Wie Ordensfrauen und -männer die derzeitige Corona-Pandemie erleben

Soziale Orden während Corona: Große Einschränkungen und neue Ideen

Veröffentlicht am 05.05.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Sozial-karitativ schreiben sie sich auf die Fahne: In vielen Orden zählt es schon seit Jahrhunderten zur Hauptaufgabe, sich Armen und Kranken zu widmen. Doch die Corona-Krise erschwert ihnen diese Tätigkeit – oder lässt sie manchmal sogar völlig ruhen. Wie gehen sie damit um?

  • Teilen:

Steyler Missionare, Vinzentinerinnen, Franziskaner: Es gibt viele bekannte Orden, die sich in Nächstenliebe für andere Menschen einsetzen. Doch auch kleinere Ordensgemeinschaften sind sozial-karitativ in teils eigenen Einrichtungen tätig. Katholisch.de stellt vier von ihnen vor – und beschreibt, inwiefern sich deren Arbeit und Leben während der Corona-Krise verändert hat.

Katharinenschwestern

Die Katharinenschwestern (Congregatio Sanctae Catharinae, Ordenskürzel: CSC) sind einer der ältesten aktiven Frauenorden weltweit. 1571 beschloss die im ostpreußischen Braunsberg (heute Polen) lebende Ordensgründerin Regina Protmann im Alter von 19 Jahren, mit zwei weiteren Frauen ein klösterliches Leben zu führen. Mit der Zeit entwarf sie eine Ordensregel und die Ordensgemeinschaft wurde als solche anerkannt. Patronin wurde die heilige Katharina von Alexandrien. Es folgte die Gründung weiterer Klöster. Nach dem Tod Protmanns im Jahr 1613 verbreiten sich der Orden bis heute in der Welt, unter anderem in Brasilien, Litauen und in Haiti. In der deutschen Provinz leben 71 Katharinenschwestern in neun Niederlassungen. Das Provinzhaus befindet sich in Münster.

Schon immer engagierten sich die Ordensfrauen in der Pflege alter und kranker Menschen und darüber hinaus in der Betreuung von Waisen oder der Erziehung von Mädchen. Mittlerweile ist das in Deutschland – wegen des steigenden Altersdurchschnitts – wieder zurückgegangen. Doch viele Katharinerinnen, wie die Schwestern auch genannt werden, sind immer noch sozial-karitativ tätig, etwa in der Krankenhaus- und Altenheimseelsorge. Andere Schwestern helfen in Büchereien oder dem Wallfahrtsort Schöppingen-Eggerode im Kreis Borken aus. Zusätzlich bietet das Provinzhaus in Münster jeden Tag eine warme Mahlzeit und Kaffee für bis zu 15 bedürftige Menschen.

„Man sitzt jetzt da, wartet nur auf Zuruf und denkt: 'Ich kann nicht tun, was ich sonst gerne tue oder bin darin beschränkt.'“

—  Zitat: Schwester Christina Clemens

Durch die Ausbreitung des Coronavirus änderte sich die karitative Arbeit, insbesondere die Seelsorge in den Einrichtungen, erklärt Provinzoberin Schwester Christina Clemens. "Die Schwestern können nur noch eingeschränkt arbeiten. Sonst gehen sie einfach so ins Krankenhaus und jetzt nur noch auf Zuruf, wenn sie dringend jemand braucht." Spontane Gespräche seien so nicht mehr möglich, was für die Bewohner und Patienten insbesondere in der derzeitigen Zeit schwierig sei, da ohnehin niemand von außen die Einrichtungen besuchen darf. Normalerweise sei es auch für das Pflegepersonal eine Entlastung, wenn eine Schwester sich die Zeit nehme, bei einem sterbenden oder schwer kranken Menschen zu sitzen. Den Ordensfrauen selbst fällt es ebenfalls schwer, nur wenig tun zu können, sagt Schwester Christina. "Man sitzt jetzt da, wartet nur auf Zuruf und denkt: 'Ich kann nicht tun, was ich sonst gerne tue oder bin darin beschränkt.'"

Gehen die Ordensfrauen doch mal in eine Einrichtung, tragen sie einen Mundschutz. Das kann vor allem für Patienten schwierig sein, die sowieso schon schlecht hören. Die warme Mahlzeit im Provinzhaus für Bedürftige kann ebenfalls nicht so angeboten wie sonst. "Wir schmieren jetzt aber Brote, die die Menschen sich abholen können", so Schwester Christina. Die Arbeit der Ordensfrauen, die die Wallfahrt betreuen, falle hingegen derzeit weg.

