Benedikt XVI.: Priesterlichen Zölibat nicht abschaffen
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. hat sich in einem gemeinsam mit dem Präfekten der Gottesdienstkongregation, Kardinal Robert Sarah, veröffentlichten Buch gegen die Abschaffung des priesterlichen Pflichtzölibats ausgesprochen. "Da [...] der Dienst für den Herrn die völlige Hingabe eines Mannes erfordert, scheint es nicht möglich, diese zwei Berufungen [der Ehe und des Priestertums] gleichzeitig fortzuführen", heißt es in dem Buch, aus dem die französische Zeitung Le Figaro am Sonntag Auszüge vorab veröffentlicht hat. Der “Ruf zur Nachfolge Jesu” sei ohne dieses “Zeichen der Freiheit und des Verzichts auf alle Kompromisse” nicht möglich. "Des profondeurs de nos cœurs" (Aus der Tiefe unserer Herzen) soll am 15. Januar im Verlag Fayard erscheinen.
Die beiden Autoren üben scharfe Kritik an der Amazonas-Synode, die im vergangenen Jahr in ihrem Abschlussdokument die Option einer teilweisen Öffnung der Zölibatspflicht empfohlen hatte. Den Autoren sei es nicht möglich zu schweigen "nach der seltsamen Synode der Medien", die "Oberhand über die echte Synode" gewonnen hätte: "Wir haben Ideen und Bedenken ausgetauscht. Wir haben gebetet und in Stille meditiert."
Die Amazonas-Synode, die im Oktober 2019 im Vatikan stattfand, hatte in ihrem Abschlussbericht für die Möglichkeit der Weihe von "viri probati", in der Ehe bewährten Männern, zu Priestern vorgeschlagen, um den gravierenden Priestermangel der Amazonas-Region zu lindern. Eine Entscheidung von Papst Franziskus dazu steht noch aus.
In dem von Sarah geschriebenen Teil betont dieser das Recht der Völker Amazoniens auf eine volle Erfahrung des Priesters als “Ehepartner der Kirche”. Man könne ihnen keine "Priester zweiter Klasse" anbieten. ”Im Gegenteil, je jünger eine Kirche ist, desto mehr braucht sie eine Begegnung mit der Radikalität des Evangeliums.”
“In kindlichem Gehorsam” zum Papst
Der ungewöhnliche Schritt einer Publikation zu aktuellen kirchlichen Streittehmen eines vormaligen Papstes und eines amtierenden Kurienkardinals erfolge "im Geist kindlichen Gehorsams" zu Papst Franziskus und "im Geiste der Liebe und Einheit der Kirche", fernab von "Ideologie, die trennen” und "politischen Manövern, Machtspielen oder ideologischen Manipulationen".
Bischöfe, Priester und Laien sollten sich nicht von "irregeleiteten Einwänden, theatralischem Gehabe, diabolischen Lügen und im Trend liegenden Fehlern" einschüchtern lassen, die dazu dienen sollen, "den priesterlichen Zölibat abzuwerten". Das Buch solle auch Priestern Mut machen, den Zölibat treu zu leben. "Die Priesterschaft geht durch eine dunkle Zeit", viele Priester seien verunsichert durch "das Offenbarwerden vieler Skandale, die konstante Infragestellung ihrer heiligen Ehelosigkeit".
Vatikan anscheinend vorab nicht informiert
Nach Informationen des amerikanischen Jesuitenmagazins America sei man im Vatikan über die Veröffentlichung überrascht. Ob Papst Franziskus informiert war, steht noch nicht fest. Eine nichtgenannte Quelle zeigte sich verwundert, da Benedikt XVI. nicht mehr in der Lage sei, selbst zu schreiben. Eine weitere Quelle habe den emeritierten Papst in den vergangenen Monaten besucht. Er habe den Eindruck, dass Benedikt zwar geistig präsent sei, ihm aber Gespräche schwerfallen, die länger als eine Viertelstunde dauerten.
Nach seinem Rücktritt hatte der emeritierte Papst eigentlich angekündigt, "für die Welt verborgen" zu bleiben. Bereits in zeitlicher Umgebung der Familiensynode 2014 hatte eine Veröffentlichung Benedikts für Aufsehen gesorgt. In einem neu im Rahmen seiner "Gesammelten Werke" abgedruckten Aufsatz über die Unauflöslichkeit der Ehe hatte er sein ursprüngliches Fazit ins Gegenteil verkehrt und sich kategorisch gegen eine Zulassung zur Kommunion ausgesprochen. Im Frühjar 2019 hatte Benedikt sich mit einem Aufsatz zum Missbrauch in der katholischen Kirche zu Wort gemeldet. Darin hatte er das “Klima der 68er” verantwortlich gemacht.
Während seiner Amtszeit hatte Papst Benedikt XVI. (2005–2013) die Apostolische Konstitution Anglicanorum coetibus veröffentlicht, mit der er die Errichtung von Personalordinariaten für vormalige Priester der anglikanischen Kirche ermöglichte. Auch verheiratete anglikanische Priester können in diesen Ordinariaten in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche weiterhin als Priester wirken. (fxn)