"Diese Stellungnahme aus Rom macht mich fassungslos"
Die Stellungnahme der vatikanischen Glaubenskongregation zur Frage einer kirchlichen Segnung homosexueller Paare ist deutlich. Ebenso deutlich sind jedoch die Reaktionen auf das "Nein" der Kongregation – sowohl von Befürwortern, als auch von Kritikern der Stellungnahme. Katholisch.de dokumentiert ausgewählte Reaktionen und Zitate aus der Kirche – sowie von einem internationalen Popstar.
Es gibt keine einfachen Antworten
"Die heute Mittag veröffentlichte Note der Kongregation für die Glaubenslehre widmet sich der Frage, ob die Kirche die Vollmacht habe, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts zu segnen. Diese Frage wird verneint. Die Glaubenskongregation gibt dabei den Stand der kirchlichen Lehre wieder, wie er sich in mehreren römischen Dokumenten spiegelt. In Deutschland und in anderen Teilen der Weltkirche gibt es seit längerem Diskussionen, in welcher Weise diese Lehre und Lehrentwicklung allgemein mit tragfähigen Argumenten vorangebracht werden kann – auf der Basis grundlegender Wahrheiten des Glaubens und der Moral, der fortschreitenden theologischen Reflexion und ebenso in Offenheit für neuere Ergebnisse der Humanwissenschaften und der Lebenssituationen heutiger Menschen. Auf Fragen dieser Art gibt es keine einfachen Antworten."
Auszug aus einer am Montagnachmittag verbreiteten Stellungnahme des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing.
Die Stärkung von Ehe und Familie als Ziel
"Die Kongregation betont, dass die Kirche keine Möglichkeit sieht, gleichgeschlechtlichen Partnerschaften einen kirchlichen Segen zu spenden. Ziel der römischen Erklärung ist die Unterstützung und Stärkung von Ehe und Familie. Der biblisch-kirchliche Ehebegriff bezieht sich auf die bleibende Verbindung von Mann und Frau als Bund, dem der besondere Segen Gottes gilt. Das biblisch-kirchliche Ehekonzept unterscheidet sich somit von der heutigen gesetzlichen Definition der Ehe. Gleichzeitig gilt für die Pastoral, wozu uns Papst Franziskus mehrfach aufgerufen hat: alle Menschen unabhängig von Geschlecht und geschlechtlicher Orientierung in ihrer Würde zu achten, sie anzunehmen und immer neu einzuladen in die Gemeinschaft der Kirche."
Auszug aus der Stellungnahme des Eichstätter Bischofs Gregor Maria Hanke.
Selbstverständlich können homosexuelle Menschen gesegnet werden – aber...
"Selbstverständlich können homosexuelle Menschen gesegnet werden. Durch einen solchen Segen können sie – wie jeder andere – die Hilfe Gottes erbitten und empfangen. Das ist aber etwas anderes als ihre Partnerschaft zu segnen. In der Praxis einer öffentlichen Segnung mit Gemeindebeteiligung (die ja dann gewünscht wäre) würde das aus meiner Sicht in kurzer Zeit in der öffentlichen Wahrnehmung und im Verständnis der Gläubigen zu Verwechslungen mit einer kirchlichen Trauung führen. Darum bin ich gegen eine solche Segnung."
Der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt in einem auf der Internetseite seines Bistums veröffentlichten Interview.
Auftrag und Ansporn
"Nach der gestrigen Veröffentlichung der Glaubenskongregation haben mich viele Rückmeldungen erreicht, die ihr Unverständnis und ihre Enttäuschung über die Aussage der Erklärung äußern. Ich nehme wahr, wie viele gläubige Menschen dadurch enttäuscht und verletzt sind, keineswegs nur unmittelbar Betroffene. Ich nehme dies sehr ernst. Auch mich treibt das Thema um. Gleichzeitig nehme ich dies als Auftrag und Ansporn, dass wir im Bistum Mainz verstärkt seelsorgliche Angebote und Konzepte entwickeln für und insbesondere: gemeinsam mit homosexuellen Menschen. Und ich bin allen Betroffenen dankbar, denen daran gelegen ist, mit unserer Kirche in Verbindung zu bleiben."
Auszug aus der Stellungnahme des Mainzer Bischofs Peter Kohlgraf.
