Einst größte christliche Kirche als Moschee?

Türkische Führung verschärft Debatte um Hagia Sophia

Veröffentlicht am 12.06.2020 um 16:21 Uhr – Lesedauer: 

Istanbul ‐ Schon seit Jahren will die Türkei aus der Hagia Sophia eine Moschee machen. Die ursprünglich christliche Kirche war einst bereits ein islamisches Gotteshaus, ist mittlerweile aber ein Museum. Nun äußerte sich die Regierung erneut deutlich.

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Die türkische Führung verschärft die Debatte um eine mögliche Umwandlung der Hagia Sofia in eine Moschee. Die Entscheidung darüber liege alleine bei der Türkei, betonte Außenminister Mevlüt Cavusoglu in einem Interview des Senders NTV: "Das ist definitiv keine internationale Sache, das ist eine Sache der nationalen Souveränität." Vor allem Griechenland und Russland sind verärgert über die seit Jahren laufenden Bestrebungen der Türkei wegen der Bedeutung der Hagia Sophia für die griechisch-orthodoxe Kirche. Am 2. Juli will das Oberste Verwaltungsgericht in der Türkei erneut über den Status des Gebäudes entscheiden.

Die im sechsten Jahrhundert erbaute Hagia Sophia (griechisch: Heilige Weisheit), damals die größte Kirche der Welt, wandelten die Osmanen nach der Eroberung Konstantinopels, heute Istanbul, im Jahr 1453 in eine Moschee um. Unter Staatsführer Atatürk wurde sie 1934 zu einem Museum.

Bereits Anfang Juni hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die Pläne für eine Rückwidmung der Hagia Sophia in eine Moschee offenbar forciert. Laut der Zeitung "Hürriyet" soll Erdogan die Weisung für eine rechtliche Formel erteilt haben, um den aktuellen Status des Bauwerks so zu ändern, dass sie wieder als islamische Kultstätte genutzt werden kann. Den Plan zur Änderung des derzeitigen Status soll Erdogan auf einer Sitzung des zentralen Exekutivkomitees seiner Partei AKP angekündigt haben. Demnach werde die Hagia Sophia auch als Moschee für Touristen zugänglich bleiben.

Erdogan: "Sensibles" Thema

Erdogan soll dazu aufgefordert haben, das Projekt mit Vorsicht und ohne Eile durchzuführen, da es sich um ein "sensibles" Thema handle. Die Entscheidung darüber liege aber bei der Türkei, betonte der Präsident laut dem Bericht.

Zuletzt rückte das Thema erneut in den öffentlichen Fokus, als die türkische Regierung Ende Mai beschloss, zum 567. Jahrestag der osmanischen Eroberung von Konstantinopel am 29. Mai 1453 in der früheren christlichen Basilika aus dem Koran die sogenannte "Sure der Eroberung" verlesen zu lassen. Die Initiative löste eine scharfe Reaktion der griechischen Regierung aus. Der Bericht über die neue Weisung Erdogans stieß zudem in Russland auf massiven Protest. Der Plan stelle eine Gefahr für das friedliche Zusammenleben von Religionen und Völkern dar, sagte der Außenamtsleiter des russisch-orthodoxen Moskauer Patriarchats, Metropolit Hilarion (Alfejew), Istanbuls griechischer Tageszeitung "Apogevmatini".

Das orthodoxe Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel hat sich offiziell noch nicht geäußert. Doch rief Patriarch Bartholomaios I. in seiner Predigt zum orthodoxen Pfingstfest am 7. Juni den Heiligen Geist "um Schutz und Beistand in heraufziehenden Gefahren" an. (KNA)