Christen als größte Glaubensgemeinschaft besonders betroffen

Bericht: Religionsfreiheit wird weltweit zunehmend eingeschränkt

Veröffentlicht am 28.10.2020 um 11:56 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Die Bundesregierung hat am Mittwoch ihren neuen Bericht zur Lage der Religionsfreiheit in der Welt vorgestellt. Das Ergebnis gibt Anlass zur Sorge: Die Religions- und Weltanschauungsfreiheit gerät weltweit zunehmend unter Druck.

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Das Menschenrecht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit wird weltweit zunehmend eingeschränkt und infrage gestellt. Das geht aus dem zweiten Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religionsfreiheit hervor, der am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. "Drei Viertel aller Menschen leben in einem Land, das ihre Religions- und Weltanschauungsfreiheit einschränkt. Und in den letzten Jahren beobachten wir, dass diese Einschränkungen weiter zunehmen", erklärte der Beauftragte der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit, Markus Grübel (CDU). Zwar seien Christen als größte Glaubensgemeinschaft weltweit besonders betroffen. Aber auch Angehörige anderer Religionen und Weltanschauungen litten unter Diskriminierung und Verfolgung.

Der am Mittwoch auch vom Bundeskabinett beschlossene Bericht soll laut Grübel als Grundlagenpapier zur Stärkung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit weltweit dienen. Er zeige systematische staatliche Repressionen in vielen Ländern auf. Beispielhaft nannte der CDU-Politiker China, wo etwa die Lage der muslimischen Uiguren besonders dramatisch sei. "Für China fordere ich eine unabhängige Berichterstattung zur Lage der Uiguren durch die Vereinten Nationen und einen entschlossenen Dialog der Europäischen Union mit China zu Fragen der Religions- und Weltanschauungsfreiheit", sagte Grübel.

Bild: ©katholisch.de/stz

Stellten den Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religionsfreiheit vor: die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, der Beauftragte der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit, Markus Grübel, die jesidische Aktivistin Olivia Elias und der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick (v.l.).

Der Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religionsfreiheit hat einen Länderteil und einen thematischen Teil. Im Länderteil wird über 30 Länder berichtet, in denen die Entwicklungen im Berichtszeitraum 2018 und 2019 von besonderem Interesse waren. So zeigt das Papier beispielsweise, dass im Irak auch nach Ende der Terrorherrschaft des "Islamischen Staats" (IS) die Lage religiöser Minderheiten prekär ist, und die Rückkehr der Jesiden und Christen in ihre Heimatregionen schleppend verläuft. Der Bericht hebt aber auch positive Entwicklungen hervor, wie beispielsweise im Sudan, wo erst kürzlich die Straftat der Apostasie, also des Abfalls vom Glauben, abgeschafft worden sei. Auch sei Weihnachten im Sudan zum nationalen Feiertag erklärt worden.

Der Bericht vertieft zudem drei Themenfelder, in denen die Religions- und Weltanschauungsfreiheit nach Ansicht der Autoren in besonderem Maße eingeschränkt ist: Blasphemie- und Anti-Konversionsgesetze, digitale Kommunikation und staatliche Bildungssektoren. Mit Blick auf die digitale Kommunikation betont der Bericht etwa den "verheerenden Einfluss" von Online-Hassrede auf die Religions- und Weltanschauungsfreiheit. So sei Hassrede gegen die Rohingya in Myanmar über die sozialen Medien verbreitet worden und habe so zur Verschärfung des ethnischen Konflikts in dem Land beigetragen.

Erzbischof Schick warnt

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick warnte bei der Vorstellung des Berichts ebenfalls vor Einschränkungen der weltweiten Religionsfreiheit: "Ohne die staatliche und gesellschaftliche Anerkennung der Religionsfreiheit wird menschliches Leben fundamental beschädigt." Auch Staaten könnten ohne diese Freiheit nirgends auf der Welt langfristig existieren. Schick, der als Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz an der Vorstellung des Berichts teilnahm, begrüßte zugleich die verstärkten Bemühungen der Bundesregierung und der Europäischen Union zur Förderung der Religionsfreiheit. Der neue Bericht reihe sich ein in die Liste positiver Beiträge, die darauf abzielten, die staatliche Verantwortung für den Schutz und die Förderung der Religionsfreiheit zu stärken.

Das katholische Hilfswerk missio Aachen begrüßte den Bericht der Bundesregierung. Es handle sich um einen "wichtigen Fortschritt" und ein "mutiges Signal", sagte missio-Präsident Dirk Bingener am Mittwoch in Aachen. "Die Bundesregierung hat die richtige Strategie entwickelt, um mit Pragmatismus, einem ausdrücklichen politischen Willen und im Geist des interreligiösen Dialoges Millionen Betroffenen weltweit zu helfen, die wegen ihres Glaubens diskriminiert, bedrängt oder verfolgt werden", so Bingener. (stz)

28.10., 14:55 Uhr: Ergänzt um missio.

Linktipp

Der Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religionsfreiheit ist auf der Internetseite des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung abrufbar.