Neuer Dokumentarfilm über Kindesmissbrauch durch polnische Priester

Polens Primas bittet Vatikan um Prüfung von Missbrauchsfällen

Veröffentlicht am 17.05.2020 um 16:02 Uhr – Lesedauer: 

Warschau ‐ Ein Dokumentarfilm über sexuellen Missbrauch an Kindern durch Priester hat in Polen hohe Wellen geschlagen. Der Primas des Landes, Erzbischof Polak, will die Anschuldigungen wegen Vertuschung gegen einen Bischof nun vom Vatikan untersuchen lassen.

  • Teilen:

Nach einem neuen Dokumentarfilm über Kindesmissbrauch durch Priester in Polen will Primas Erzbischof Wojciech Polak die Vorwürfe durch den Vatikan prüfen lassen. Als Kinderschutzbeauftragter der Polnischen Bischofskonferenz wende er sich an die Vatikanbotschaft in Warschau und führe nach den Vorschriften von Papst Franziskus ein Untersuchungsverfahren durch den Heiligen Stuhl herbei, kündigte er am Wochenende an. In dem am Samstag auf der Videoplattform YouTube veröffentlichten Film "Das Versteckspiel" wird der Bischof von Kalisz (Kalisch), Edward Janiak, beschuldigt, nichts gegen einen Priester unternommen zu haben, der Kinder sexuell missbraucht habe.

Der Film zeigt laut dem Primas, "dass die in der Kirche geltenden Standards zum Schutz von Kindern und Jugendlichen nicht eingehalten wurden". Das betreffe "die Art und Weise der Behandlung der geschädigten Personen und ihrer Familien" und das "Versäumnis, nach dem Erhalt von Informationen über den sexuellen Missbrauch von Kindern durch einen Priester geeignete Maßnahmen zu ergreifen". Polak dankte allen Betroffenen, die sich entschieden hatten, über das ihnen zugefügte Leid zu sprechen.

Die Dokumentation bekam in den ersten 24 Stunden mehr als zwei Millionen Klicks. Mit ihr setzen der Filmemacher Tomasz Sekielski und sein Bruder ihre vielbeachtete Doku "Nur sag es niemandem" über sexuellen Missbrauch in der Kirche fort. Diese hatte im Mai 2019 in Polen landesweites Entsetzen ausgelöst.

Film entspreche nicht der "Wahrheit der großen Mehrheit der Priester"

"Ich bitte Priester, Ordensschwester, Eltern und Erzieher, sich nicht von der falschen Logik der Sorge um die Kirche leiten zu lassen, die zur Verschleierung von Sexualstraftaten führt", so der Primas. Jeder betroffenen Person solle von Seiten des Bischofs schnell psychologische, seelsorgliche und rechtliche Hilfe angeboten werden. Zugleich betonte er, die Geschichte aus dem Film entspreche nicht der "Wahrheit der großen Mehrheit der Priester". "Wir dürfen nicht zulassen, dass skandalöse Fälle das Gute zunichtemachen, das es in der Kirche gibt", fügte der Erzbischof von Gniezno (Gnesen) in Westpolen hinzu.

Das Bistum Kalisz wies die im Film erhobenen Vorwürfe gegen den Ortsbischof zurück. Als die Staatsanwaltschaft dem zentralpolnischen Bistum im Dezember 2018 den Beginn eines Verfahrens gegen den Priester Arkadiusz H. mitgeteilt habe, sei gegen diesen auch ein kirchliches Verfahren eingeleitet und die Glaubenskongregation des Vatikan unterrichtet worden.

Nach der ersten Missbrauchsdoku 2019 hatten Polens Bischöfe Versäumnisse beim Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch eingeräumt. "Wir gestehen, dass wir als Hirten der Kirche nicht alles getan haben, um Leid zu verhindern", erklärten sie in einer damals in den Kirchen verlesenen Botschaft an die Gläubigen. (rom/KNA)