Beirut-Explosion: Kirchenvertreter rufen zu Gebet und Solidarität auf
Nach der verheerenden Explosion in der libanesischen Hauptstadt Beirut hat Papst Franziskus die internationale Gemeinschaft zu Gebet und Unterstützung für das Land aufgerufen. "Beten wir für den Libanon, damit er mit dem Einsatz aller seiner sozialen, politischen und religiösen Komponenten diesen tragischen und schmerzlichen Moment bewältigen und mit Hilfe der internationalen Gemeinschaft die schwere Krise überwinden kann, die das Land durchlebt", so der Pontifex in seiner Generalaudienz am Mittwoch.
Am Dienstagabend hatte eine Explosion im Beiruter Hafen mindestens 100 Todesopfer und gut 4.000 Verletzte gefordert. Auch in größerer Entfernung wurden durch die Druckwelle noch Häuser beschädigt. Laut Präsident Michel Aoun wurden im Hafengebiet 2.750 Tonnen hochexplosives Ammoniumnitrat gelagert, das zur Herstellung von Düngemitteln benutzt wird. Es wurde für zwei Wochen der Notstand über Beirut verhängt. Wie es zu der Explosion kam, ist noch unklar, Hinweise auf einen Anschlag gibt es bisher nicht.
"Die Gewalt der Explosionen ist erschreckend"
In einem Kondolenzschreiben an den maronitischen Patriarchen, Kardinal Béchara Boutros Raï, drückte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, seine Bestürzung und sein Mitgefühl aus. "Die Gewalt der Explosionen ist erschreckend und erschüttert mich zutiefst." Er hoffe, dass das Patriarchat und seine Einrichtungen nicht im Übermaß betroffen seien. "Wir wünschen Ihnen und den Gläubigen Kraft und Gottes Segen und sind im Gebet verbunden. Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen", so Bätzing. Rai dankte in einer Stellungnahme den verschiedenen Staaten für deren Hilfe und appeliere auch an andere Länder, Hilfe bereitzustellen, die "zur Rettung der Stadt Beirut notwendig ist". Diese Hilfe müsse unabhängig von allen politischen Erwägungen sein, "denn das, was geschehen ist, geht über Politik und Konflikte hinaus".
Das päpstliche Hilfswerk "Kirche in Not" zeigte sich angesichts der Explosion "fassungslos" und "traurig". "Die Detonation hat nicht nur unfassbares Leid über die Menschen in Beirut gebracht. Sie hat im übertragenen Sinne auch den ganzen Libanon, den Nahen Osten und die ganze Welt erschüttert", so der deutsche Geschäftsführer Florian Ripka. Das Unglück habe den Libanon in einer Phase schwerer politischer wie wirtschaftlicher Probleme getroffen. Für das Hilfswerk ständen nun die Menschen vor Ort im Vordergrund. Denn der Libanon sei für viele Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak ein "Hort der Sicherheit" geworden. Der Libanon brauche jetzt "jede Hilfe, um das Unglück zu verarbeiten. Das gilt sowohl seelisch und geistlich, als auch karitativ und mitmenschlich". Das Hilfswerk rief die internationale Gemeinschaft zur Solidarität auf. Das bischöfliche Hilfswerk Misereor warnte vor einer Verschlechterung der Lebenssituation im Libanon, sowohl der Einheimischen wie auch der vielen Flüchtlinge, die das Land aufgenommen hat. Mit dem Hafen sei eine wichtige Versorgungslinie des Landes zerstört.
Die Caritas wies auf die schlechte medizinische Lage im Land hin, so fehlten Medikamente, technisches Gerät und Krankenhauskapazitäten. "Wir benötigen dringend Unterstützung, die Lage ist kritisch und noch sehr, sehr unübersichtlich", so die Direktorin der Caritas Libanon, Rita Rhayem.
Woelki "schockiert"
Auch der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki äußerte sich von den Bildern aus Beirut "schockiert": "Beten wir für die Toten, die Verletzten, ihre Familien und Freunde!", schrieb er auf Twitter. Er rief zudem die Muttergottes an. Ähnlich betroffen zeigten sich die katholischen Bischöfe des Heiligen Landes. "Wir beten für die Seelen der Toten und für die Genesung der Verletzten und für die Stabilität und den Wohlstand des Libanon", heißt es in einer Mitteilung.
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Bei der Explosion wurden auch eine evangelische Kirche, deren Gemeindehaus und eine theologische Hochschule stark in Mitleidenschaft gezogen. Bei den Gebäuden der Nationalen Evangelischen Kirche von Beirut (NECB) seien alle Fenster zerstört und einige Decken eingestürzt, teilte die "Evangelische Mission in Solidarität" mit. Informationen Opfern in den Einrichtungen der Kirche gibt es demnach bisher nicht. Beschädigt wurden laut der Stiftung "Pro Oriente" außerdem noch mindestens fünf weitere Kirchen verschiedener orthodoxer Konfessionen. Schwer beschädigt wurde demnach auch das griechisch-orthodoxe St. Georgskrankenhaus, dessene Patienten in andere Krankenhäuser verlegt wurden. Vier Krankenschwestern wurden getötet, mehrere Ärzte, Patienten und Besucher verletzt.
Die Wirtschaft des Libanon befindet sich in einer Krise. Die Währung des Landes hat in den vergangenen Monaten einen Großteil ihres Wertes verloren, es kommt immer wieder zu langanhaltenden Stromausfällen. Zudem verschärfen sich Konflikte mit den Nachbarländern Türkei und Israel, die Beobachtern zufolge zu einem neuen Krieg führen können. Angesichts der Explosion hat allerdings selbst Israel dem Libanon seine Hilfe angeboten, obwohl sich beide Staaten offiziell noch im Kriegszustand befinden. (cph)