Komplott gegen Pell? Australiens Polizei untersucht Vatikan-Geldflüsse
Mehrere australische Behörden untersuchen deutlich höhere Geldflüsse als bisher bekannt aus Vatikanmitteln nach Australien während des Prozesses gegen Kardinal George Pell. Laut der Zeitung "The Australian" soll es sich nicht wie bisher berichtet um 700.000 Euro, sondern etwa um das Doppelte handeln. Laut der Nachrichtenagentur AP habe die für die Bekämpfung internationaler Finanzkriminalität zuständige Behörde "AUSTRAC" gegenüber einem Ausschuss des australischen Senats mitgeteilt, dass sie den Vorgang untersuche und Informationen an die Bundespolizei sowie die Polizei des Bundesstaats Victoria weitergegeben habe. Die Bundespolizei bestätigte gegenüber der Agentur, dass sie die Informationen prüft. Außerdem habe sie Teile der erhaltenen Daten an die unabhängige Antikorruptionskommission des Bundesstaats Victoria "IBAC" weitergegeben.
Italienische Medien hatten bereits in den vergangenen Wochen von den angeblichen Überweisungen aus dem Vatikan nach Australien berichtet. Unter Berufung auf einen früheren Mitarbeiter von Kardinal Giovanni Angelo Becciu hatte das Magazin "L'Espresso" berichtet, dass mit dem Geld Zeugen im Missbrauchsverfahren gegen Pell beeinflusst oder eine Medienkampagne gegen ihn finanziert worden sein soll. Pell war im April in letzter Instanz freigesprochen worden. Der ehemalige Finanzchef des Vatikans gilt als Rivale von Becciu, der als Substitut des Staatssekretariats von 2011 bis 2018 immer wieder in Kompetenzstreitigkeiten mit dem damaligen Leiter des Wirtschaftssekretariats geraten war.
Becciu war Ende September überraschend von seinem Amt als Präfekt der Heiligsprechungskongregation sowie von den aus der Kardinalswürde erwachsenen Rechten zurückgetreten. Finanzielle Unregelmäßigkeiten, dubiose Investitionen und Vetternwirtschaft werden als Grund für den Rücktritt des ehemaligen Papstvertrauten vermutet. Becciu bestreitet die Vorwürfe, eine offizielle Begründung oder eine Anklage gibt es derzeit nicht. Gegen die Vorwürfe eines Komplotts gegen Pell hatte sich Becciu bisher stets deutlich und unter Androhung rechtlicher Schritte gewehrt. Anfang Oktober hatte Pells Anwalt gefordert, dass italienische und australische Behörden die Geldflüsse nachverfolgen. (fxn)