Kirche wirbt für "sozial-ökologische Transformation"
Eine Expertengruppe der Deutschen Bischofskonferenz hat eine Studie vorgelegt, "wie sozial-ökologische Transformation gelingen kann". Diese sei als ein weltweiter Prozess notwendig, um den Klimawandel zu bremsen und die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu erreichen, sagte der Projektleiter, der Münchner Wirtschaftsethiker Johannes Wallacher, am Mittwoch in Berlin. Als ethische Zielperspektive formuliert das Papier, dass alle Menschen jetzt und künftig "unter Wahrung der planetaren Grenzen gut leben können".
Der gut 60 Seiten starke Text entstand unter Mitwirkung von Ökonomen, Politik- und Klimawissenschaftlern, Theologen und Philosophen. Er beschreibt, welche Hindernisse der Erreichung dieses Ziels in den Bereichen Energiewirtschaft, Verkehr, Konsum und Landwirtschaft entgegenstehen. Dann werden vier Stellschrauben benannt, um den Prozess voranzutreiben.
Richtige Anreize setzen
"Verbote sind nicht das Mittel erster Wahl", sagte Wallacher. Vielmehr müssten durch die richtigen Anreize und einen ordnungspolitischen Rahmen auch Marktmechanismen genutzt werden. So könnten Investitionen in gemeinwohlförderliche Innovationen gelenkt werden.
Bisher sei vielfach das Verursacherprinzip außer Kraft gesetzt, bemängelte Wallacher. Dadurch könnten Kosten etwa der Förderung und Verbrennung klimaschädlicher Kohle auf andere abgewälzt werden. Dies müsse geändert werden, unter anderem durch eine international abgestimmte CO2-Bepreisung.
Die Zivilgesellschaft muss nach Auffassung der Experten Mitwirkungs- und Kontrollbefugnisse erhalten. Dies sei wichtig, um dem Populismus zu begegnen, der Verlustängste ausbeute und an konstruktiven Lösungen nicht interessiert sei. Zumutungen und neue Handlungschancen seien fair zu verteilen. Nicht unterschätzt werden dürfe die Rolle von Kultur und religiösen Traditionen. Einen wichtigen Beitrag könnten die Religionsgemeinschaften leisten, vor allem zur Bremsung des Bevölkerungswachstums und der Etablierung maßvoller Lebensstile.
Der Vorsitzende der Kommission Weltkirche, der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick, sagte in der katholischen Kirche geschehe schon viel zur Bewahrung der Schöpfung, es sei aber auch noch Luft nach oben. "Wir werden nur im Wort glaubwürdig, wenn wir es auch in der Tat sind." Um das Bevölkerungswachstum etwa in Afrika zu verringern, sei die Emanzipation und Bildung von Frauen ein zentraler Faktor. Außerdem müssten die Menschen über Möglichkeiten der Familienplanung aufgeklärt werden. Staatliche Zwangsmaßnahmen oder Abtreibung als Mittel der Geburtenkontrolle lehne die Kirche dagegen ab.
Weiterer Austausch auch außerkirchlich
Das Papier soll innerkirchlich, aber auch mit Vertretern aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft weiter diskutiert werden, dazu zählt auch die Fridays-for-Future-Bewegung. Für den internationalen Austausch wurde von der Münchner Hochschule für Philosophie (HfPh), deren Präsident Wallacher ist, eine digitale Plattform eingerichtet. Die Deutsche Bischofskonferenz werde sich bei ihrer Herbstvollversammlung mit dem Thema Schöpfungsverantwortung befassen, hieß es.
Eine "sozial-ökologische Transformation" ist eine der großen Forderungen der Enzyklika "Laudato si’" von Papst Franziskus aus dem Jahr 2015. Das Kirchenoberhaupt mahnt darin "alle Menschen guten Willens" eindringlich, die Klimakrise und die weltweite Armutskrise zu bekämpfen. Erst Ende Mai wurde mit der "Laudato-si-Action-Platform" ein internationales Netzwerk ins Leben gerufen, das Organisationen, Gruppen und Personen vernetzen und unterstützen soll, die sich im Geiste der Enzyklika engagieren. (mal/KNA)