Große Bestürzung und Anteilnahme in Italien

Katholischer Priester auf offener Straße erstochen

Veröffentlicht am 15.09.2020 um 15:04 Uhr – Lesedauer: 

Rom/Como ‐ Er war wegen seines besonderen Engagements für Migranten bekannt: Am Dienstag starb Don Roberto Malgesini im norditalienischen Como – hinterrücks erstochen. Ausgerechnet die Herkunft des Täters wird nun politisch instrumentalisiert.

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Die Tötung eines katholischen Priesters auf offener Straße hat in Italien Bestürzung und Anteilnahme ausgelöst. Don Roberto Malgesini (51) wurde laut örtlichen Medienberichten am Dienstagmorgen im norditalienischen Como hinterrücks erstochen. Der Geistliche war wegen seines besonderen Engagements für Migranten bekannt. Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich nach ersten Erkenntnissen um einen 53-jährigen Tunesier, der sich seit Jahren illegal im Land aufhält.

Die Tat ereignete sich gegen sieben Uhr morgens auf der Piazza San Rocco im Zentrum Comos, als Melgesini offenbar dabei war, Frühstück an Bedürftige zu verteilen. Der obdachlose Angreifer, der den Priester kannte, soll mehrfach mit einem Küchenmesser auf ihn eingestochen haben. Ein Stich in den Nacken verletzte den Priester so schwer, dass er noch auf der Straße starb. Der blutverschmierte Täter stellte sich wenige hundert Meter entfernt bei einer Polizeistation.

Keine gesicherten Angaben über das Motiv

Über das Motiv liegen bislang keine gesicherten Angaben vor. Medienberichten zufolge soll er unter "psychischen Problemen" gelitten haben. Gegen ihn seien seit 2015 mehrere Ausweisungsverfügungen verhängt worden. Zuletzt hielt er sich in einer Obdachlosenunterkunft in Como auf.

Ortsbischof Oscar Cantoni reagierte entsetzt. "Don Roberto hat immer an vorderster Front gearbeitet und sein Leben den Bedürftigen gewidmet", sagte er. "Für die Armen war er wirklich ein Vater" und habe nun sogar sein Blut gegeben. Man könne ihn daher einen "Märtyrer der Nächstenliebe" nennen. Für Dienstagabend lud der Bischof zu einem Rosenkranzgebet in die Kathedrale ein, um des Toten zu gedenken.

Papst Franziskus würdigte Malgesini als "Zeugen der Nächstenliebe". Bei der Generalaudienz am Mittwoch im vatikanischen Damasushof sprach das Kirchenoberhaupt von einem "Martyrium" und rief zum Gebet für den Getöteten auf. Malgesini sei von einem "psychisch gestörten Menschen" umgebracht worden, sagte der Papst. Er bete für den Toten, dessen Familie und alle Priester, die sich um die Schwächsten der Gesellschaft kümmerten.

Der tödliche Angriff sorgte über Como hinaus für Reaktionen und Debatten. Ex-Innenminister Matteo Salvini (Lega) nutzte den Fall, um erneut die Migrationspolitik der Regierung zu kritisieren. "Don Roberto wurde von einem der vielen Einwanderer erstochen, die sich illegal in diesem Land aufhalten und stattdessen nach Hause geschickt werden sollten", sagte Salvini am Dienstag. Ähnlich äußerte sich die rechtsgerichtete Partei Fratelli d'Italia. Von der Regierung gab es zunächst keine offizielle Stellungnahme. Die in der Flüchtlingshilfe engagierte katholische Gemeinschaft Sant'Edigio betonte, Malgesinis Einsatz sei nicht vergeblich gewesen. Seine Arbeit sei "Ausdruck einer Liebe zu den Armen", die keine Unterschiede nach Herkunft mache. Auch Italiens Bischofskonferenz sprach ihre Anteilnahme aus und nannte das Opfer einen "Heiligen von nebenan". (tmg/KNA)

16.9., 8:40 Uhr: Ergänzt um weitere Stimmen. 11:20 Uhr: Ergänzt um Papst.