Gebetshaus dürfe keine neue Art von Kirche werden – Skepsis bei Frauendiakonat

Bertram Meier vor Bischofsweihe: "Manchen muss ich wohl wehtun"

Veröffentlicht am 29.05.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Augsburg ‐ In einer Woche ist es so weit: Bertram Meier wird nach einer Corona-bedingten Verschiebung zum Bischof von Augsburg geweiht. Doch was sind seine Ziele? Wie steht er zum Augsburger Gebetshaus? Wie zu "heißen Eisen", etwa der Frauenweihe? Ein Interview.

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Am 6. Juni soll Bertram Meier (59) zum neuen Bischof von Augsburg geweiht werden. Im Interview vorab spricht er über seine Stärken und Schwächen, heikle Kirchenthemen und die Frage, warum er ständig in den Medien auftaucht.

Frage: Herr Bischof in spe, man sagt, das wahre Ich eines Menschen zeige sich, wenn er Macht bekomme. Worauf müssen wir uns bei Ihnen gefasst machen?

Meier: Ich bin immer gut damit gefahren, auf die Kraft der Argumente zu setzen, auf gute Beratung und auf meine Autorität als Person. Das wird auch nach meiner Weihe so bleiben.

Frage: Nach Ihrer Ernennung gab es allenthalben Jubel. Haben Sie auch Kritik registriert?

Meier: Aus einschlägigen Kreisen hieß es, mir fehle die scharfe Kante. Nun, ich sehe das positiv: Ich habe eine diplomatische Ader und integrative Stärken.

Frage: Welche Schwächen konstatieren Sie bei sich?

Meier: Na gut, auch wenn das hier kein Beichtgespräch ist: Ich bin recht ungeduldig. Ich will außerdem möglichst wenigen Menschen wehtun. Aber manchen muss ich wohl wehtun als Bischof.

Frage: Meinen Sie etwa jene Gläubigen, die für die Frauenweihe eintreten? Die lehnen Sie ja ab.

Meier: Richtig, weil Papst Johannes Paul II. die Priesterinnenweihe ausgeschlossen hat. Auch beim Frauendiakonat bin ich skeptisch. Denn das widerspräche der Einheit des dreistufigen Weihesakraments, das ja auch Priester- und Bischofsamt umfasst. Wie sollte man erklären, dass Frauen nur die erste Stufe erklimmen dürften, die der Dienerin? Das könnte die Problematik der Rolle der Frau in der Kirche noch verschärfen, wenn es hieße: Zum Dienen sind sie gerade gut genug. Klar ist: Frauen müssen mehr Leitungsverantwortung bekommen, auf allen Ebenen.

Betende Hände abgestützt auf einer Kirchbank
Bild: ©KNA/Elisabeth Schomaker

Meier will die Bemühungen um eine Neuevangelisierung breiter aufstellen.

Frage: Schmerz dürften Sie auch im Diözesaninstitut für Neuevangelisierung ausgelöst haben, das Ihr Vorgänger Konrad Zdarsa gegründet hat. Nach Ihrer Bischofsernennung sagten Sie, neue Wege der Verkündigung des Evangeliums seien "kein Monopol einer Abteilung". Was haben Sie gegen das Institut?

Meier: Gar nichts! Als Bischof verstehe ich mich selbst als "erster Evangelisierer". Schon mein Wahlspruch sagt, dass ich "Stimme des Wortes" sein will. Keine Sorge, in Sachen Evangelisierung wird bei uns niemand arbeitslos. Das ist ja die Überlebensfrage der Kirche! Das Institut hat wichtige Pionierarbeit geleistet. In Zukunft muss das Anliegen noch mehr in die Breite. Evangelisierung ist weder exklusiv noch pure Selbstbestärkung.

Frage: Klingt da der zur Neuevangelisierung oft gehörte Vorwurf an, unter diesem Titel hätten sich elitäre Kreise eingerichtet?

Meier: Wenn mich solche Vorwürfe träfen, würde ich sie jedenfalls ausgiebig in meinem Herzen und Gewissen bewegen.

