Franziskus äußert sich zu Finanzskandal und Erweiterung des Katechismus

Papst: "Wir haben Dinge gemacht, die anscheinend nicht sauber waren"

Veröffentlicht am 27.11.2019 um 09:17 Uhr – Lesedauer: 

Rom ‐ Ja, es gebe einen Finanzskandal im Vatikan – und der hänge nicht nur mit der verlustreichen Investition in eine Londoner Immobilie zusammen, sagt Papst Franziskus. Außerdem sprach er über eine Erweiterung des Katechismus.

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Die vatikanische Finanzaufsicht steht nach Aussage von Papst Franziskus wegen des Verdachts auf unsauberes Verhalten im Fokus von Ermittlungen. Es gebe Hinweise, dass die Behörde ihrer Kontrollaufgabe nicht nachgekommen sei, sagte der Papst auf dem Rückflug von Japan am Dienstagabend. Der inzwischen entlassene Präsident der Behörde für Finanzinformation (AIF), Rene Brülhart, habe versucht, Druck auf die vatikanische Staatsanwaltschaft zur Rückgabe beschlagnahmter Unterlagen auszuüben.

Im Zusammenhang mit einer Immobilienanlage des vatikanischen Staatssekretariats hatte nach Anzeigen der Vatikanbank und der Antikorruptionsstelle Anfang Oktober eine Razzia in Büros des Staatssekretariates und der AIF stattgefunden. Dabei wurden Materialien beschlagnahmt und mehrere Mitarbeiter suspendiert, unter ihnen AIF-Direktor Tommaso Di Ruzza. Franziskus nannte als Grund für die Maßnahme gegen Di Ruzza den Verdacht auf schlechte Amtsführung. Er hoffe, dass dies nicht zutreffe. Aber angesichts von Hinweisen auf Korruption müsse die Justiz ermitteln, so der Papst. Es gebe einen "Skandal", der nicht nur mit der verlustreichen Investition in eine Londoner Immobilie zusammenhänge. "Wir haben Dinge gemacht, die anscheinend nicht sauber waren", sagte Franziskus. Dass die Ermittlungen nach Hinweisen aus dem Vatikan selbst begonnen hätten, wertete er als Zeichen für ein Funktionieren der unter seinem Vorgänger Benedikt XVI. eingeführten Warn- und Kontrollmechanismen.

Weiter verteidigte der Papst eine befristete Verwendung von Spenden an den Vatikan, den sogenannten Peterspfennig, für Investments. Es gehe um den Werterhalt augenblicklich nicht benötigter Mittel; man könne das Geld ja nicht in einen Sparstrumpf stecken. Die Anlagen müssten diversifiziert, sicher und und ethisch einwandfrei sein und das Geld anschließend dem Zweck entsprechend eingesetzt werden. Den Rücktritt von AIF-Präsident Brülhart vor einer Woche brachte Franziskus in Zusammenhang mit der Egmont Group, einem Netzwerk staatlicher Finanzinformationsdienste. Nach Darstellung des Papstes versuchte Brülhart, Druck auszuüben, um an die beschlagnahmten Akten zu kommen. Nach der Razzia hatte die Egmont Group den Vatikan von ihrer internen Informationsplattform ausgeschlossen; dies ist ein schwerer Schlag für die Vertrauenswürdigkeit des Vatikan als Finanzplatz. Franziskus betonte, die Egmont Group sei keine Behörde, sondern nur ein freier Zusammenschluss. Die internationale Kontrolle der Finanztransparenz hänge nicht von ihr ab. Die fünf suspendierten Vatikanmitarbeiter würden in den nächsten Tagen vernommen, so der Papst. Auch für sie gelte "das Menschenrecht der Unschuldsvermutung".

Verbot von Kernwaffen im Katechismus

Auch will Franziskus ein Verbot von Kernwaffen in der amtlichen katholischen Lehre verankern. Der Papst bekräftigte, nicht nur der Gebrauch, sondern schon der Besitz von Atomwaffen sei unmoralisch. Es genüge ein Unfall oder die Verrücktheit eines Einzelnen, um die ganze Menschheit zu zerstören. Bei seinen Besuchen in Nagasaki und Hiroshima hatte Franziskus am Sonntag eindringlich zu atomarer Abrüstung aufgerufen. An den Orten der Atombombenabwürfe vom August 1945 sprach er von einem "perversen Widerspruch, Stabilität und Frieden auf der Basis einer falschen, von einer Logik der Angst und des Misstrauens gestützten Sicherheit verteidigen und sichern zu wollen".

Nuklearwaffen kosteten Menschenleben allein schon durch ihre Entwicklung, den Bau und ihre Bereithaltung. Die dafür verwandten Summen fehlten andernorts für wichtige Aufgaben, so das Kirchenoberhaupt. Schon im November 2017 hatte Franziskus den Besitz von Atomwaffen als unmoralisch verurteilt. Diese Äußerung bei einer Tagung im Vatikan zum Atomwaffenverbotsvertrag der Vereinten Nationen trug ihm teils harsche Kritik auch aus katholischen Kreisen ein. Vor der jetzigen Japan-Reise versuchten Diplomaten aus den USA und Frankreich offenbar, im Vatikan eine Abschwächung von Formulierungen in den päpstlichen Redeskripten für Nagasaki und Hiroshima zu erreichen.

Franziskus lehnte zudem Kernkraft zur Energiegewinnung ab. Man könne dafür "noch immer keine absolute Sicherheit gewährleisten", sagte er. Im Vergleich zu anderen Technologien mit ihren jeweiligen Risiken seien die Folgen bei einem Atomunfall viel größer. "Ich persönlich würde Kernkraft nicht nutzen, solange es keine absolute Sicherheit gibt", so der Papst wörtlich vor mitreisenden Journalisten. Er erinnerte an die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, wo es 1986 zu einer Kernschmelze gekommen war. In Tokio hatte Franziskus vor Opfern des Erdbebens und des folgenden Atomunfalls in Fukushima 2011 seine "Sorge über die fortdauernde Nutzung der Kernenergie" geäußert. In der Rede am Montag erwähnte er die ablehnende Haltung der japanischen Bischöfe, machte sich diese aber nicht ausdrücklich zu eigen. Allerdings forderte er "kühne" Entscheidungen für Energiequellen der Zukunft. (tmg/KNA)