Erzbistum Köln verteidigt Nicht-Veröffentlichung von Gutachten
Der kommissarische Pressesprecher des Erzbistums Köln, Oliver Schillings, hat die Nicht-Veröffentlichung des Gutachtens der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) zu Fällen sexuellen Missbrauchs und die anschließende Neuvergabe der Studie verteidigt. Durch die im Münchner Gutachten vorhandenen "methodischen Mängel" wäre es nicht möglich gewesen, die Verantwortlichkeiten "sauber" zu identifizieren und zu benennen, sagte Schillings am Dienstag dem Kölner "Domradio". Gleichzeitig wäre das Erzbistum nicht dem Auftrag gerecht geworden, eine Basis für verbesserte Präventions- und Interventionsprozesse zu schaffen. "Sinn und Zweck des Gutachtens ist es, den Aufarbeitungsprozess solide und gerichtsfest vorantreiben zu können", so Schillings.
Der zweite Punkt sei der äußerungsrechtliche Aspekt, so der kommissarische Pressesprecher weiter. "Es geht ja auch um lebende Personen und auch da gilt eine Unschuldsvermutung erst einmal." Mit dem WSW-Gutachten sei es nicht möglich, "gerichtsfest auch in Streitigkeiten reinzugehen oder in einem positiven Sinne auch eine Unschuldsvermutung zu bestätigen oder eben bezweifeln zu können".
Bereits Ende Oktober hatte das Erzbistum bekannt gegeben, das WSW-Gutachten wegen "methodischer Mängel" nicht zu veröffentlichen und stattdessen den Kölner Strafrechtler Björn Gercke mit der Erstellung eines neuen Gutachtens zu beauftragen. Dieser Schritt führte zu teils heftiger Kritik an der Kölner Bistumsleitung um Kardinal Rainer Maria Woelki. Auch die Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl selbst wies die Kritik zurück. Das Bistum Aachen veröffentliche rund einen Monat später ein Gutachten derselben Kanzlei.
Begründung des Gutachterwechsels sei nicht gut genug kommuniziert worden
In der Berichterstattung sowie bei Veranstaltungen habe das Erzbistum in den vergangenen Wochen festgestellt, dass die Begründung des Gutachterwechsels nicht ausreichend und gut genug kommuniziert worden sei, betonte Schillings nun. Daher gewähre man an diesem Dienstag geladenen Journalisten Einsicht in Teile des Münchener Gutachtens. Diese müssten allerdings vorher eine Verschwiegenheitsverpflichtung unterschreiben. "Im Fokus des Gesprächs steht die Methodik, mit der die Münchner Kanzlei das Gutachten erstellt hat", so Schillings. Man wolle die Diskussion dadurch versachlichen.
Später am Tag wurde bekannt, dass die acht geladenen Journalisten die Unterzeichnung der Verschwiegenheitserklärung abgelehnt hatten. Das Pressegespräch wurde daraufhin abgebrochen. Laut der Erklärung hätten sie nicht über Tathergänge, Täter oder benannte Verantwortungsträger berichten dürfen. Die Journalisten lehnten das ab.
Laut dem kommissarischen Pressesprecher sollen auch die Mitglieder des Betroffenenbeirats die Möglichkeit erhalten, das Münchner Gutachten einzusehen. Kardinal Woelki hingegen kenne das Gutachten nicht und werde es auch vorläufig nicht zu Gesicht bekommen, unterstrich Schillings: "Wenn wir jetzt Teildiagnosen bekommen, schreit jemand schon nach Therapie, die wir aber ja auch dann nicht richtig, angemessen und solide durchführen könnten." Deshalb werde das Münchner Gutachten erst im März den Verantwortlichen im Erzbistum zugänglich gemacht, wenn die Ergebnisse des neuen Gutachtens erwartet werden.
Gleichzeitig ist Schillings optimistisch, dass das neue Gutachten zu den Missbrauchsfällen im Erzbistum Köln rechtssicher sein werde. Es gebe bei allen Beteiligten eine sehr konkrete Vorstellung, "welche Standards wir dort sehen". Diese seien von mehreren Juristen definiert worden. "Alleine die Anzahl der nun untersuchten Vorfälle zeigt ja, dass das eine andere Gründlichkeit ist und sehr viel umfassender gearbeitet wird", erläutert Schillings. (mal)
5.1., 19:15 Uhr: Ergänzt um Absatz 5.