Die Umstände durch die Corona-Pandemie gehen auch am Ordensleben selbst nicht spurlos vorbei. Gibt es mal Spannungen, kann man sich nicht mehr so gut aus dem Weg gehen. Da der Großteil zur Risikogruppe gehört, werden die Häuser nicht mehr verlassen. Für Schwester Christina bedeutet das, dass sie nicht mehr andere Konvente besuchen kann, etwa für Jubiläumsfeiern. "Man ist nicht da, wo man gerne sein möchte", sagt die Provinzoberin. Doch ihr sei auch bewusst, dass die Ordensfrauen mit ihrem großen Garten ein "Luxus-Exil" hätten, denke man etwa an Familien in städtischen Hochhaus-Wohnungen. "Im Vergleich zu anderen können wir nicht klagen – oder dürfen wir nicht klagen, das wäre ungerecht."

Von Melanie Ploch

Zurück zur Navigation

Bild: ©SMMP/Ulrich Bock

Bis heute sind die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel Träger von 40 Einrichtungen und Diensten mit etwa 2500 Mitarbeitern, unter anderem Schulen, stationäre und ambulante Senioreneinrichtungen oder Tagespflegen. Oft arbeiten die Ordensfrauen auch als Seelsorgerinnen.

Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel:

Ihren Namen haben die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel (Ordenskürzel: SMMP) von ihrer Ordensgründerin, bürgerlich Julie Postel. 1807 gründete die Lehrerin aus der Normandie den Orden. Ihre Nachfolgerin als Oberin, die selige Schwester Placida Viel, gründete mit vier Lehrerinnen im thüringischen Eichsfeld den ersten deutschen Konvent. 1920 wurde der deutsche Zweig eine unabhängige Kongregation. Etwa 200 Ordensfrauen gibt es in Deutschland heute, die in rund 40 Konventen an 24 Standorten leben. Das Generalat befindet sich in Heiligenstadt in Thüringen.

Der Orden widmeten sich schon immer der Erziehung, Bildung, Pflege, Therapie und Seelsorge – und das bis heute als Träger von 40 Einrichtungen und Diensten und etwa 2500 Mitarbeitern, unter anderem von Schulen, stationären und ambulanten Senioreneinrichtungen, Tagespflegen, einer Gesundheitsakademie oder einem Mutter-Kind-Heim. Viele der Ordensfrauen sind noch im Dienst. Dabei sind sie nicht immer in den ordenseigenen, sondern auch in anderen Einrichtungen tätig sowie in der Pastoral oder in den Bistümern. Etwa ein Viertel der 200 Schwestern arbeiten als Seelsorgerinnen oder in sozialen Berufen – viele auch ehrenamtlich. Andere Schwestern sind beispielsweise Lehrerinnen, Ergotherapeutinnen, Küsterinnen oder arbeiten in der Verwaltung.

„Alle haben noch irgendwo eine Aufgabe. Die Seelsorge findet weiter statt, wenn auch unter den nötigen Sicherheitsvorkehrungen.“

—  Zitat: Schwester Aloisia Höing

Trotz der Ausbreitung des Coronavirus laufe die Arbeit in den Konventen gut weiter, sagt die frühere Generaloberin Schwester Aloisia Höing. "Alle haben noch irgendwo eine Aufgabe. Die Seelsorge findet weiter statt, wenn auch unter den nötigen Sicherheitsvorkehrungen." So tragen die Schwestern beispielsweise einen Mundschutz. Schwester Theresita Maria Müller, die als theologische Redakteurin beim Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken in Paderborn arbeitet, stellt fest, dass sich in der neuen Situation auch Neues entwickelt. Das gemeinsam mit den Salesianern Don Boscos betriebene Jugendzentrum "Manege" für Jugendliche aus prekären Situationen in Berlin-Marzahn etwa sei eigentlich seit mehreren Wochen geschlossen. Doch neben der Betreuung der Jugendlichen im stationären "Wohnen in Not" besuchen die Mitarbeiter zweimal die Woche 172 Jugendliche, um sie mit Aufgaben zu versorgen.

Eine Ordensfrau besuche zudem derzeit auch Covid-19-Patienten und stehe ihnen seelsorglich bei. Im Bereich der Bildung hat es ebenfalls Verschiebungen gegeben: Da der Unterricht in den vergangenen Wochen ausfiel, widmeten sich die betroffenen Ordensfrauen der Seelsorge. Auch die Küsterinnen blieben während des Gottesdienstausfalls weiterhin in den Gotteshäusern aktiv, um diese zu pflegen.

