Dogmatiker und Fundamentaltheologen kritisieren Nein zu Homo-Segnungen
Die Arbeitsgemeinschaft Katholische Dogmatik und Fundamentaltheologie fordert mit Blick auf das Nein der Glaubenskongregation zur Segnung homosexueller Partnerschaften, das "argumentative Niveau der Gegenwart" nicht zu unterschreiten. In einer am Freitag im Münsteraner Forum für Theologie und Kirche publizierten Stellungnahme betonen die Theologen, dass offene Fragen offen bearbeitet werden müssen: "Wer offene Fragen und Prozesse machtförmig abzuschließen versucht, beschädigt die Autorität des kirchlichen Lehramtes, die Bedeutung des sensus fidei fidelium und die Einübung in partizipative, die Zeichen der Zeit aufnehmende synodale Beratungsprozesse", so die Stellungnahme. Christlicher Glaube müsse "intellektuell und existenziell plausibilisierbar" sein.
Mit der Stellungnahme reagiert der von dem Salzburger Gregor Maria Hoff und der Erfurterin Julia Knop geleitete Zusammenschluss von Professoren der Dogmatik und Fundamentaltheologie auf das am Montag von der vatikanischen Glaubenskongregation veröffentliche "Responsum ad dubium über die Segnung von Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts", das die Frage nach der Vollmacht der Kirche für eine derartige Segnung mit einem klaren "Nein" beantwortet hatte. In der beigefügten erläuternden Note bezog sich die Kongregation auf die Lehre der Kirche und die Gefahr einer Verwechslung liturgischer Segensfeiern mit dem Sakrament der Ehe. Die Theologen sehen in dem Responsum einen Eingriff in einen kirchlichen Beratungsprozess, in dem ausgelotet werde, "welche theologischen, pastoralen und liturgischen Konsequenzen aus einer seit längerem interdisziplinär erneuerten und gegenüber früheren Voten korrigierten Wahrnehmung diverser sexueller Identitäten und Orientierungen zu ziehen sind".
Fragen nach Korrektur der Lehre aufgeworfen
Dabei verweisen sie auf Entwicklungen und Erkenntnisfortschritte der systematischen Theologie in den Bereichen der Anthropologie und Geschlechteranthropologie, der Sexualethik, der Theologie von Ehe, Partnerschaft und Familie, aber auch der Sakramenten- und Liturgietheologie. "Komplexe Wirklichkeiten verlangen Antworten auf dem entsprechenden Herausforderungsniveau. Sie rechtfertigen keine undifferenzierte Ablehnung jeglicher Paarsegnungen jenseits der heterosexuellen Ehe mehr", heißt es in der vom achtköpfigen Vorstand der Arbeitsgemeinschaft unterzeichneten Erklärung. Diese Wirklichkeiten würden die Frage nach einer Weiterentwicklung und Korrektur der kirchlichen Lehre aufwerfen. Entwicklungen in anderen christlichen Konfessionen und bei der Anerkennung gleichgeschlechtlicher Beziehungen in offenen demokratischen Gesellschaften seien als theologische Herausforderungen wahrzunehmen.
Das am Montag veröffentlichte Schreiben der Glaubenskongregation hat vor allem im deutschsprachigen Raum für Diskussion und Proteste gesorgt. In Österreich und Deutschland haben sich mittlerweile über 2.000 Priester und andere hauptberufliche Seelsorgerinnen und Seelsorger dazu bekannt, auch weiterhin gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu segnen. Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck erklärte am Freitag, dass die Lehre der Kirche "dringend eine erweiterte Sichtweise auf die menschliche Sexualität" benötige, zuvor hatten bereits weitere Bischöfe das Schreiben kritisiert. Zustimmung für das Papier der Glaubenskongregation gab es durch den Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt, den Passauer Bischof Stefan Oster und bereits am Montag durch den Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer, der seit 2014 selbst Mitglied der Kongregation für die Glaubenslehre ist.
Die "Arbeitsgemeinschaft katholische Dogmatik und Fundamentaltheologie des deutschen Sprachraums" ist der Zusammenschluss der an Universitäten und Hochschulen lehrenden und forschenden oder emeritierten Professoren der Dogmatik und Fundamentaltheologie sowie der in diesen Fächern Habilitierten. Der Arbeitsgemeinschaft gehören derzeit etwa 240 Mitglieder vor allem aus Deutschland, Österreich und der Schweiz an. (fxn)