Chile: Missbrauchstäter und Ex-Priester Karadima verstorben
Fernando Karadima, ehemaliger katholischer Priester und Schlüsselfigur eines Missbrauchsskandals in Chile, ist tot. Er starb im Alter von 90 Jahren, wie das Erzbistum Santiago de Chile am Montag (Ortszeit) mitteilte. Vertreter aus Politik und Gesellschaft übten nach Bekanntwerden seines Todes Kritik am strafrechtlichen Umgang mit Karadima, der 2011 vom Vatikan wegen Vergehen an Minderjährigen verurteilt und 2018 aus dem Klerikerstand entlassen worden war.
Mit Karadima sei ein weiterer Verantwortlicher für sexuellen Missbrauch von Minderjährigen "in der von der katholischen Kirche gewährten Straflosigkeit" gestorben, kritisierte Barbara Sepulveda, Abgeordnete des Verfassungskonvents. Die Abgeordnete Erika Olivera betonte: "Er starb nicht im Gefängnis, weil er keine strafrechtlichen Sanktionen erhielt".
Das Netzwerk der Überlebenden von sexuellem Missbrauch in der Kirche in Chile kommentierte, Karadima sei ein weiterer Täter, der gehe, ohne von der Justiz zur Rechenschaft gezogen worden zu sein. Man hoffe, dass sich in Chile genug verändert habe, um derartige Fälle, in denen ein Priester sich nicht vor Gericht verantworten müsse, in Zukunft zu verhindern.
Im Zentrum der Missbrauchskrise
Der als charismatisch beschriebene Karadima stand im Mittelpunkt einer Missbrauchskrise in der katholischen Kirche in Chile. Er wurde 2011 vom Vatikan wegen Vergehen an Minderjährigen verurteilt. Aus seinem Umfeld gingen mehrere Bischöfe hervor, darunter auch der zurückgetretene Bischof Juan Barros (65) von Osorno, den Opfer Karadimas der Mitwisserschaft beschuldigten. Unter anderem der Widerstand der Gläubigen in der Diözese Osorno war maßgeblich dafür, dass der Papst und die Kirche in Chile schließlich einer umfassenden Aufklärung der Vorwürfe zustimmten.
Papst Franziskus entließ Karadima Ende September 2018 aus dem Klerikerstand. – Medienberichten zufolge ermittelte Chiles Justiz zeitweise in mehr als 150 Verdachtsfällen wegen Missbrauchs gegen mehr als 200 Kirchenmitarbeiter. Bei den mutmaßlichen Betroffenen gehe es um mehr als 240 Personen, von denen 123 zum Tatzeitpunkt minderjährig gewesen seien. Auf dem Höhepunkt der Krise hatten 29 chilenische Bischöfe ihr Amt zur Verfügung gestellt, um einen Neuanfang zu ermöglichen und Verantwortung zu übernehmen. (KNA)