Zehn Redewendungen aus dem kirchlichen Raum
1. Die Kirche im Dorf lassen
Bedeutung: nicht übertreiben, bei den Tatsachen bleiben, keine zu große Sache aus etwas machen
Herkunft: Die Herkunft dieser Redewendung ist nicht genau geklärt, im Wesentlichen gibt es aber zwei verbreitete Theorien. Die bekanntere von beiden besagt, dass Prozessionen der katholischen Kirche früher häufig durch das Dorf zogen. Gab es aber viele Gläubige, die an diesen Prozessionen teilnahmen, war das Dorf schnell zu klein und man zog stattdessen mit der Kirche (also mit der Kirchengemeinde) um das Dorf. Daran gab es aber auch Kritik. Viele meinten: Die Kirche gehöre ins Dorf und solle dort auch bleiben – auch wenn das bedeutet, dass die Prozessionen dann kleiner ausfallen müssen.
Die zweite Theorie hat damit zu tun, dass Dorfkirchen im Mittelalter anfangs über neu gegründete Städte regierten. Als im späten Mittelalter dann Kathedralen gebaut und die Stadtgemeinden immer größer und mächtiger wurden, wollten sie sich von den Dorfpfarreien abkapseln. Die Dorfbewohner jedoch hatten ein großes Interesse daran, eine Pfarrei nicht an eine neugegründete Stadt abzugeben, denn sie fürchteten, Bedeutung und Geld zu verlieren. Ihr Wunsch: Man möge doch die Kirche im Dorf lassen – dort, wo sie hingehört.
2. So sicher wie das Amen in der Kirche
Bedeutung: etwas ist vollkommen und absolut sicher
Herkunft: Wenn etwas unverrückbar feststeht, dann ist es so sicher wie das sprichwörtliche "Amen in der Kirche". Das Wort "Amen" stammt von der hebräischen Wortwurzel "amn" ab, was "fest/zuverlässig sein" bedeutet. "Amen" wird in den meisten Fällen mit "So sei es" übersetzt. Christen haben das Wort aus der jüdischen Tradition übernommen und benutzen es am Ende eines Gebets zur Bekräftigung des Gesagten. In der Liturgie ist es die am häufigsten verwendete Akklamation und hat einen beipflichtenden Charakter. Wer also einen Gottesdienst in der Kirche besucht, kann sicher sein, in dessen Verlauf das Wort "Amen" zu hören.
3. Sang- und klanglos
Bedeutung: ohne viel Aufhebens, ohne aufzufallen, ohne besonders beachtet zu werden
Herkunft: Diese Redewendung stammt aus dem Mittelalter und einer Zeit, in der die Pest wütete und ein großer Teil der damaligen Bevölkerung starb. Damals mussten viele Menschen nach ihrem Tod in Massengräbern beerdigt werden – ohne Glockenläuten, ohne Trauerlieder, ohne Ansprachen. Sang- und klanglos also.
4. Päpstlicher als der Papst
Bedeutung: übermäßig genau, penibel, übertrieben streng
Herkunft: Bezeugt ist diese Redewendung seit etwa 1900 und steht wohl im Zusammenhang mit dem Ersten Vatikanischen Konzil, bei dem Papst Pius IX. 1870 die päpstliche Unfehlbarkeit festlegte – trotz einiger Kontroversen. Als das Dogma verkündet wurde, waren viele der Konzilsväter schon abgereist, teils aus Opposition gegen das Unfehlbarkeitsdogma, teils aufgrund der Sicherheitslage vor dem heranziehenden Deutsch-französischen Krieg. Kurz darauf wurde Rom von piemontischen Truppen eingenommen und der Kirchenstaat hörte de facto auf zu existieren.