Für das Ordensleben selbst standen einige Änderungen an, etwa, dass die Schwestern während der Mahlzeiten oder in der Kirche weiter auseinander sitzen und der Betrieb der Gästehäuser ausfällt. Die älteren Ordensfrauen im Bergkloster Bestwig beispielsweise essen aus Sicherheitsgründen in ihren eigenen Zimmern. Doch für sie – und durch die hinzugekommene verfügbare Zeit – gibt es eine Neuerung: "Viermal wöchentlich gestalten wir für die älteren Schwestern ein Unterhaltungsprogramm: Musik mit Orgel, Harfe, Flöten und Gitarren, Frühlingslieder singen, Geschichten vorlesen, ein Hörbuch in Fortsetzung. Vormittags wird das Rosenkranzgebet in den Anliegen der Corona-Situation übertragen", sagt Schwester Theresita Maria. Eine gehörlose Mitschwester bringt darüber hinaus bis zu 15 Schwestern die Gebärdensprache bei, erklärt die Ordensfrau. "Das sind schöne Ergebnisse, die aus der Not heraus geboren worden sind."

Von Melanie Ploch

Zurück zur Navigation

Bild: ©Bill Perry/Fotolia.com

Er gilt als Pionier der modernen Krankenpflege und gründete den Orden der Barmherzigen Brüder: der heilige Johannes von Gott. Ein Kirchenfenster in der Kathedrale von Granada in Spanien zeigt ihn.

Barmherzige Brüder vom heiligen Johannes von Gott

Die Barmherzigen Brüder vom heiligen Johannes von Gott (Ordo Hospitalarius Sancti Johannis de DeoOrdenskürzel: OH) wurden 1540 in Granada vom heiligen Johannes von Gott gegründet, der als Pionier der modernen Krankenpflege gilt. Dieser Ursprung zeigt sich auch heute noch im Ordensleben: Neben den klassischen Gelübden der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams leisten die Brüder auch das Versprechen der Hospitalität: Sie geloben, sich armen und kranken Menschen zuzuwenden. In der Regel absolviert jeder Bruder daher eine Ausbildung als Krankenpfleger oder Heilerziehungspfleger. 

Weltweit gibt es derzeit über 1000 Barmherzige Brüder. 23 davon leben in Deutschland, vor allem in BayernZum Selbstverständnis der Ordensmänner gehört esebenfalls, auf die aktuellen Nöte ihrer jeweiligen Zeit zu reagieren. So gehörten die Barmherzigen Brüder in Bayern zu den Vorreitern der Hospizarbeit: 1991 gründeten sie in ihrem Münchener Krankenhaus die erste Palliativstation im Freistaat.

Das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Regensburg ist mittlerweile eines der größten katholischen Krankenhäuser in Deutschland. Dort lebt und arbeitet Bruder Thomas VäthEr ist Seelsorger im Krankenhaus in Regensburg und im nahe gelegenen Schwandorf. Bis vor drei Jahren arbeitete er zusätzlich als Pfleger. "An meinem Leben hat sich durch das Coronavirus eigentlich nicht viel geändert, außer dass ich jetzt häufiger einen Mund-Nasen-Schutz trage", sagt Väth.

„Da kommt gerade ganz viel Kraft aus dem Gebet, die direkt in die Arbeit fließt.“

—  Zitat: Bruder Thomas Väth

Vielen Patienten fehle durch die Corona-Beschränkungen der direkte Kontakt zu ihren Angehörigen. In den Gesprächen mit Kranken merke er das, so Väth. "Das ist aktuell eine große Belastung, dass kein Besuch kommen kann." Technisch weniger versierten Patienten hilft der Seelsorger deshalb auch mit Telefonen oder anderen technischen Geräten, um ihnen trotzdem Kontakt zu den Familien zu Hause zu ermöglichen 

Die Hausgemeinschaft im Regensburger Krankenhaus bilden fünf der Barmherzigen Brüder. Derzeit sitzen sie in der Kapelle und im Speisesaal weiter auseinander als gewöhnlich. Allerdings ist nur ein Bruder über 70 Jahre alt, alle anderen sind um die 40 oder jünger. Man könne mit den Abstandsregeln daher ein ganz normales Leben führen, so Väth. "Als Ordensbruder ist man ja auch nicht der, der jeden Abend in die Disko geht, also auch da hat sich nicht viel geändert."  

