Kirchenasyl-Prozesse: Staatsanwaltschaft legt jeweils Rechtsmittel ein
Die Staatsanwaltschaft Würzburg hat Revision gegen den Freispruch des Benediktinermönchs Abraham Sauer aus Münsterschwarzach wegen Kirchenasyls eingelegt. Das erklärte ein Sprecher der Behörde am Donnerstag auf Anfrage. Damit geht das Verfahren vom Amtsgericht Kitzingen an das Oberste Bayerische Landesgericht. In dem anderen Verfahren gegen eine Würzburger Ordensfrau lege man Berufung ein, so die Staatsanwaltschaft. Hierfür zuständig ist das Landgericht. Das Amtsgericht Würzburg hatte Schwester Juliana Seelmann der Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt für schuldig befunden.
Sauer hatte sich Ende April vor dem Amtsgericht Kitzingen wegen des Vorwurfs der "Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt ohne erforderlichen Aufenthaltstitel" als erster Ordensangehörige in Bayern in Sachen Kirchenasyl-Gewährung verantworten müssen, war jedoch freigesprochen worden. Die Richterin begründete ihr Urteil mit der Glaubens- und Gewissensfreiheit: Bruder Abraham habe eine Straftat begangen, dies aber ohne Schuld, sagte sie. Die Staatsanwaltschaft kündigte bereits wenige Tage danach an, Rechtsmittel einzulegen. Man wolle zunächst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und dann entscheiden, ob man ein Berufungsverfahren anstrebe oder eine Revision, in der das Urteil des Kitzinger Amtsgerichts lediglich auf Rechtsfehler geprüft wird, hieß es damals.
Gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte ein Sprecher des zuständigen Obersten Landesgerichte in Bamberg am Freitag, dass die Revision bislang nicht eingegangen sei. Das sei in diesem konkreten Zusammenhang Aufgabe der Generalstaatsanwaltschaft und dauere in der Regel einige Wochen.
Verwarnung für Ordensfrau
Im Verfahren gegen die Oberzeller Franziskanerin Seelmann sprach der Richter Anfang Juni eine Verwarnung mit Strafvorbehalt aus, mit einer Bewährungszeit von zwei Jahren. Diese gilt für die Geldstrafe von 30 Tagessätzen je 20 Euro. Außerdem muss die Ordensfrau 500 Euro an eine soziale Einrichtung zahlen. Ihr Anwalt hatte ebenfalls bereits angekündigt, Rechtsmittel einzulegen.
Der Würzburger Bischof Franz Jung hatte sich wenige Tage vor dem Prozess gegen Seelmann solidarisch mit ihr und Sauer gezeigt. "Es geht in allen Fällen um den Schutz der Menschenwürde und der Menschenrechte", betonte Jung Ende Mai in einem Statement. "Das Kirchenasyl legt die besonderen humanitären Härten im Rahmen des europäischen Asylsystems offen." Es kritisiere aber ausdrücklich nicht den Rechtsstaat, sondern helfe in Einzelfällen Menschen in extremen Notsituationen. Jedem Kirchenasyl gehe stets eine reifliche Überlegung, Beratung und Gewissensentscheidung voraus.
Für Schlagzeilen hatte zuletzt der Fall von Mutter Mechthild Thürmer, Äbtissin des oberfränkischen Klosters Kirchschletten, gesorgt. Die Ordensfrau sieht sich mehreren Strafverfahren wegen Beihilfe zu unerlaubtem Aufenthalt gegenüber, weil sie Frauen in besonderen Notlagen Kirchenasyl gewährt hat. In einem Fall sollte ihr bereits Ende Juli 2020 vor dem Amtsgericht Bamberg der Prozess gemacht werden. Er wurde kurzfristig abgesagt, nachdem in zwei weiteren Fällen Ermittlungsverfahren eingeleitet worden waren. Einen neuen Verhandlungstermin gibt es noch nicht. Die Vollversammlung der bayerischen Bischöfe hatte der Benediktinerin den Rücken gestärkt. "Die Bischöfe sehen keinen Grund für eine Verurteilung", sagte Kardinal Reinhard Marx Anfang Oktober in München. Die Ordensfrau habe sich an alle Absprachen zwischen Staat und Kirche beim Kirchenasyl gehalten. (mal/KNA)
25.6, 14 Uhr: ergänzt um Statement des Obersten Landesgerichts.