Alle Menschen in ihrer Würde achten und annehmen
"Die römische Glaubenskongregation hat mit Bestätigung durch Papst Franziskus eine Klarstellung in einer Frage gebracht, die die Kirche in Deutschland, aber auch weltweit gerade intensiv beschäftigt und zu Polarisierungen führt. Daher bin ich dankbar für diese Äußerung des Lehramtes und verbinde damit die Hoffnung, dass sie Orientierung gibt und damit auch größere Einmütigkeit befördert. Die Kirche – so das Dokument – hat keine Vollmacht, gleichgeschlechtlichen Partnerschaften einen kirchlichen Segen zu spenden. Papst Franziskus hat aber immer wieder herausgestellt, dass ein solches Festhalten an bisher geltender Position zugleich bedeuten muss, mit größerer Aufmerksamkeit alle Menschen unabhängig von Geschlecht und geschlechtlicher Orientierung in ihrer Würde zu achten, sie anzunehmen und immer neu einzuladen in die Gemeinschaft der Kirche und auf den Weg des Glaubens. Diese Auffassung teile ich mit voller Überzeugung."
Auszug aus der Stellungnahme von Passaus Bischof Stefan Oster.
Weiterhin an der Seite aller Menschen
"Wir werden mit unseren seelsorglichen Angeboten auch weiterhin alle Menschen begleiten, wenn sie darum bitten – ganz gleich in welcher Lebenssituation."
Aus der Stellungnahme von Essens Bischofs Franz-Josef Overbeck.
Das römische Schreiben ist für mich enttäuschend
"Das römische Schreiben mit der Ablehnung von Segenshandlungen für gleichgeschlechtliche Paare ist für mich enttäuschend. Dieses Schreiben gibt die augenblickliche katholische Lehre wieder und zeigt keine Weiterentwicklung aufgrund heutiger humanwissenschaftlicher Erkenntnisse und gegenwärtiger pastoraler Notwendigkeiten. Ich erhoffe mir eine Fortschreibung und Neupositionierung aufgrund der Äußerungen des Papstes in seinem Schreiben 'Amoris Laetitia'. Dort wünscht der Papst, dass in der Kirche pastorale Ausgrenzungen zu überwinden und die Menschen seelsorglich zu begleiten und zu integrieren sind. Das sollte nicht nur ein Wunsch bleiben, sondern auch erlebbar werden. Trotz der Ablehnung aus Rom wird das Thema der Segnungen von gleichgeschlechtlichen Paaren damit noch nicht beendet sein."
Stellungnahme von Dresdens Bischof Heinrich Timmerevers.
Danke für die Klarstellung
"Ich begrüße das Responsum der Glaubenskongregation und danke für die darin enthaltene Klarstellung. Die Glaubenskongregation hat deutlich gemacht, dass die Kirche nicht die Vollmacht hat, gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu segnen. Papst Franziskus hat die Veröffentlichung des Dokumentes und der begleitenden Erläuterungen gutgeheißen. Mit dem Papst und den Mitgliedern der Familiensynode von 2015 unterstreiche ich zugleich, 'dass jeder Mensch, unabhängig von seiner sexuellen Orientierung, in seiner Würde geachtet und mit Respekt aufgenommen werden soll und sorgsam zu vermeiden ist, ihn 'in irgendeiner Weise ungerecht zurückzusetzen'' (Amoris laetitia 250)."
Auszug aus einer am Montag veröffentlichten Stellungnahme von Regensburgs Bischof Rudolf Voderholzer.
Ärger, Zorn und Frust
Heute abend habe ich den Wortlaut der vatikanischen Verlautbarung vollständig lesen können. Sprache und Inhalt sind erschreckend. Der Höhepunkt: Da wird eine Segnung von Paaren für "unzulässig" erklärt, weil ihre Lebenspraxis nicht "objektiv auf die geoffenbarten Pläne Gottes hingeordnet" sei. Unfassbar. Ich kann allen Ärger, Zorn und Frust von so vielen Menschen verstehen.
Auszug aus einer Stellungnahme des Essener Generalvikars Klaus Pfeffer am Montagabend auf Facebook.
Schockiert und fassungslos
"Während wir gestern im Priesterrat tagten, erreichte mich die Stellungnahme der Glaubenskongregation zur Segnung von homosexuellen Paaren. Ich bin immer noch schockiert und fassungslos. Nach einer Nacht und der gerade stattgefundenen Feier der hl. Messe bin ich aber fest davon überzeugt, dass ich meine Fassungslosigkeit nicht für mich behalten darf. Ich will nicht länger schweigen. Natürlich ist mir klar, was jetzt wieder alles passiert: unzählige Mails und Briefe ich bekomme in denen mir aufrechte Katholiken sagen werden, dass ich in die Hölle kommen werde, endlich gehen soll usw. Aber wenn man immer schweigt und seine Enttäuschung, Frustration und Fassungslosigkeit immer nur still runter schluckt, verrät man dann nicht irgendwann seine eigenen Überzeugungen? Kommt dann nicht irgendwann der Tag an dem man sich selbst nicht mehr erkennt? Das will und kann ich nicht!"
Auszug aus einer Stellungnahme des Speyerer Generalvikars Andreas Sturm auf Facebook.