Was sich durch die derzeitige Corona-Pandemie vor allem geändert hat, ist Väths spirituelle Beziehung zu Gott. "Da kommt gerade ganz viel Kraft aus dem Gebet, die direkt in die Arbeit fließt", so der 42-Jährige. Gerade durch die Herausforderungen der Krise bekomme er so eine spirituelle Stärkung für seine Arbeit und seine Berufung. "Es ist einfach faszinierend zu sehen, dass man jetzt, wo es eine besondere Herausforderung gibt, diese spirituelle Stärkung bekommt und alles wirklich gut meistern kann." 

Von Christoph Brüwer

Zurück zur Navigation

Bild: ©picture alliance/Mary Evans Picture Library

Der heilige Camillo de Lellis (auch Kamillus von Lellis) ist Patron der Kranken, Sterbenden und Pflegeberufe. Auch der von ihm gegründete Orden kümmert sich seit jeher um die Kranken und Schwachen.

Die Kamillianer

Die Kamillianer (Ordo Sancti CamilliOrdenskürzel: OSCam) verstehen sich als Krankenpflege-Orden. Als solcher wurden sie 1582 auch von Camillo de Lellis in Rom gegründet. Ein äußeres Erkennungszeichen der damaligen Zeit prägt das Aussehen der Ordenskleidung bis heute: das rote Kamilluskreuz. Der Ordensgründer hatte dieses Emblem bewusst ausgewählt, damit die Ordensmitglieder als Helfer für die Pestkranken erkennbar sind.  

Die Kamillianer legen noch heute bei ihrer endgültigen Aufnahme in den Orden vier Gelübde ab: Neben Gehorsamkeit, Ehelosigkeit und Armut versprechen sie, den Kranken zu dienen. Weltweit gibt es rund 1200 Kamillianer in über 39 Ländern. In Deutschland leben derzeit 17 Ordensmänner in Essen, Freiburg und Berlin. Das Provinziliat befindet sich in Essen-Heidhausen 

Groß sind die einzelnen Konvente allerdings nicht. "Wenn man an Kamillianer denkt, dann darf man nicht an große Klöster denken, sondern an kleine Einsatztrupps", sagt Pater Dietmar Weber, der gemeinsam mit vier weiteren Ordensbrüdern in Essen lebt. Im Alltagsleben im Konvent gebe es daher keine Probleme, die Abstandsregeln während der derzeitigen Corona-Pandemie einzuhalten. Öffentliche Gottesdienste, die die Patres noch vor einigen Monaten in den Gemeinden in Essen gehalten haben, können sie jetzt nur im kleinen Kreis im Konvent feiern.

„Wir hoffen natürlich alle, dass das zeitlich begrenzt und irgendwann vorbei ist. Das ist nicht das, was wir Kamillianer uns unter Krankenhausseelsorge vorstellen.“

—  Zitat: Pater Dietmar Weber

Und auch auf seine Arbeit als Krankenhausseelsorger habe die Pandemie Einfluss, betont Pater Dietmar: Übliche Besuche bei Kranken, um beispielsweise Gespräche anzubieten, sind derzeit nicht möglich. Er muss daher auf ein Signal aus dem Krankenhaus warten. "Es herrscht ein absolutes Besuchsverbot und dementsprechend komme ich als Seelsorger auch nur nach Anruf der Station zur Krankensalbung", so der Kamillianer. Auch wenn ein Patient einfach nur mit einem Seelsorger sprechen wolle, sei das nicht ohne Weiteres möglich. "Da müssen wir uns an die Vorgaben der Krankenhäuser halten."  

Für ihn ist die aktuelle Situation eine große Einschränkung. "Wir hoffen natürlich alle, dass das zeitlich begrenzt und irgendwann vorbei ist. Das ist nicht das, was wir Kamillianer uns unter Krankenhausseelsorge vorstellen", so der ehemalige Ordens-Provinzial. "Wir wären lieber auf der Station für die Krankenpflegekräfte aber auch die Patienten da." 

Weber arbeitet daher derzeit oft im Homeoffice. Damit komme er gut zurecht. Der Kamillianer-Orden habe weltweite Verbindungen und ein Mitbruder in einem Dorf auf den Philippinen bitte beispielsweise gerade dringend um Hilfe, um Lebensmittel für die Menschen dort zu besorgen. Weber unterstützt ihn bei der Suche nach Spenden. Durch den Kontakt zu ausländischen Ordensbrüdern bemerke er, wie schlimm die Situation in anderen Ländern aufgrund der Corona-Pandemie ist. "In Deutschland haben wir ein Niveau im Gesundheitswesen, für das wir Gott dankbar sein können."

Von Christoph Brüwer

Zurück zur Navigation

Von Melanie Ploch und Christoph Brüwer