Irland wäre bei Papstwahl nun stimmlos
Kardinal Sean Baptist Brady, bis 2014 katholischer Erzbischof von Armagh und Primas von Irland, wird am Freitag (16. August) 80 Jahre alt. Mit Erreichen dieser Altersgrenze scheidet der frühere Vorsitzende der Irischen Bischofskonferenz und einzige verbliebene irische Kardinal aus dem Kreis der Papstwähler aus. Damit wären nun noch 118 der 216 Kardinäle der Weltkirche bei einem Konklave stimmberechtigt - und das katholische Irland fortan ohne Stimme.
Brady leitete die in Nordirland gelegene Erzdiözese Armagh von 1996 bis 2014. Er setzte sich dort für Frieden und Versöhnung im Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten ein; seit 2007 ist er Kardinal. In Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal in Irland geriet Brady wegen ungenügender Wahrnehmung seiner Aufsichts- und Kontrollpflicht in die Kritik.
Fehler und Vertuschungsversuche bei Missbrauch
Anfang 2013 stellte Papst Benedikt XVI. (2005-2013) ihm mit Eamon Martin einen sogenannten Koadjutor zur Seite, einen Helfer in der Leitung der Erzdiözese. Martin wurde nach Bradys Pensionierung im Herbst 2014 automatisch Erzbischof. 2015 räumte Brady Fehler und Vertuschungsversuche im Umgang mit Missbrauchsfällen in Irland ein. Man habe sich falscherweise nicht um die Opfer, sondern um die Täter gekümmert und einen "Schleier des Schweigens und der Geheimhaltung" darüber gelegt. Brady sprach von einem "dunklen Kapitel unserer Geschichte".
Neben Dublin ist der Bischofsstuhl von Armagh seit dem Mittelalter der wichtigste im katholisch geprägten Irland. Der Erzbischof von Armagh führt traditionell den Titel "Primas von ganz Irland". Offenkundige Kandidaten zur Ernennung eines wahlberechtigten irischen Kardinals wären derzeit Eamon Martin (57) sowie Dublins Erzbischof Diarmuid Martin (74).
Brady wurde am 16. August 1939 in Laragh in Bistum Kilmore geboren und studierte in Rom Theologie. Nach seiner Priesterweihe 1964 promovierte er an der Päpstlichen Lateran-Universität in Kirchenrecht und lehrte anschließend am St. Patrick's College in Cavan. 1994 wurde er von Johannes Paul II. zum Erzbischof-Koadjutor von Armagh berufen.
Zudem ergibt sich seit dieser Woche ein ungewöhnlicher Gleichstand im Kardinalskollegium: Von den aktuell 216 Kardinälen der katholischen Kirche sind je 72 von einem der drei letzten Päpsten ernannt worden. Laut Vatican News (Dienstag) wurde je ein Drittel der Mitglieder des Kardinalskollegiums von Papst Johannes Paul II. (1978-2005), Benedikt XVI. (2005-2013) und Franziskus (seit 2013) ins Amt gehoben. Diese Situation entstand durch den Tod des mexikanischen Kardinals Sergio Obeso Rivera, der am Sonntagabend im Alter von 87 Jahren starb.
Benedikt und Franziskus nicht enthalten
Nicht in der Statistik enthalten sind der zurückgetretene Papst Benedikt XVI. und Papst Franziskus: Der damalige Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Mario Bergoglio, wurde 2001 von Johannes Paul II. in den Kardinalsstand erhoben. Joseph Ratzinger erlebte 1977 als Münchner Erzbischof seine Ernennung zum Kardinal - sogar noch durch Papst Paul VI. (1963-1978). Damit wäre der 92-Jährige der dienstälteste Kardinal - wäre er nicht emeritierter Papst.
Der Gleichstand betrifft allerdings nur das Kardinalskollegium als Ganzes, nicht die wahlberechtigten Kardinäle der Gruppe "U80". Denn von den 216 Mitgliedern des Kardinalskollegiums sind nur 119 papstwahlberechtigt, weil jünger als 80 Jahre. Unter ihnen gibt es 57 von Franziskus, 44 durch Benedikt XVI. und immerhin noch 18 von Johannes Paul II. ernannte Kardinäle. Für eine Papstwahl ist eine Mehrheit von mindestens zwei Dritteln erforderlich, das wären derzeit 80 Stimmen. (tmg/KNA)