Kardinal Cupich widerspricht Konferenzvorsitzendem Gómez

Scharfe Kritik: US-Bischöfe uneins über Haltung zu Präsident Biden

Veröffentlicht am 21.01.2021 um 12:16 Uhr – Lesedauer: 

Chicago/Los Angeles ‐ Nach einigen Höflichkeiten kam der Vorsitzende der US-Bischöfe zur Sache: Ungewöhnlich hart kritisierte er die geplante Politik des neuen Präsidenten. Dagegen wendet sich Chicagos Erzbischof – und auch der Vatikan scheint nicht glücklich zu sein.

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Kardinal Blase Cupich hat die Botschaft des Vorsitzenden der US-Bischofskonferenz (USCCB) zur Amtseinführung von Präsident Joe Biden als "undurchdacht" kritisiert. Über seinen Twitter-Account wandte sich der Erzbischof von Chicago am Mittwoch gegen den Konferenzvorsitzenden José Horacio Gómez, Erzbischof von Los Angeles, der in einer Pressemitteilung deutliche Kritik an der Politik des neuen US-Präsidenten geäußert hatte. Viele Bischöfe seien von dem Schreiben überrascht worden und hätten es nur wenige Stunden vor Veröffentlichung erhalten.

Insbesondere kritisiert Cupich, dass der Verwaltungsrat der Bischofskonferenz nicht beteiligt wurde. Dem Gremium gehören die Vorsitzenden der Ausschüsse der USCCB sowie Vertreter der "Bischöflichen Regionen", in die die USA unterteilt sind, an und entspricht in seinen Aufgaben ungefähr dem Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz. Cupich fordert eine Aufklärung der von ihm in der Sache festgestellten "institutionellen Fehler". "Ich werde gern dazu beitragen, so dass wir im Geist des Evangeliums die Einheit der Kirche aufbauen und gemeinsam die Arbeit zur Heilung unserer Nation in diesem Moment der Krise aufnehmen können", so der Kardinal.

Vatikan soll Veröffentlichung kritisch sehen

Gómez hatte unmittelbar nach Präsident Bidens Amtseinführung eine ungewöhnlich lange und kritische Stellungnahme veröffentlicht. Darin hatte er die Hoffnung ausgedrückt, dass Gott ihm Weisheit und Mut schenke, "diese großartige Nation zu führen" und die Wunden durch die Pandemie und die Spaltung des Landes zu überwinden. Er müsse aber auch feststellen, dass zur angekündigten Politik der neuen Regierung auch Vorhaben gehören, "die moralische Übel mit sich bringen und menschliches Leben und Würde bedrohen, vor allem im Bereich Abtreibung, Verhütung, Ehe und Gender". Die Religionfreiheit der Kirche und der Gläubigen seien in Gefahr. Im Archiv der Pressemeldungen der USCCB finden sich zu den Amtseinführungen der letzten US-Präsidenten keine Stellungnahmen.

Die Grußbotschaft von Papst Franziskus, die ebenfalls am Tag der Amtseinführung veröffentlicht wurde, ging nicht auf kontroverse Themen ein und beschränkte sich auf Gratulation und Segenswünsche des Papstes. "Ich bete dafür, dass Ihre Entscheidungen von der Sorge um den Aufbau einer Gesellschaft geleitet werden, die von echter Gerechtigkeit und Freiheit geprägt ist, zusammen mit der unbedingten Achtung der Rechte und der Würde jedes Menschen, insbesondere der Armen, der Schwachen und derer, die keine Stimme haben", so der Papst. Unbestätigten Medienberichten zufolge soll das vatikanische Staatsekretariat versucht haben, die Veröffentlichung von Gómez' Stellungnahme zu verhindern, das ursprünglich schon vor der Amtseinführung hätte veröffentlicht werden sollen. Das Jesuiten-Magazin "America" zitiert eine anonyme Quelle im Vatikan, derzufolge die Stellungnahme als "äußerst unglücklich" eingeschätzt werde und die Gefahr berge, noch größere Spaltungen in der US-amerikanischen Kirche zu erzeugen. (fxn)