Studie beleuchtet Mediennutzung von Katholiken

"Trendmonitor": Kirchliche Kommunikation auf dem Prüfstand

Veröffentlicht am 07.07.2021 um 18:00 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Der digitale Wandel erfasst auch die kirchliche Medienarbeit: Der "Trendmonitor" zu religiöser Kommunikation der Unternehmensberatung MDG fragt, welche Rolle Internet-Angebote für Katholiken spielen.

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Internet, Zeitung, Fernsehen - was darf's sein? Im ganzen Land suchen Medienmacher die Zauberformel, mit der sie ihr Publikum, neudeutsch "User" genannt, am besten erreichen können. Die Frage treibt auch Verantwortliche in der Kirche um. Antworten liefern soll der am Mittwoch vorgestellte "Trendmonitor - Religiöse Kommunikation" der katholischen Unternehmensberatung MDG. Bereits zum vierten Mal seit 1999 untersuchten die Experten die Einstellung von Katholikinnen und Katholiken zu Kirche, Religion und Glaube und sammelten Daten über deren Mediennutzung, Informationsquellen und Interessen.

Die Herausforderungen für die kirchliche Medienarbeit sind groß, wie der Bischof von Rottenburg-Stuttgart, Gebhard Fürst, bei der Präsentation erläuterte. "Viele Kommunikationskanäle sind heutzutage gleichzeitig analog und digital", so der Medienbischof der Deutschen Bischofskonferenz. "Wir lesen Zeitungen online oder in gedruckter Form, schauen klassisches Fernsehen, nutzen aber ebenso die Mediathek." Beides, digitale und analoge Angebote, gelte es zu ermöglichen.

"Die Zukunft liegt in der Crossmedialität"

Dazu passt die Erkenntnis der Studie, wonach es auch bei den Katholiken kein vorherrschendes Medium gibt. "Die Zukunft liegt in der Crossmedialität und in der Kombination verschiedener Angebote. Für den kirchlichen Medienmarkt gelten keine eigenen Gesetze", sagt MDG-Geschäftsführerin Ariadne Klingbeil. Zwar greifen kirchenaffine Katholiken immer noch auf kirchliche Medien zurück, wie Bischof Fürst feststellt. Eine deutlich größere Reichweite werde aber in säkularen Medien, insbesondere in Zeitungen, Hörfunk und Fernsehen erzielt. Auch weniger Kirchenverbundene interessierten sich dort oft für Beiträge aus Kirche und Glauben. "Das macht Mut in Zeiten, in denen die Kirchenbindung nachlässt."

Denn auch das geht aus der Studie hervor: Die Gruppe der Katholiken, die sich als Christen fühlen, ohne dass ihnen die Kirche viel bedeutet, stellt mit 34 Prozent erstmals die größte Gruppe unter den Befragten. Zugleich orientiert sich die Mediennutzung immer stärker an den Interessen der jeweiligen Nutzergruppen und an situativen Bedürfnissen nach Information. Im Klartext: Es gibt auch für die Kirchen kaum mehr den einen verlässlichen Kanal, mit dem sich viele Menschen ohne größere Anstrengungen erreichen lassen.

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So interessieren sich kirchenfernere Katholiken eher für Themen, zu denen die Kirche einen Bezug hat, die aber nicht explizit kirchlich sind, zum Beispiel Gerechtigkeit, Menschenrechte oder soziales Engagement. Nur sieben Prozent der Befragten sucht in den Medien gezielt nach Beiträgen zum Thema Glauben und Kirche.

Von den konkreten Internetangeboten der Kirche wird mit Abstand am häufigsten die Website der eigenen Pfarrgemeinde genutzt, daneben Bistumsseiten, das Portal katholisch.de sowie Websites von Hilfswerken. Viele Onlineangebote der Kirche sind dem MDG-Trendmonitor zufolge den meisten Katholiken nicht bekannt - und das Interesse, sie kennenzulernen, gering.

