Abtreibungswerbung: Verurteilung von Ärztin Hänel rechtskräftig
Die strafrechtliche Verurteilung der Gießener Ärztin Kristina Hänel wegen Werbung für Abtreibungen ist rechtskräftig. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main verwarf Hänels Revision gegen ein entsprechendes Urteil des Landgerichts Gießen, wie das OLG am Dienstagabend mitteilte.
Die Angeklagte habe auf ihrer Homepage nicht nur darüber informiert, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehme. Ihre Homepage enthalte auch ausführliche Informationen und Beschreibungen über das "Wie" der angewandten Methoden, so das OLG. Damit könne sich Hänel nicht auf eine Ausnahme von der Strafbarkeit berufen.
"Nun legen wir Verfassungsbeschwerde ein"
Hänel will nun vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ziehen. "Nun legen wir Verfassungsbeschwerde ein", kündigte die 64-jährige Ärztin auf Twitter an.
Für Hänel hat das OLG-Urteil praktische Konsequenzen: "Nun bin ich leider gezwungen, meine Informationen von der Webseite zu nehmen, sonst wäre ich am Ende finanziell ruiniert", schrieb sie auf Twitter. Wichtig sei es nun, dass alle Personen, die selbst keine Abtreibungen durchführen, über Schwangerschaftsabbrüche informierten. "Bitte tut das jetzt!", bat Hänel. Außerdem schrieb die Gießener Ärztin auf Twitter: "Ach, übrigens hatte ich die Informationen zum Schwangerschaftsabbruch circa 20 Jahre relativ unverändert auf der Homepage. Nun wird es geahndet."
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Das Landgericht Gießen hatte im Dezember 2019 nach einer erneuten Berufungsverhandlung die Verurteilung der Angeklagten bestätigt, aber die ausgesprochene Geldstrafe reduziert. Hänels Revision gegen dieses Urteil wurde nun verworfen.
Die Gießener Ärztin ist jetzt wegen Verstoßes gegen den neugefassten Strafrechtsparagrafen 219a rechtskräftig verurteilt, der "Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft" unter Strafe stellt. Die Norm untersagt das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen von Schwangerschaftsabbrüchen aus finanziellem Vorteil heraus oder wenn dies in grob anstößiger Weise geschieht. Damit soll gewährleistet werden, dass ein Schwangerschaftsabbruch in der Öffentlichkeit nicht wie eine normale ärztliche Dienstleistung dargestellt wird.
Hänel: Jeder Laie darf Informationen und Fehlinformationen verbreiten
Bei der nach einer monatelangen politischen Debatte im Februar 2019 beschlossenen Reform der Strafnorm war der Paragraf 219a StGB gelockert worden. Ärzte dürfen demnach zwar "auf die Tatsache hinweisen", dass sie Abtreibungen vornehmen, aber weiterhin nicht darauf, welche Methoden sie anwenden. Genau das aber habe Hänel auf ihrer Homepage getan, befand das OLG.
Die Angeklagte habe den Tatbestand des neugefassten Paragrafen 219a StGB "in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt". Sie habe "auf ihrer Homepage über eine eigene Schaltfläche offeriert, in ihrer Praxis Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen und die hierfür verwendeten Methoden sowie den konkreten Ablauf erläutert". Dies erfülle die Voraussetzungen des "Anbietens" von Diensten zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen, betonte das OLG Frankfurt.
Jeder Laie dürfe weiterhin über Schwangerschaftsabbrüche Informationen und darüber hinaus auch Fehlinformationen verbreiten, teilte die Ärztin in einer Presseerklärung mit. "Eine Gesetzgebung, die ärztliche Aufklärung und Information verbietet, aber 'fake news' zum Thema ungestraft zulässt, lässt jegliche Rationalität vermissen", schrieb Hänel. Ihr Solidaritätsbündis hat unterdessen Informationen zum Schwangerschaftsabbruch im Internet veröffentlicht. Die Infos habe Hänel bisher auf ihrer Internetseite zur Verfügung gestellt, schreibt das Bündnis "Solidarität für Kristina Hänel" auf seiner Webseite. (cbr/KNA/epd)