seiner Ermordung durch den salvadorianischen Geheimdienst Erzbischof der Hauptstadt San Salvador. Romero war ein Wunschkandidat der konservativen Militärdiktatur gewesen, entwickelte sich jedoch als Erzbischof aufgrund des großen Leids der unterdrückten Bevölkerung zu einem Gegner des Regimes. Wegen seines Einsatzes für die Armen und seines Märtyrertods wurde er bereits kurz nach der Ermordung von den Salvadorianern als Heiliger verehrt. Papst Franziskus sprach ihn 2015 selig und im Oktober 2018 heilig. In den Jahrzehnten zuvor war die Kanonisation Romeros oftmals gefordert worden, unter den Päpsten Johannes Paul II. und Benedikt XVI. jedoch nie erfolgt. (rom)