Frage: Wer in Augsburg über Neuevangelisierung redet, kommt nicht herum um den katholisch-charismatischen Theologen Johannes Hartl samt seinem 24-Stunden-Gebetshaus und der zweijährlichen Glaubenskonferenz "Mehr" mit etwa 12.000 Besuchern. Wie stehen Sie dazu?

Meier: Einerseits sind die Zahlen der Leute beeindruckend, die Johannes Hartl versammelt. Andererseits frage ich mich, wie nachhaltig ein Event wie die "Mehr" ist. Zudem sehe ich bei Hartl eine Schwebe in seinen theologischen Äußerungen. Er verortet sein Wirken mal als überkonfessionell, mal als ökumenisch. Das ist aber nicht dasselbe. "Überkonfessionell" ist mir zu unverbindlich, erinnert an Freikirche. Bei "ökumenisch" heißt das Ziel: sichtbare Einheit als Gemeinschaft verschiedener Kirchen.

Bild: ©Johannes Hartl

Zur "Mehr"-Konferenz des Theologen Johannes Hartl kommen jährlich etwa 12.000 Menschen.

Frage: Die Unbedenklichkeitserklärung Ihres Vorgängers für das Gebetshaus bleibt aber bestehen?

Meier: Doch das ist kein Blankoscheck. Ich hoffe auf ein ehrliches und konstruktives Miteinander. Jedenfalls wollen wir uns als Diözese vom Gebetshaus nicht instrumentalisieren lassen. Wir müssen im Gespräch bleiben, um der Menschen willen einander im Blick behalten und darauf achten, dass aus dem Gebetshaus nicht eine neue Art von Kirche entsteht.

Frage: Von Augsburg nach Mainz. Dort wurde im März der Limburger Bischof Georg Bätzing zum neuen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) gewählt. Er hat nach eigener Auskunft kaum römische Erfahrung, Sie schon. Werden Sie der heimliche DBK-Chef?

Meier: Auf keinen Fall! Ich helfe gern, wo ich kann, aber erst mal will ich ganz für mein Bistum da sein. Hätte ich das internationale Parkett vorgezogen, wäre ich in Rom geblieben. Andersherum gilt: Ich bin kein vatikanischer Lautsprecher. Ich sehe mich mehr als Dolmetscher nach beiden Seiten.

Frage: Jedenfalls gehören Sie künftig den DBK-Kommissionen Ökumene und Weltkirche an. Was wollen Sie darin erreichen?

Meier: In zehn Jahren wird die Confessio Augustana 500 Jahre alt, eine der wichtigsten lutherischen Bekenntnisschriften. Es wäre schön, wenn sich Katholiken und Protestanten bis dahin beim Amtsverständnis und bei der Mahlgemeinschaft annäherten. Ich träume von einem Papier, in dem wir das gemeinsame Bekenntnis betonen und nur nachrangig unsere Unterschiede benennen, so dass wir einem gemeinschaftlichen Kommunionempfang näherkommen. Das ist kein fauler Kompromiss, sondern ehrliches Ringen um einen differenzierten Konsens, der schon als Schlüssel für die Rechtfertigungserklärung 1999 diente.

Frage: Und die Weltkirche?

Meier: Gerade in der globalen Corona-Krise sollten wir den internationalen Austausch stärken und dabei weder in den Bistümern noch bei den Hilfswerken sparen. Als Bischof habe ich ja für unsere Diözese einen Stephana-Hilfsfonds ins Leben gerufen; Stephana ist das griechische Wort für Corona. Die Kirche darf die Armen nicht vergessen. Wir deutschen Katholiken sind noch immer relativ reich! Ideell reicher werden könnten wir indes schon noch: Wir sollten schauen, was anderswo besser gemacht wird als bei uns - da gibt's sicher einiges - und das bei uns umsetzen.

Frage: Noch eine Frage in eigener Sache: Anders als Ihr Vorgänger sind Sie medial sehr präsent. Warum?

Meier: Als Gottesmann kann ich mich nicht nur auf Ambo und Altar beschränken. Ich habe nicht nur "Vollblutkatholiken" im Blick, sondern auch Menschen außerhalb der Kirche. Die erreiche ich nicht, wenn ich nur drinnen bleibe.

Von Christopher Beschnitt (KNA)