Hoping: "Traditionis custodes" nur begrenzt durchsetzbar
Der Freiburger Dogmatiker Helmut Hoping geht davon aus, dass die Bestimmungen des Motu proprio "Traditionis custodes" nur begrenzt durchsetzbar sind. "Nicht wenige Bischöfe werden dem Papst nicht folgen, indem sie das Schreiben pragmatisch interpretieren und Dispensen von einigen seiner Vorschriften erteilen", sagte Hoping der Zeitung "Die Tagespost" am Dienstag. Die Autorität des Papstes werde dadurch nicht gestärkt.
Das Motu proprio sei "in sich unklar und widersprüchlich", was eine Revision nötig mache, so Hoping weiter. Als Beispiel nannte der Theologe, dass der Papst im Februar vergangenen Jahres sieben neue Präfationen gebilligt habe, die in der "Alten Messe" verwendet werden können, wobei er sie als die außerordentliche Form des Römischen Ritus bezeichnet habe. "Traditionis custodes" zufolge sei sie aber nicht Teil des Römischen Ritus.
Überrascht von Reaktion der französischen Bischöfe
Die Reaktion der französischen Bischöfe auf das vor knapp zwei Wochen veröffentlichte Motu prorio habe ihn überrascht, sagte Hoping. Einen Tag nach der Publizierung von "Traditionis custodes" hatte die französische Bischofskonferenz jene Gemeinschaften gewürdigt, die in der vorkonziliaren Form der Liturgie zelebrierten. Dabei sei vor der Publikation des Motu proprio die Rede davon gewesen, dass die französischen Bischöfe in ihrer Antwort auf eine Umfrage des Vatikan von großen Problemen mit den vielen Priestern und Gläubigen berichtet hätten, die die "Alte Messe" feiern würden, so Hoping.
Der Theologe hatte das Motu proprio, mit dem Papst Franziskus die Feier der "Alten Messe" eingeschränkt hat, bereits kurz nach seiner Veröffentlichung scharf kritisiert. Papst Franziskus habe die vorkonziliare Messe "ins Museum verbannt", so Hoping. Er gehe davon aus, "dass diejenigen Bischöfe in Deutschland, die immer schon gegen die Rückkehr der alten Messe waren, schrittweise versuchen werden, sie soweit wie möglich zurückzudrängen". Es sei daher nicht auszuschließen, dass Gläubige zum Teil zur schismatischen Piusbruderschaft abwandern würden.
Papst Franziskus veröffentlichte das Motu proprio "Traditionis custodes" ("Wächter der Tradition") am Freitag vor zwei Wochen. Darin legte er fest, dass es jedem Diözesanbischof obliegt, die liturgischen Feiern seiner Diözese zu regulieren und es in seiner alleinigen Zuständigkeit liegt, die Feier der Messe in ihrer außerordentlichen Form zuzulassen. Damit schränkte der Papst den von seinem Vorgänger Benedikt XVI. mit dem Motu proprio "Summorum Pontificum" (2007) erleichterten Zugang zur Feier der Messe nach den Messbüchern vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) deutlich ein. Besonders in den USA und Frankreich gibt es Anhänger der Feier dieser Messform. (rom)