"Wir und unsere Mitbischöfe lehnen dieses Vorgehen entschieden ab"

Biden hebt Abtreibungsbeschränkungen auf – Bischöfe üben Kritik

Veröffentlicht am 29.01.2021 um 10:53 Uhr – Lesedauer: 

Washington ‐ Die Entscheidung des Präsidenten sei unvereinbar mit der katholischen Lehre, unethisch und verletzte die Menschenwürde: Die US-Bischöfe kritisieren Joe Biden wegen der Aufhebung eines Abtreibungsdekrets scharf.

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US-Präsident Joe Biden hat die sogenannte Mexiko-City-Politik seines Vorgängers Donald Trump am Donnerstag Ortszeit per Dekret aufgehoben. Das Memorandum schloss bislang alle Nichtregierungsorganisationen von öffentlicher Finanzierung aus, die Abtreibungen im Ausland anbieten oder fördern. Präsident Ronald Reagan hatte die Verordnung 1984 erlassen. Seitdem wurde sie von jedem republikanischen Präsidenten weitergeführt und von jedem demokratischen Präsidenten widerrufen.

Die katholische Kirche und weitere Abtreibungsgegner in den USA kritisierten diesen Schritt. "Es ist bedauerlich, dass eine der ersten Amtshandlungen von Präsident Biden aktiv die Zerstörung von Menschenleben in Entwicklungsländern fördert", heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Mitteilung der US-Bischofskonferenz. Erzbischof Joseph Naumann von Kansas City, in der Bischofskonferenz zuständig für Pro-Life-Aktivitäten, und Bischof David Malloy von Rockford, Vorsitzender des Kommission für Gerechtigkeit und Frieden, betonen darin, die Entscheidung des Präsidenten sei unvereinbar mit der katholischen Lehre, unethisch und verletzte die Menschenwürde.

"Wir und unsere Mitbischöfe lehnen dieses Vorgehen entschieden ab. Wir bitten den Präsidenten eindringlich, sein Amt zum Guten zu nutzen und den Schwächsten, einschließlich der ungeborenen Kinder, Vorrang zu geben", so die Bischöfe. Die katholische Kirche sei bereit, mit der Regierung zusammenzuarbeiten und die Gesundheit von Frauen weltweit "in einer Weise zu fördern, die die ganzheitliche menschliche Entwicklung vorantreibt und die angeborenen Menschenrechte sowie die Würde jedes menschlichen Lebens, beginnend im Mutterleib, schützt".

"Abscheulich und zutiefst beunruhigender Schritt"

Als "abscheulich und einen zutiefst beunruhigenden Schritt" bezeichnete die Präsidentin des "March for Life", Jeanne Mancini, die Entscheidung des Präsidenten. Der Präsident der "Franciscan University of Steubenville", Dave Pivonka, betonte, Bidens Politik fördere und erleichtere "die schädliche Praxis der Abtreibung". Einen "direkten Anstieg der Abtreibungen weltweit", befürchtet der Präsident der Trump-nahen Organisation "CatholicVote", Brian Burch. Die Entscheidung Bidens sei besonders beschämend, da sich der Präsident "als frommer Katholik" bezeichne.

Laut einer aktuellen Umfrage des katholischen Meinungsforschungsinstituts "Marist Poll" im Auftrag der katholischen Laienvereinigung "Kolumbusritter" lehnen 77 Prozent der US-Amerikaner steuerfinanzierte Abtreibungen im Ausland ab. An diesem Freitag demonstrieren Abtreibungsgegner in den USA bei ihrem traditionellen "March for Live" gegen die Grundsatzentscheidung des obersten US-Gerichtshofs von 1974. In dem Urteil "Roe vs. Wade" hatten die Richter Abtreibungen zur Privatangelegenheit erklärt. Der Marsch findet in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie virtuell statt.

Bereits seit der Wahl Bidens ringen die US-Bischöfe um ihre Haltung zum neuen Präsidenten. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Los Angeles' Erzbischof José Horacio Gómez, hatte unmittelbar nach Bidens Amtseinführung eine ungewöhnlich lange und kritische Stellungnahme veröffentlicht. Er müsse feststellen, dass zur angekündigten Politik der neuen Regierung auch Vorhaben gehören, "die moralische Übel mit sich bringen und menschliches Leben und Würde bedrohen, vor allem im Bereich Abtreibung, Verhütung, Ehe und Gender", so Gómez. Die Religionfreiheit der Kirche und der Gläubigen sei in Gefahr. Der Erzbischof hatte dafür sowohl Zustimmung als auch kritik in den eigenen Reihen erfahren. Die Kontroverse weitete sich am Wochenende aus. Zuletzt erntete ein von Joe Biden unterzeichnetes Dekret gegen Diskriminierung wegen der Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung Kritik der Bischofskonferenz. Mehrere Bischöfe erklärten danach jedoch LGBT-Jugendlichen ihre Solidarität. - Biden ist nach John F. Kennedy der zweite katholische Politiker an der Spitze der Vereinigten Staaten. (tmg/KNA)