Pfarrbrief als meistgenutztes Medienangebot der Kirche

Das Institut für Demoskopie Allensbach und die Sinus Markt- und Sozialforschung führten im Auftrag der MDG die repräsentative Befragung zu der Studie im Sommer 2020 durch. Daher konnten die Autoren auch eine erste Zwischenbilanz der kirchlichen Internetaktivitäten während der Corona-Pandemie ziehen. Diese erreichten vor allem kirchennahe Menschen. Insgesamt nutzte jeder sechste Katholik (17 Prozent) in dieser Zeit erstmals oder häufiger Onlinegottesdienste und ähnliche Angebote.

Das heißt im Umkehrschluss: Die Kirchenfernen blieben außen vor. Offenbar fehlt es nach wie vor an Rezepten, diese Klientel dort abzuholen, wo sie steht. Das legt auch eine Einlassung des Wiener Sozial- und Medienethikers Alexander Filipovic nahe: "Wenn Kirche an einem Ort nicht vorhanden ist, dann ist das auch Kommunikation - aber eine falsche." Dabei muss es vielleicht nicht immer das Internet sein. Von den verschiedenen religiösen Medienangeboten nutzen Katholiken mit Abstand am meisten den Pfarrbrief.

Von Rainer Nolte (KNA)

Zahlen zum MDG-Trendmonitor - Religiöse Kommunikation 2020/21

Der MDG-Trendmonitor zur religiösen Kommunikation ist eine Studie, die seit 1999 zum vierten Mal erarbeitet wurde. Im Sommer 2020 wurden für die Neuauflage 1.690 Katholiken ab 14 Jahren repräsentativ befragt. Die Studie wurde vom Institut für Demoskopie Allensbach und der Sinus Markt- und Sozialforschung im Auftrag der katholische Unternehmensberatung MDG Medien-Dienstleistung mit Unterstützung der Deutschen Bischofskonferenz durchgeführt. Wir fassen einige Fakten in Zahlen zusammen:

  • 83 Prozent der Katholiken nutzen das Internet (2009: 62,9 Prozent). In der Altersgruppe unter 60 Jahren nutzen es 90 Prozent täglich. Bei den über 60-Jährigen sind es 39 Prozent.
  • Die Studie teilt die Katholiken in unterschiedliche Gruppen hinsichtlich ihrer Verbundenheit mit der Kirche ein. Kirchendistanzierte Christen sind hier mit 34 Prozent das größte Segment.

  • Insgesamt nutzte jeder sechste Katholik im ersten Corona-Lockdown Onlinegottesdienste und ähnliches erstmals oder häufiger - darunter eher die kirchennahen Katholiken.

  • Insgesamt hört sich fast ein Drittel der Katholiken zumindest gelegentlich Beiträge zu kirchlichen oder religiösen Themen im Radio an; 37 Prozent sehen solche Beiträge zumindest gelegentlich im Fernsehen. Diese Anteile sind im Vergleich zu 2009 stabil.

  • 13 Prozent der Katholiken haben Interesse an religiösen E-Books oder haben diese bereits genutzt.

  • 16 Prozent haben Interesse an religiösen Hörbüchern oder diese bereits genutzt.

  • Mindestens 30 Prozent der Katholiken hören sich gelegentlich religiöse Musik an, darunter auch jüngere Altersgruppen und eher kirchenferne Befragte.

  • Katholische Internetnutzer, die in einer Pfarrgemeinde oder einer kirchlichen Organisation aktiv sind, nutzen das Internet zu 48 Prozent häufig oder ab und zu für kirchliche oder religiöse Inhalte; Katholiken, die selbst oder deren Partner bei der Kirche angestellt sind, zu 49 Prozent.

  • Pfarrbriefe liest die Hälfte der Katholiken zumindest hin und wieder, darunter 25 Prozent regelmäßig. (KNA)