"Wir wollen Gemeinschaft erfahrbar machen, Messen und Gottesdienste feiern"

Wilmer, Bode und Co.: Werden Kirchen in der Krise nicht schließen

Veröffentlicht am 27.10.2020 um 09:36 Uhr – Lesedauer: 

Braunschweig/Hannover ‐ Die Angst geht um: Werden die Kirchen angesichts der steigenden Corona-Infektionszahlen wieder schließen? Acht katholische und evangelische Bischöfe aus Niedersachsen geben nun in einer gemeinsamen Erklärung Entwarnung.

  • Teilen:

Die beiden großen Kirchen in Niedersachsen wollen während der Corona-Krise ihre Kirchengebäude nicht mehr schließen. Sie würden künftig als "Trosträume für alle" zur Besinnung und zum Gebet offengehalten, heißt es in einer am Montag von dem Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer und Hannovers Landesbischof Rolf Meister vorgestellten gemeinsamen Erklärung von acht katholischen und evangelischen Bischöfen. "Wir wollen Gemeinschaft erfahrbar machen, Messen und Gottesdienste feiern", hieß es.

Mit Blick auf die Gottesdienste wiesen beide leitenden Geistliche auf den bereits mitgetragenen Eingriff in die Religionsfreiheit hin. Die im Dienste des Infektionsschutz erteilten Auflagen trügen die Kirchen in Solidarität mit allen Menschen in der Gesellschaft, sagte Wilmer. Während der Corona-bedingten Schließung der Gotteshäuser im Frühjahr hatte es vielfach Kritik an den Kirchen gegeben. So wurde ihnen vorgeworfen, den staatlichen Verboten öffentlicher Gottesdienste willfährig gefolgt zu sein und Notleidende wie Sterbende in Kliniken und Heimen allein gelassen zu haben.

"Gesundheitliche, soziale und ökonomische Katastrophe ungeahnten Ausmaßes"

Die Corona-Pandemie sei eine "gesundheitliche, soziale und ökonomische Katastrophe ungeahnten Ausmaßes", verdeutlichte Wilmer. Die Stärke der Kirchen liege in einer tatkräftigen Unterstützung von Menschen, die Hilfe benötigen, und in der seelsorglichen Begleitung. Die Kirchen kündigen in ihrer Erklärung an, in den fast 2.400 Kirchengemeinden sowie in weiteren kirchlichen Einrichtungen "mit Wort und Tat Menschen zu helfen und ihre Not zu lindern". Besonders seien sie den alten Menschen verbunden, die allein bleiben und vielleicht einsam sterben müssten. Kranken und Sterbenden beizustehen, sei ein Akt der Barmherzigkeit. Deshalb müsse alles dafür getan werden, die Kontaktmöglichkeiten von Angehörigen, Freunden und Seelsorgern zu erhalten.

Zugleich appellieren die Kirchenvertreter, Kinder und Jugendliche besonders in den Blick zu nehmen. Sie müssten jetzt weiterhin den Sozialkontakt zu Gleichaltrigen halten können. Auch brauche es besondere Angebote für diejenigen, die beim Lernen derzeit nur begrenzt Unterstützung erhielten. Kirchengemeinden sollten dafür Räume anbieten und die Menschen begleiten - "auch dann, wenn es erneut zu Schließungen von Kindertagesstätten und Schulen kommen sollte".

Die besondere Bedeutung der Erklärung zeige sich darin, dass es in der Vergangenheit noch nicht viele solche ökumenische Papiere gegeben habe, sagte Meister. "Es muss für uns alle darum gehen, dass in der Pandemie keine Menschen ausgegrenzt werden, sondern dass wir einander aus Liebe helfen." Die Erklärung trägt als Titel das Bibelzitat "Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott" (Jesaja 40,1). Unterzeichnet haben sie außer Wilmer und Meister die katholischen Bischöfe Franz-Josef Bode (Osnabrück) und Wilfried Theising (Offizialat Vechta) sowie die evangelischen Bischöfe Thomas Adomeit (Oldenburg), Christoph Meyns (Braunschweig), Karl-Hinrich Manzke (Schaumburg-Lippe) und der Kirchenpräsident der Evangelisch-reformierten Kirche, Martin Heimbucher. (KNA)