3.000 Betroffene: Erste Zahlen zu Missbrauch in Kirche Frankreichs
Mindestens 3.000 Kinder wurden in den vergangenen 70 Jahren durch Mitglieder der katholischen Kirche in Frankreich missbraucht. "Ich bin zutiefst überzeugt, dass es noch viel mehr Opfer gibt", sagte der Präsident der Kommission zur Aufklärung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in Frankreich (CIASE), Jean-Marc Sauvé, laut Medienberichten am Mittwoch. Vorläufige Zahlen legten demnach nahe, dass mindestens 1.500 Priester und Ordensleute seit 1950 Täter geworden sein sollen.
Seit Juni 2019 können sich Opfer von sexuellem Missbrauch durch Kleriker bei der Kommission melden. Bisher habe es bereits 5.300 Anrufe gegeben, so Sauvé. Oft bräuchten die Betroffenen allerdings Jahrzehnte, bis sie über den Missbrauch sprechen könnten. Rund 30 Prozent der Opfer, die sich gemeldet haben, sind laut Angaben älter als 70 Jahre und etwa die Hälfte zwischen 50 und 70 Jahren alt. Zwei Drittel der gemeldeten Fälle ereigneten sich laut Sauvé in den 1950er, 60er und 70er Jahren.
Abschlussbericht im Herbst 2021 erwartet
Mutmaßliche Opfer haben noch bis Ende Oktober Zeit, Kontakt mit der CIASE aufzunehmen. Nach einer Unterbrechung durch die Corona-Pandemie hat die Auswertung von Akten in Kirchenarchiven nun wieder begonnen. Ein Abschlussbericht wird im September oder Oktober 2021 erwartet.
Die Kommission wurde von den französischen Bischöfen beauftragt und soll Missbrauchsfälle seit 1950 sowie den Umgang kirchlicher Stellen damit aufarbeiten. Im Februar 2019 nahm CIASE seine Arbeit auf. Das Gremium hat 22 Mitglieder und einen Etat von mehr als drei Millionen Euro.
Ähnliche Zahlen wie die der französische Forscher hat auch die 2018 veröffentlichte MHG-Studie zum Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland ermittelt: Laut Akten der Jahre 1946 bis 2014 gab es demnach 3.677 betroffene Kinder und Jugendliche und 1.670 beschuldigte Kleriker. Auch hier gehen die Forscher von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus. (cbr)