Ich glaub's ja nicht…
"Ich glaub's ja nicht… im wahrsten Sinne des Wortes. Diese Stellungnahme aus Rom macht mich fassungslos. Wenn die Kirche keine Vollmacht hat zu segnen, wo immer Menschen sich nach Segen sehnen: hat sie da nicht ihre ureigenste Aufgabe aufgegeben? Segen ist doch kein Instrument für moralisches Urteil! Sondern die Zusage, dass Gott da ist, das er mit uns geht. In guten wie in schweren Stunden. Was für eine Hybris zu glauben, wir müssten Gott vor mutmaßlich sündigen Situationen schützen; wir müssten den Segen Gottes schützen, dass ja er nicht die 'Falschen' erreicht. Den Gott, der Mensch geworden ist, und sich in diese sündige Welt hineinbegeben hat, zu unserem Segen."
Der Wormser Dompropst Tobias Schäfer in einem vielbachteten Statement auf Facebook.
Die Kirche ist dazu berufen, Menschen zu segnen
"Die Kirche ist dazu berufen, Menschen zu segnen. Sie ist nicht dazu berufen, Menschen, die darum bitten, den Segen Gottes vorzuenthalten."
Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), in einer am Montag veröffentlichten Pressemitteilung.
Was müssen wir noch alles ertragen?
"Sie sollten sich schämen die Römer. Das ist menschenverachtend. Das ist nicht mein Verständnis von Nächstenliebe und Seelsorge. Was müssen wir noch alles ertragen?"
ZdK-Vizepräsidentin Karin Kortmann auf Facebook.
Es gibt Wichtigeres
"Meine Meinung ist: Rom nicht ernst nehmen und in der Seelsorge weitermachen. Es gibt Wichtigeres als dumme Papiere!"
Der Berliner Hochschulseelsorger Pater Max Cappabianca auf Twitter.
Wir lehnen die Haltung aus Rom ab
"Als Berufsverband der Pastoralreferent*innen Deutschlands e.V. lehnen wir die am 15.03.2021 veröffentlichte Haltung aus Rom zur Weigerung der Segnung homosexueller Paare klar ab. Wir setzen uns weiterhin für die Anerkennung gleichgeschlchtlicher Paare ein. Menschen dürfen nicht aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Lebensform diskriminiert werden. Pastoralreferent*innen begleiten und segnen seit vielen Jahren homosexuelle Menschen und werden es weiter tun. Wir rufen auch alle Bischöfe, Priester, Diakone, Pastoral- und Gemeindereferent*innen dazu auf. Wir werden weiterhin auf dem Synodalen Weg und an allen anderen geeigneten Orten über dieses Thema sprechen. Die Diskussion lässt sich mit einem römischen "Basta" nicht beenden."
Stellungnahme des Berufsverbands der Pastoralreferent*innen Deutschlands e.V.
Gottes geschenkte Liebe weiterzugeben kann nicht sündhaft sein
"Wir verurteilen, dass die Glaubenskongregation (und damit der Vatikan) noch immer nicht verstanden haben, dass gleichgeschlechtliche Beziehungen genauso tragende, verantwortungsvolle und bewusst eingegangene Beziehungen sind wie die zwischen Mann und Frau. Wir widersprechen dem Argument, gleichgeschlechtliche Beziehungen seien Sünde, vehement. Die aufrichtige, gleichberechtigte Liebe zweier Menschen zueinander kann für uns keine Sünde sein – egal ob in gleich- oder gemischtgeschlechtlichen Beziehungen. Wir sind der festen Überzeugung, dass Gottes geschenkte Liebe weiterzugeben nicht sündhaft sein kann."
Auszug aus der Stellungnahme des Bundesverbands der Katholischen jungen Gemeinde (KjG) auf Facebook.
Entspricht nicht der jesuanischen Botschaft
Die Haltung der vatikanischen Glaubenskongregation, homosexuellen Paaren den Segen zu verweigern, lehnen wir als Theologinnen ab. Gottes Segen darf vor der Lebenswirklichkeit der Menschen nicht haltmachen. Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung oder Lebensformen zu diskriminieren entspricht nicht der der jesuanischen Botschaft. Wir setzen uns solidarisch für die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare ein und unterstützen den Diskurs über gelingende Beziehungen im Synodalen Weg.
#Heuchelei
"Wie kann der Vatikan sich weigern, schwule Ehen zu segnen, weil sie 'Sünde sind' und dennoch glücklich davon profitieren, Millionen in 'Rocketman' zu investieren – einen Film, der mein Glück aus meiner Ehe mit David feiert?" #Heuchelei
Popstar Elton John stellte bei Twitter einen Zusammenhang her zwischen dem "Nein" der Glaubenskongregation und Gerüchten, wonach der Vatikan 2019 über einen Private-Equity-Fonds unter anderem Elton Johns Filmbiografie "Rocketman" mitfinanziert haben soll.