Kardinal Dziwisz wehrt sich gegen Vertuschungsvorwürfe
Kardinal Stanislaw Dziwisz (81), emeritierter Erzbischof von Krakau und langjähriger Privatsekretär Papst Johannes Pauls II., hat Vorwürfe der Missbrauchsvertuschung gegen ihn zurückgewiesen. "Man versucht, die Verantwortung auf mich abzuwälzen, als ich keine solche Verantwortung und keine Kenntnis von dieser Angelegenheit hatte", sagte Dziwisz einem Bericht des britischen Magazins "The Tablet" (Sonntag) zufolge in einem Interview im polnischen Fernsehen. "Wenn ich all diese Dinge gewusst hätte, hätte ich reagiert."
Dziwisz, der bis zu seiner Emeritierung 2016 elf Jahre lang an der Spitze des Erzbistums Krakau stand, äußerte sich zu einem prominenten Fall von sexuellem Missbrauch, der während seiner Amtszeit als Erzbischof geschehen sein soll. Der Kardinal sagte, er erinnere sich nicht an den Fall und wies darauf hin, dass dieser im Zuständigkeitsbereich des emeritierten Bischofs von Bielsko-Zywiec, Tadeusz Rakoczy, gelegen habe. Dziwisz betonte, dass er stets die von Johannes Paul II. eingeführte "Null-Toleranz"-Politik verfolgt habe.
Wusste Dziwisz seit 2012 von Missbrauchsfällen?
Seit September stehen Vorwürfe gegen Dziwisz im Raum, er sei Hinweisen auf Fälle sexuellen Missbrauchs durch Priester nicht nachgegangen und habe versäumt, sie dem Vatikan zu melden. Ein Pfarrer hatte zuvor ein Schreiben an den Kardinal aus dem Jahr 2012 veröffentlicht, das er eigenen Angaben zufolge persönlich an Dziwisz übergeben habe. Darin wirft der Geistliche Priestern aus der Kirchenprovinz Krakau sexualisierte Gewalt an Jungen vor. Dziwisz erklärte, er könne sich nicht erinnern, dass er Dokumente zu dieser Angelegenheit bekommen habe: An den Tag, an dem die Übergabe stattgefunden haben soll, habe er sich auf Pilgerreise im Heiligen Land befunden, so der frühere Erzbischof. Daraufhin schlug er vor, eine unabhängige Kommission zur Untersuchung der Angelegenheit einzurichten.
Die katholische Kirche in Polen steht wegen bekannt gewordener Fälle von Missbrauchsvertuschung massiv unter Druck. Vor kurzem gab die Erzdiözese Lodz bekannt, dass sie auf Bitte des Vatikan eine Untersuchung gegen den Bischof von Lowicz, Andrzej Dziuba, in die Wege geleitet habe. Dieser hatte behauptet, er habe es versäumt, auf Missbrauchsvorwürfe gegen Kleriker in seiner Diözese zu reagieren. Zuvor hatte Papst Franziskus den Rücktritt von Edward Janiak, des Bischofs von Kalisz, angenommen. Janiak wird in einem Dokumentarfilm beschuldigt, trotz Hinweisen der Eltern nichts gegen einen Priester unternommen zu haben, der Kinder sexuell missbraucht haben soll. Zum Rücktritt Janiaks, dem ersten eines polnischen Bischofs, sagte Dziwisz in dem TV-Interview, dieser habe "ein neues Kapitel in der polnischen Kirchengeschichte" markiert. (mal)