"Wahnsinnige und geschmacklose Idee"

Theologe Halik kritisiert Karel-Gott-Begräbnis im Veitsdom

Veröffentlicht am 03.10.2019 um 14:28 Uhr – Lesedauer: 

Prag ‐ Für den am Dienstag verstorbenen Sänger Karel Gott will die tschechische Regierung ein nationales Begräbnis im Prager Veitsdom. Der Theologe und Priester Tomas Halik kritisiert diesen Vorschlag massiv – und nennt seine Gründe.

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Als "wahnsinnige und geschmacklose" Idee wertet der Religionsphilosoph und Priester Tomas Halik den Vorschlag der tschechischen Regierung für ein nationales Begräbnis des Schlagersängers Karel Gott im Prager Veitsdom. Die künstlerische Begabung des Verstorbenen zu würdigen sei eine Sache, schrieb der Templeton-Preisträger laut Radio Prag (Donnerstag) an das Prager Erzbistum und weitere kirchliche Institutionen. Hier handele es sich aber um einen neuerlichen Versuch, Symbole von Religion und Kirche in die Politik des von Staatspräsident Milos Zeman und Ministerpräsident Andrej Babis gepflegten Populismus zu vereinnahmen.

"Moralischer Kitsch"

Halik sprach von "moralischem Kitsch", der versuche, die Stars der Unterhaltungsindustrie aus der Zeit der sogenannten Normalisierung nach dem Prager Frühling von 1968 zu mythisieren. Dies sei ein Ausdruck von Missachtung nicht nur gegenüber der Dissidentenbewegung von damals, sondern auch gegenüber "den wirklichen kreativen Künstlern und den zahlreichen Bürgern, die sich vor der kommunistischen Macht nicht gebeugt haben". Die derzeit Regierenden lieferten so eine tragikomische Botschaft über die gegenwärtigen nationalen Werte und das nationale Selbstverständnis. Er, Halik, sei gespannt, ob sich die Kirchenleitung der "Blasphemie des gegenwärtigen Regimes" anschließen werde. Haliks Brief wurde von der Internetzeitung "Forum 24" veröffentlicht.

Der tschechische Sänger und Komponist Karel Gott war am Dienstagabend im Alter von 80 Jahren gestorben. Der auch als "goldene Stimme aus Prag" bekannte Schlagersänger hat Schätzungen zufolge mehr als 50 Millionen Tonträger verkauft. Eines seiner bekanntesten Lieder ist das Titellied "Die Biene Maja" zur gleichnamigen japanischen Zeichentrickserie.

Der Theologe und Soziologe Halik zählt zu den bekanntesten Intellektuellen der Tschechischen Republik. Als Professor der renommierten Prager Karls-Universität und einstiger Vertrauter des verstorbenen Staatspräsidenten Vaclav Havel nimmt der 71-Jährige regelmäßig zu politischen und ethischen Fragen Stellung. Vor allem ermutigt er die Tschechen zu mehr gesellschaftlicher und politischer Mitbestimmung und einer ernsthaften Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit. 2014 wurde Halik mit dem Templeton-Preis für besondere Leistungen im Bereich Wissenschaft und Religion geehrt. 2017 hatte er mit dem Theologen Paul Zulehner die Kampagne "Pro Pope Francis" ins Leben gerufen. (tmg/KNA)

Aktualisierung 3.10., 17:35 Uhr: Karel Gott soll nun doch kein klassisches Staatsbegräbnis erhalten. Stattdessen sei ein Begräbnis mit staatlichen Ehren geplant, sagte Ministerpräsident Andrej Babis (Donnerstag) bei einer Pressekonferenz in Prag. Ob es einen von der Regierung geplanten Tag Staatstrauer geben wird, war laut Radio Prag am Donnerstagnachmittag noch nicht klar.