Frühjahrsvollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken

Sternberg: Synodaler Weg ist ein Erfolgsmodell

Veröffentlicht am 23.04.2021 um 17:34 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Ist der Synodale Weg ein deutscher Sonderweg? Nein, sagt ZdK-Präsident Thomas Sternberg. Weitere Ortskirchen gingen ähnliche Reformprozesse an. Bei der Frühjahrsvollversammlung der Laienvertretung betonte er aber auch: Es gebe keine "Exit-Strategie".

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Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, sieht den Reformprozess des Synodalen Wegs in der katholischen Kirche Deutschlands weiterhin als Erfolgsmodell. "Wir haben derzeit eine einmalige Chance zu Reformen", sagte Sternberg am Freitag bei der Frühjahrsvollversammlung des ZdK. Noch nie hätten so viele Priester, Bischöfe und Laien Veränderungen in der Kirche gefordert. "Und in Rom haben wir einen Papst, der solche Reformthemen zumindest formuliert."

Sternberg verwies auch darauf, dass international zahlreiche Ortskirchen ähnliche Reformprozesse angingen und dabei auch auf das deutsche Modell zurückgriffen, etwa in Australien, Irland oder Österreich. "Das zeigt, dass wir keinen Sonderweg gehen, sondern es sich um eine weltkirchliche Entwicklung handelt."

Der ZdK-Präsident zitierte auch Äußerungen des Luxemburger Kardinals Jean-Claude Hollerich, der in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) erklärt hatte, er beobachte den Synodalen Weg in Deutschland "mit großem Respekt, weil man sich traut, sehr große Fragen zu stellen". Dabei müsse die Einheit der Kirche aber im Blick bleiben. Der Vorsitzende der Kommission der EU-Bischofskonferenzen COMECE erklärte zugleich, dass die derzeit von der Kirche in Deutschland verhandelte wichtigste Frage die Mitwirkung von Frauen in der Kirche sei.

"Zum Erfolg gezwungen"

Sternberg räumte ein, dass er keine "Exit-Strategie" für den Synodalen Weg habe. "Wir sind zum Erfolg gezwungen", sagte er. Ein Scheitern hätte katastrophale Folgen für die Kirche. Als unsinnig bezeichnete er Vorwürfe, der Synodale Weg führe zu einer deutschen Nationalkirche oder zu einer Los-von-Rom-Bewegung.

Sternberg kündigte weiterhin an, im Herbst nicht erneut für als ZdK-Präsident zu kandidieren. Dies habe er bereits bei seiner Wahl 2015 angekündigt. Sternberg ist als ZdK-Präsident maßgeblich beteiligt an der Gestaltung des Gesprächsprozesses Synodaler Weg in der katholischen Kirche Deutschlands, der 2019 gestartet wurde. Von 2005 bis 2017 war er CDU-Landtagsabgeordneter in NRW und von 1988 bis 2016 Direktor der Katholischen Akademie Franz-Hitze-Haus in Münster. Zudem gehört er dem Kuratorium der Kunststiftung Nordrhein-Westfalen und dem WDR-Rundfunkrat an. Er zählt auch zu den Gründungsmitgliedern des Vereins zu "1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland".

Bild: ©KNA

Thomas Sternberg ist Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

Bei seiner Frühjahrsvollversammlung forderte das ZdK eine sozial gerechte Verteilung der Corona-Lasten. Menschen mit niedrigen Einkommen, Geringqualifizierte und Alleinerziehende hätten wegen Corona massive Einbußen erlitten. Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien litten besonders unter den Beschränkungen im Bildungs-, Sozial- und Freizeitbereich. "Das Ungerechtigkeitsempfinden bei den Betroffenen und der Gesamtbevölkerung für die drohende soziale Schieflage steigen deutlich", sagte Sternberg. Christen müssten in dieser Situation für soziale Gerechtigkeit werben und sich als Anwälte für die Schwächsten in der Gesellschaft engagieren.

Forderung nach Solidarität

Das ZdK forderte zugleich weltweite Solidarität bei der Verteilung der Impfstoffe. "Es ist ein bleibender Skandal, dass sich weiterhin etwa 90 Prozent der Impfstoffe auf etwa ein Dutzend Länder verteilen", so der ZdK-Präsident. Er appellierte an die EU und ihre Mitgliedstaaten, die Covax-Initiative zur Verteilung in den Ländern des Südens zu stärken. Die katholische Weltkirche stehe in der Verantwortung, sich "gegen kurzsichtige Nationalismen in der Impfstoffverteilung zu stellen". Der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese forderte die Religionsgemeinschaften in Deutschland auf, gemeinsam für mehr Impfbereitschaft zu werben und "Fake News" zu bekämpfen.

Mit Blick auf den Missbrauchsskandal in der Kirche forderte Sternberg eine rasche Bildung von unabhängigen Kommissionen zur Aufarbeitung in den Bistümern. Dass es solche Kommissionen noch nicht in allen 27 Diözesen gebe, liege auch daran, dass Kirche und Bundesländer teilweise noch keine Mitglieder benannt hätten.

Der ZdK-Präsident appellierte zugleich an alle Bistümer, aus dem Kölner Missbrauchsgutachten zu lernen. Es habe sich gezeigt, wie dramatisch sich Verfahrensfehler, fehlende rechtliche Regelungen und mangelnde Rechtskenntnis ausgewirkt hätten. Notwendig sei eine kirchliche Verwaltungsgerichtsbarkeit, die geordnete Verfahren mit Anklage und Verteidigung ermögliche.

Stärkere Auseinandersetzung mit Laien als Tätern

Der ZdK-Präsident kündigte an, dass sich das ZdK stärker mit Verantwortung auch von Laien als Täter oder Vertuscher von Missbrauch in Verbänden und Gemeinden auseinandersetzen wolle. Ein entsprechender Arbeitskreis war im März beschlossen worden. Es werde immer deutlicher, dass "Verbrechen sexualisierter Gewalt nicht nur eine Frage von Klerikern sind, sondern ein breites Geschehen".

In der Debatte um Suizidbeihilfe warnt das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) davor, dass der assistierte Suizid zu einem Normalfall des Sterbens werden könnte. "Wir brauchen für alle Suizidwilligen eine kompetente Beratung, Möglichkeiten der palliativen Versorgung und Möglichkeiten für ein würdevolles Miteinander am Lebensende", erklärte Sternberg. Christen müssten zugleich den Wunsch von Menschen respektieren, aus dem Leben scheiden zu wollen.

Der tschechische Theologe und Bestsellerautor Tomas Halik (72) hatte den christlichen Kirchen bei dem Treffen eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Globalisierung zugesprochen. Dafür brauche es aber tiefgreifende innerkirchliche Reformen in Strukturen und Theologie, sagte der katholische Priester. Der Prozess der Globalisierung wecke in immer mehr Menschen Ängste und Panik. "Es verbreiten sich hasserfüllte Ideologien, die von der Angst profitieren: der Populismus, der Nationalismus, der religiöse Fundamentalismus, 'Fake News', Verschwörungstheorien und das apokalyptische Erschrecken vor der Zukunft", sagte Halik, der ein enger Mitarbeiter des tschechischen Dissidenten und späteren Staatspräsidenten Vaclav Havel war. (cph/KNA)