Kardinal Woelki verteidigt Vatikan-Nein zu Segnung homosexueller Paare
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat das Nein des Vatikan zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare verteidigt. Der Erzbischof sehe darin "eine Stärkung des katholischen Ehe- und Familienverständnisses", teilte das Erzbistum Köln dem Bonner "General-Anzeiger" (Mittwoch) auf Anfrage mit. In den vergangenen Tagen hatten unter anderem mehrere Bischöfe, mehr als 230 Theologieprofessoren und auch katholische Laienorganisationen wie der Kölner Diözesanrat zum Teil heftige Kritik an der Position der vatikanischen Glaubenskongregation geübt.
Woelki fügte laut Zeitung hinzu, er werde sich "weiterhin dafür einsetzen, dass wir Menschen einander - gleich welcher sexuellen Orientierung auch immer - mit Respekt, gegenseitiger Achtung und Wertschätzung begegnen". Es bleibe "für uns die Aufgabe, die mit der kirchlichen Beheimatung und Seelsorge für Menschen mit gleichgeschlechtlicher Neigung verbundenen Fragen weiterzuführen", so der Kölner Erzbischof.
Genn: Keine Sanktionen für Seelsorger
Münsters Bischof Felix Genn sprach sich nach dem vatikanischen Nein dagegen für eine Weiterentwicklung der kirchlichen Lehre aus. Sanktionen gegen Seelsorger werde es nicht geben. Zur Weiterentwicklung der Lehre sei der "Dialog mit der Lebenswirklichkeit der Menschen und den Einsichten der Humanwissenschaften" notwendig, betont Genn am Dienstag laut der Facebook-Seite des Bistums Münster. Das geschehe derzeit beim Synodalen Weg, dem von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) initiierten Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland.
Der Bischof danke allen Seelsorgern in der Diözese, die homosexuelle Menschen erfahren ließen, dass sie angenommen und begleitet werden. Genn machte klar, im Bistum Münster werde es "keine Konsequenzen oder Sanktionen gegen Priester geben, die sich so verhalten, wie sie es aufgrund ihres seelsorglichen Auftrags und ihres Gewissens im Dienst an den Menschen für richtig halten".
Die Interfranziskanische Arbeitsgemeinschaft (INFAG) reagierte unterdessen mit Empörung auf das Nein der vatikanischen Glaubenskongregation zur Segnung homosexueller Paare. "Eine Zusage der Heilszuwendung Gottes in Form eines Segens Menschen zu verweigern, die aufrichtig darum bitten, halten wir für nicht akzeptabel", heißt es in einer Stellungnahme der INFAG vom Mittwoch. Das Schreiben der Glaubenskongregation verschließe die Augen "vor der Lebenswirklichkeit unserer Zeit" und verletze Menschen, die einander aufrichtig liebten und ihren Weg im Glauben suchten.
Zudem würden die Bemühungen "um einer erneuerte Sexualmoral in der aktuellen theologischen Debatte" ausgeblendet, kritisiert die INFAG weiter. Das Schreiben dokumentiere damit "ein erschreckendes Maß an humanwissenschaftlicher, theologischer und pastoraler Ignoranz". Zudem sei sein "doktrinär patriarchaler Kommunikationsstil" befremdlich. Die Arbeitsgemeinschaft erklärte ihre Unterstützung für die Bemühungen mehrerer deutscher Bischöfe, "angemessene rituelle Formen für homosexuelle Paare zu erarbeiten und zu gestalten". - Die INFAG wurde eigenen Angaben zufolge 1982 mit dem Zweck gegründet, das franziskanische Erbe in Kirche und Gesellschaft zu erhalten. Die Geschäftsstelle befindet sich in Würzburg.
Der Freiburger Theologe Helmut Hoping sieht im vatikanischen Nein zu Segensfeiern für homosexuelle Paare eine direkte Reaktion auf entsprechende Diskussionen in der katholischen Kirche in Deutschland. "Der Vatikan tritt damit den Bestrebungen von vielen Teilnehmern des Synodalen Wegs entgegen, die eine substanzielle Veränderung der kirchlichen Lehre von Ehe, Familie und Sexualmoral wollen", sagte Hoping am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Zugleich beziehe sich die Glaubenskongregation unmittelbar auf Papst Franziskus, so der Theologe. Der Papst habe bereits in seinem Schreiben "Amoris laetitia" klar gemacht, dass es keine Gleichsetzung von Ehe und gleichgeschlechtlichen Partnerschaften geben könne. "Insofern ist es auch unredlich, weiter zu spekulieren, die Glaubenskongregation hätte ohne die Zustimmung des Papstes gehandelt."
Hoping sagte, die katholische Kirche müsse an der Unterscheidung von Ehe und gleichgeschlechtlicher Partnerschaft festhalten. "Die Ehe ist nach christlichem Verständnis ein sakramentaler, unauflöslicher Bund von Frau und Mann", so Hoping. Daher könne es auch keine Segensfeiern nach Vorbild des Traugottesdienstes geben. "Vielmehr sollten wir nun überlegen, welche anderen Formen der Segensspendung möglich sind." Er sprach sich beispielsweise für Einzelsegnungen aus.
"Die Gegensätze treten immer deutlicher zutage"
Die Debatten um die jüngste Vatikan-Erklärung zeigen laut Hoping erneut, wie tief gespalten die katholische Kirche in Deutschland ist. "Die Gegensätze treten immer deutlicher zutage, bei Bischöfen, in der akademischen Theologie und in den Gemeinden." Hoping bedauerte, dass ein offener Dialog und sachlicher Austausch von Argumenten vielfach kaum noch möglich sei.
"Zugleich ist vielen nicht bewusst, dass liberale Positionen, die in der katholischen Kirche in Deutschland und einigen anderen europäischen Ländern eine Mehrheit finden, im weltkirchlichen Maßstab Minderheitenmeinungen sind", sagte Hoping. Dazu gehöre auch die Forderung nach Segensfeiern für gleichgeschlechtliche Paare.
Vergangene Woche hatte die Glaubenskongregation im Vatikan erklärt, die katholische Kirche habe keine Vollmacht, gleichgeschlechtliche Beziehungen zu segnen. Diese Verbindungen entsprächen nicht dem göttlichen Willen und könnten daher nicht gesegnet werden. In Deutschland wie in anderen Ländern gibt es erheblichen Widerstand gegen das Verbot. Im Internet protestieren hunderte Theologen und Seelsorger gegen die Vatikanerklärung. An manchen Kirchen werden Regenbogen-Fahnen gehisst. (tmg/KNA)