Merkel: Vorerst keine öffentlichen Gottesdienste – Bätzing enttäuscht
Öffentliche Gottesdienste und religiöse Veranstaltungen soll es angesichts der Corona-Pandemie auch vorerst in Deutschland nicht geben. Das erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch in Berlin. Zugleich wies Merkel auf den am Freitag stattfindenden Austausch zwischen Religionsvertretern und der Bundesregierung hin. Demnach soll dort ein "möglichst einvernehmlicher Weg" vorbesprochen werden.
Ausdrücklich bedankte sich die Kanzlerin bei den Kirchen. Obwohl keine öffentlichen Gottesdienste stattfinden könnten, hätten sie Kreativität bewiesen und dafür gesorgt, dass die Menschen etwa durch Online-Gottesdienste ihre Religion weiter ausüben könnten. Merkel hatte sich zuvor mit den Ministerpräsidenten der Länder auf diese und weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Krise verständigt.
Großveranstaltungen sollen laut den Vereinbarungen mindestens bis zum 31. August untersagt sein. Am 30. April ist die nächste Konferenz von Bundesregierung und Länderchefs geplant. Mit Blick auf die Eindämmung der Pandemie sprach Merkel von einem "zerbrechlichen Zwischenerfolg". Es gebe "nicht viel Spielraum" für Lockerungen.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, reagierte enttäuscht auf das weitere Verbot öffentlicher Gottesdienste. "Angesichts von ersten Lockerungsmaßnahmen in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens kann ich das nicht nachvollziehen, erst recht nicht nach der sehr deutlichen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der vergangenen Woche zu den schwerwiegenden Eingriffen in die Religionsfreiheit", so der Limburger Bischof in einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme. Die Ostertage hätten gezeigt, dass Gottesdienste vielen Millionen Menschen Orientierung und Halt unter den schweren Lebensbedingungen der derzeitigen Krise gäben.
"Wir haben das Verbot von Versammlungen zur Religionsausübung bisher hingenommen, weil wir dieses Verbot vorübergehend für angemessen hielten und damit unseren möglichen Beitrag zur Eindämmung der Corona-Virus-Pandemie leisten wollten", so Bätzing weiter. "Das Verbot öffentlicher gemeinsamer Gottesdienste greift allerdings tief in das Recht der freien Religionsausübung ein und war insbesondere während der Kar- und Ostergottesdienste für viele Gläubige nur schwer zu ertragen." Als katholische Kirche werde man in das für kommenden Freitag im Bundesinnenministerium geplante Gespräch einen Lösungsvorschlag einbringen, "wie wir Religionsausübung und Infektionsschutz gleichermaßen gewährleisten können", so Bätzing.
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Am Freitag treffen sich Vertreter des Bundesinnenministerium mit Vertretern der katholischen und evangelischen Kirche, des Zentralrats der Juden, der orthodoxen Kirche sowie des Koordinierungsrats der Muslime zum Austausch über die akutelle Lage in der Corona-Krise. Thema sollen die Erfahrungen mit den Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie sein.
Bischöfe fordern Gottesdienste wieder zu erlauben
Mehrere Bischöfe hatten bereits in den vergangen Tagen gefordert, Gottesdienste unter Beachtung der Schutz und Hygieneauflagen wieder zu erlauben. In der ersten Phase der Corona-Krise habe die Kirche versucht, ihren Beitrag zu leisten, sagte etwa der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki in einem Interview. "Aber jetzt, wenn die Lockerung eintritt, müssen auf jeden Fall auch die Kirchen für öffentliche Gottesdienste wieder geöffnet werden." Das Erzbistum Köln bereite öffentliche Gottesdienste unter Beachtung von Schutz- und Hygieneauflagen in seinen Kirchen bereits vor, so Woelki.
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick schrieb auf Facebook, er wünsche sich bei einer möglichen Lockerung der Einschränkungen auch die Erlaubnis zur Feier öffentlicher Gottesdienste. "Zusammenkommen, um zu beten, zu singen, hören und schweigen ist für uns wichtig, tut den Menschen gut und der Gesellschaft auch, ist also systemrelevant", so Schick. Ähnlich äußerte sich der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer. Er kündigte an, über dieses Anliegen mit seinen bayerischen Mitbrüdern und dem Katholischen Büro in München sowie mit Vertretern der evangelisch-lutherischen Landeskirche in Bayern zu sprechen und es dann an die zuständigen staatlichen Stellen heranzutragen.
Auch Berlins Erzbischof Heiner Koch fordert mit Blick auf mögliche Lockerungen der Corona-Beschränkungen, die Belange der Kirchen zu berücksichtigen. "In dem Maß, in dem Veranstaltungen ermöglicht werden, erheben wir natürlich auch den Anspruch, Gottesdienste feiern zu können", erklärte Koch und betonte gleichzeitig, dass es ihm nicht um einen "Sonderweg für die Kirchen" gehe. (cbr/KNA)
15.04.2019, 19.30 Uhr: ergänzt um Stellungnahme von Bischof Georg Bätzing (DBK)