5. Arm wie eine Kirchenmaus
Bedeutung: besonders arm, mittellos oder pleite
Herkunft: Viel Nahrung gibt es in der Kirche eher nicht. Bestenfalls ein paar Hostien und etwas Messwein. Im Gegensatz zu ihren Artgenossen, die beispielsweise auf Bauernhöfen leben, gehen die Kirchenmäuse also ziemlich leer aus und sind somit arm. Interessanterweise gibt es diesen bildhaften Vergleich der armen Kirchenmaus auch in vielen anderen Sprachen, etwa Dänisch, Englisch oder Russisch. Das spricht für das hohe Alter dieser Redewendung.
6. Eine Gardinenpredigt halten
Bedeutung: eine Zurechtweisung oder Lektion erteilen
Herkunft: Die Gardinen der Gardinenpredigt haben nichts mit den heutigen Vorhängen an Fenstern zu tun. Früher hingen in den Schlafzimmern als Dekoration Vorhänge vor den Betten. Kam der Ehemann zu spät von der Kneipe nach Hause, während die Frau schon im Bett lag, hat sie manchmal mit ihm geschimpft und ihm eine Strafrede gehalten. Weil sie dabei hinter den Bett-Gardinen hervorschaute, handelte es sich um eine Gardinenpredigt bei der es – genau wie bei dem Pfarrer in der Kirche – darum ging, was in Ordnung ist und was nicht.
7. Im siebten Himmel sein
Bedeutung: überglücklich sein
Herkunft: Die Bibel kennt die Rede vom siebten Himmel nicht. Die Schöpfungsgeschichte spricht zunächst nur von einem Himmel. Erst in in den Geschichten über die Könige deutet sich an, dass der Himmel verschiedene Sphären haben könnte: "Wohnt denn Gott wirklich auf der Erde? Siehe, selbst der Himmel und die Himmel der Himmel fassen dich nicht, wie viel weniger dieses Haus, das ich gebaut habe" (1 Kön 8,27). Doch die Zahl sieben ist hier nicht zu finden. Sie stammt aus dem jüdischen Talmud, der den Himmel in sieben Sphären beschreibt. In der obersten liegen Heil, Reichtum, Glück und "der Thron der Herrlichkeit". Neben dem Talmud erwähnen übrigens auch der griechische Philosoph Aristoteles und der Koran die Zahl sieben im Zusammenhang mit dem Himmel.
8. Alle Register ziehen
Bedeutung: alle verfügbaren Mittel einsetzen, um ein Ziel zu erreichen
Herkunft: Hier geht es um die Königin der Instrumente: die Orgel. Als Register bezeichnet man eine Reihe ähnlich klingender Pfeifen in der Orgel. Um ein Register einzuschalten, muss ein Registerzug gezogen werden. Werden alle Register gezogen – wenn also alle Pfeifen aktiv sind – kommt der volle Klangkörper der Orgel zum Einsatz und das Spiel des Organisten klingt so voluminös und reich wie nur möglich.
9. Jemandem die Leviten lesen
Bedeutung: jemanden tadeln, schimpfen, ermahnen
Herkunft: Die Redewendung bezieht sich auch auf die Bibel, genauer gesagt auf das dritte Buch Mose: Levitikus. Bereits im 8. Jahrhundert wurden bei Andachts- und Bußübungen der Benediktinermönche meist Texte aus dem Levitikus vorgelesen, in denen vor allem Verhaltensregeln für Geistliche stehen. Im Anschluss an die Levitikus-Lesung folgten dann meistens Mahn- oder Strafpredigten. Dadurch hat sich das "Leviten lesen" als Sinnbild für Ermahnungen im heutigen Sprachgebrauch durchgesetzt.
10. Drei Kreuze machen
Bedeutung: erleichtert sein, dass eine schwierige Situation unbeschadet überstanden ist
Herkunft: Hoffentlich machen Sie keine drei Kreuze, wenn dieser Text vorbei ist – oder doch? Denn dieses Sprichwort geht schlicht auf ein katholisches Dankgebet zurück, bei dem sich die oder der Betende bekreuzigt. Ist die Person besonders dankbar, passiert das gleich dreimal.