Mitarbeitervertreter enttäuscht von "mangelnder Solidarität"

Pflege-Flächentarif: Caritas-Präsident Neher gegen neue Abstimmung

Veröffentlicht am 11.03.2021 um 13:36 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Die Diskussion um das Aus für den Flächentarif in der Pflege geht weiter: Während Caritas-Präsident Peter Neher die Ablehnung nicht noch einmal ändern will, klagen die Mitarbeitervertreter über verlorenes Vertrauen und mangelnde Solidarität.

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Die Diskussion um das Scheitern des Flächentarifs in der Pflege durch eine Entscheidung der arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas reißt nicht ab. Während Caritas-Präsident Peter Neher am Donnerstag gegenüber "Zeit online" betonte, dass es keine Grundlage dafür gebe, die Entscheidung noch einmal zu revidieren, zeigte sich die Interessensgemeinschaft der Mitarbeitenden in Caritas und Kirche (IG-MiCK) am Mittwochabend in einer Pressemitteilung weiterhin enttäuscht von der "mangelnden Solidarität der Dienstgeberseite".

Neher selbst hätte zwar einem bundesweiten Tarif zugestimmt, er respektiere aber die Entscheidung der Kommission, die ordnungsgemäß getroffen worden sei. "Wir können das nicht einfach rückgängig machen oder wiederholen." Neher betonte zugleich, dass dadurch ein "riesiger öffentlicher Schaden entstanden" sei, unter dem die ganze Caritas leide. Kein Verständnis habe der Caritas-Präsident angesichts der Proteste von Gewerkschaften gegen den Sozialverband. Er frage sich, "weshalb die Gewerkschaft bei uns protestiert und nicht dort, wo Dumpinglöhne gezahlt werden", so Neher angesichts der von der Gewerkschaft Ver.di in Ostdeutschland ausgehandelten Tarifverträge, die deutlich hinter dem Niveau der Caritas-Regelungen zurückblieben. Neher sprach sich für eine grundlegende Pflegereform aus. Die Pflegemindestlohnkommission, an der auch Vertreter der Caritas beteiligt sind, müssten sich für höhere Löhne einsetzen.

Dienstnehmerseite sieht Vertrauen zerstört

Die in der IG-MiCK zusammengeschlossenen Gremien der Mitarbeiterseiten der arbeitsrechlichen Kommissionen in verfasster Kirche (Zentral-KODA) und Caritas (ak.mas) und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen (BAG-MAV) sieht durch die Entscheidung der Arbeitsrechtlichen Kommission die Glaubwürdigkeit der Kirche beschädigt. "Dass wir jenen, die ohne Tarif beschäftigt sind, durch unsere Zustimmung bessere Arbeitsbedingungen ermöglichen, ist zuvor von Vielen in der Gesellschaft, der Politik aber auch aus der Caritas und der Kirche erwartet worden", so die Erklärung. "Die Dienstgeberseite in der AK hat diese Zustimmung verweigert – eine große Chance ist verpasst, Erwartungen sind enttäuscht worden, der Ruf der Caritas und der Kirche hat in ohnehin schwierigen Zeiten zusätzlich gelitten", so die Mitarbeitendenvertreter weiter.

Die Arbeitsrechtliche Kommission hatte Ende Februar einem Antrag auf flächendeckende Einführung des von dem relativ kleinen Pflege-Arbeitgeberverband BVAP und der Gewerkschaft Ver.di ausgehandelten Tarifvertrags überraschend nicht zugestimmt. Die Dienstgeberseite hatte Befürchtungen geäußert, dass ein Flächentarif die Pflicht von Kostenträgern zur Refinanzierung der höheren Caritas-Sätze gefährden würde. Dem traten Vertreter der Dienstnehmerseite entgegen. Die Ablehnung des Flächentarifs hatte zu einer großen öffentlichen Debatte geführt. Unter anderem hatten sich 17 katholische Professoren für Sozialethik mit einer Stellungnahme gegen den Beschluss gewandt und die Caritas aufgefordert, noch einmal neu zu entscheiden. (fxn)