Mediziner: Grabtuch von Turin zeigt Jesus während Auferstehung
Das Grabtuch von Turin könnte tatsächlich Jesus im Moment der Auferstehung zeigen – oder es ist eine Fälschung, die medizinische Kenntnisse voraussetzen, die erst im 20. Jahrhundert gewonnen wurden. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des spanischen Mediziners Bernardo Hontanilla Calatayud, die in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Scientia et Fides" erschienen ist. Hontanilla, der Direktor der Abteilung für plastische Chirugie an der Universitätsklinik Navarra ist, vergleicht dazu die forensischen Befunde der Abbildung auf dem Turiner Grabtuch mit der Chronologie der Evangelien und historischer Forschung zu zeitgenössischen und frühchristlichen Kreuzigungsberichten.
Der Mediziner wählt damit einen anderen Ansatz als andere Grabtuchforscher, die sich in der Regel mit der Datierung des Stoffes beschäftigen. Der Großteil der wissenschaftlichen Literatur gehe zudem davon aus, dass das Grabtuch von Turin einen toten Körper zeige. Hontanilla dagegen argumentiert, dass bei der Darstellung sowohl typische Todesmerkmale wie Anzeichen von Leichenstarre und postmortale Blutungen als auch mit einem toten Körper nicht vereinbare Gesichtszüge und Anzeichen von Bewegungen nachzuweisen seien.
Anatomisch perfekte Abbildung
Die Haltung der auf dem Grabtuch abgebildeten Person sei mit wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Verlauf der Leichenstarre nicht zu erklären. Ihm zufolge deutet die Figur auf dem Grabtuch vielmehr darauf hin, dass dort ein liegender menschlicher Körper dargestellt wird, der im Begriff ist, aufzustehen. Die Haltung könne zudem nicht damit erklärt werden, dass der Leichnam nach Abklingen der Totenstarre manipuliert worden sei, außerdem fehlen erste Anzeichen einsetzender Verwesung, die nach der Chronologie der Evangelien nach drei Tagen zu erwarten wären.
Am wahrscheinlichsten hält der Forscher, dass das Grabtuch tatsächlich echt sei und Jesus im Moment der Auferstehung abbildet. Dafür spräche die Übereinstimmung der Befunde seiner Untersuchung mit den Berichten über die Auferstehung in den Evangelium. Die Abbildung sei anatomisch so realistisch, dass eine Fälschung im Mittelalter, wie es manche Datierungen des Grabtuchs annehmen, selbst fast schon ein Wunder wäre, da entsprechende medizinische Erkenntnisse damals gar nicht zur Verfügung gestanden hätten: "Wenn es ein Betrug sein sollte, dann sollte man das Grabtuch als Kunstwerk eines Genies mit medizinischen und forensischen Kenntnissen mindestens aus dem 20. Jahrhundert ansehen."
Das 4,36 Meter auf 1,11 Meter große Grabtuch von Turin stellt die Wissenschaft seit Jahrhunderten vor Rätsel. Seit 1578 wird das Tuch mit einer Darstellung eines 1,81 Meter großen Mannes mit Folterspuren im Turiner Dom aufbewahrt. Verschiedene Forschergruppen hatten 1988 die vermeintliche Reliquie auf die Zeit zwischen 1260 und 1390 datiert; andere Wissenschaftler widersprachen und datieren das Tuch auf die Zeit Jesu. Von der Kirche gibt es bislang keine Aussage zur Echtheit des Grabtuchs. (fxn)