Nach kritischer Stellungnahme: Erzbischof Cordileone gibt Gómez Rückendeckung

US-Bischöfe ringen weiter um Haltung zu Präsident Biden

Veröffentlicht am 22.01.2021 um 15:37 Uhr – Lesedauer: 

Washington ‐ Der Streit um die ungewöhnlich kritische Stellungnahme des Vorsitzenden der US-Bischofskonferenz, José Gómez, zum neuen US-Präsidenten geht weiter. Unterstützung bekommt er von Erzbischof Salvatore Cordileone – und Kritik von Kardinal Joseph Tobin.

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Die Kontroverse innerhalb der US-Bischofskonferenz über die ungewöhnlich deutliche Kritik ihres Vorsitzenden Erzbischof José Gómez an Präsident Biden in der Abtreibungsfrage weitet sich aus.

Rückendeckung erhielt Gomez vom Erzbischof von San Francisco, Salvatore Cordileone. Er sei Gómez dankbar dafür, in seiner Erklärung am Tag der Vereidigung Bidens das Thema Abtreibung zur Priorität erhoben zu haben. Cordileone kritisierte auch die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, eine praktizierende Katholikin aus seiner Erzdiözese, die wie Biden für die Straffreiheit von Schwangerschaftsabbrüchen eintritt. "Kein Katholik kann mit gutem Gewissen Abtreibung befürworten", betonte Cordileone am Donnerstag (Ortszeit). "Unser Land ist mit dem Blut der Unschuldigen getränkt, und das muss aufhören."

Kardinal Joseph W. Tobin, Erzbischof von Newark, zeigte sich verwundert, "wie Biden seinen katholischen Glauben mit seiner Haltung zu Abtreibungsrechten in Einklang bringen kann", kritisierte aber die konservative Mehrheit in der US-Bischofskonferenz (USCCB). Diese habe "sehr harte Worte benutzen und deswegen jede Kommunikation mit dem Präsidenten abbrechen wollen".

Zuvor hatte Kardinal Blase Cupich, Erzbischof von Chicago, die Erklärung des USCCB-Vorsitzenden mit deutlichen Worten kritisiert. Erzbischof Jose Gomez habe "eine unüberlegte Erklärung abgegeben", so Cupich auf Twitter. Zudem habe Gomez seine Kritik im Alleingang ausgearbeitet. Diese "internen institutionellen Versäumnisse, müssen angegangen werden", forderte Cupich. Die Erklärung habe die Bischöfe völlig unvorbereitet erreicht, da sie nur Stunden vor Bidens Vereidigung davon Kenntnis erhielten.

Versuche, kritische Stellungnahme zu verhindern

Gómez hatte unmittelbar nach Präsident Bidens Amtseinführung eine ungewöhnlich lange und kritische Stellungnahme veröffentlicht. Darin hatte er die Hoffnung ausgedrückt, dass Gott ihm Weisheit und Mut schenke, "diese großartige Nation zu führen" und die Wunden durch die Pandemie und die Spaltung des Landes zu überwinden. Er müsse aber auch feststellen, dass zur angekündigten Politik der neuen Regierung auch Vorhaben gehören, "die moralische Übel mit sich bringen und menschliches Leben und Würde bedrohen, vor allem im Bereich Abtreibung, Verhütung, Ehe und Gender". Die Religionfreiheit der Kirche und der Gläubigen seien in Gefahr. "Wir können nicht still sein, wenn in unserem Land jährlich fast eine Million ungeborene Leben durch Abtreibungen weggeworfen werden", schrieb Gómez. Cupich hatte am Tag der Amtseinführung Bidens versucht, zusammen mit anderen Bischöfen eine positivere Erklärung innerhalb der USCCB durchzusetzen.

Die Grußbotschaft von Papst Franziskus, die ebenfalls am Tag der Amtseinführung veröffentlicht wurde, ging nicht auf kontroverse Themen ein und beschränkte sich auf Gratulation und Segenswünsche des Papstes. "Ich bete dafür, dass Ihre Entscheidungen von der Sorge um den Aufbau einer Gesellschaft geleitet werden, die von echter Gerechtigkeit und Freiheit geprägt ist, zusammen mit der unbedingten Achtung der Rechte und der Würde jedes Menschen, insbesondere der Armen, der Schwachen und derer, die keine Stimme haben", so der PapstUnbestätigten Medienberichten zufolge soll das vatikanische Staatsekretariat versucht haben, die Veröffentlichung von Gómez' Stellungnahme zu verhindern, das ursprünglich schon vor der Amtseinführung hätte veröffentlicht werden sollen. Das Jesuiten-Magazin "America" zitiert eine anonyme Quelle im Vatikan, derzufolge die Stellungnahme als "äußerst unglücklich" eingeschätzt werde und die Gefahr berge, noch größere Spaltungen in der US-amerikanischen Kirche zu erzeugen. (cbr/KNA)