Jesuit Martin kritisiert Segnungsgottesdienste für homosexuelle Paare
Der bekannte US-Jesuit James Martin, der sich seit Jahren für die Rechte Homosexueller in der katholischen Kirche engagiert, sieht die Segnungsgottesdienste für homosexuelle Paare in Deutschland kritisch. "Wenn der Vatikan die Segnung von gleichgeschlechtlichen Ehen verbietet, dann würde ich es als Priester nicht tun", sagt Martin in der neuen Ausgabe der in Freiburg erscheinenden Wochenzeitung "Christ in der Gegenwart". Die Frage sei, ob es andere Wege gebe, "seinen Respekt für die Verpflichtung auszudrücken, die diese Paare eingegangen sind". Martin äußerte sich mit Blick auf die Segensfeiern, die Mitte Mai bundesweit stattgefunden hatten.
Keine Kritik an Papst Franziskus
Keine Probleme hat Martin dagegen nach eigenen Angaben mit dem Hissen von Regenbogenfahnen vor Kirchengebäuden: "Daran sehe ich überhaupt nichts Falsches." Es sei ein Zeichen der Unterstützung für eine Gemeinschaft, die lange Zeit verfolgt und ausgegrenzt worden sei – auch in der Kirche.
Kritik an einer vermeintlich widersprüchlichen Haltung von Papst Franziskus gegenüber Homosexuellen in der Kirche weist Martin in dem Interview zurück. "Die Position des Heiligen Vaters scheint mir klar zu sein", so der Jesuit. Franziskus habe die Lehre zu diesem Thema nicht geändert, aber er habe das Gespräch, den Ansatz und den Ton geändert. "Denken Sie daran, dass Papst Franziskus der erste Papst ist, der jemals das Wort 'schwul' in der Öffentlichkeit benutzt hat", so Martin. Er hoffe, dass Angehörige sexueller Minderheiten sich in weniger als zehn Jahren in der Kirche so willkommen fühlten "wie alle anderen", und dass sie dort als Leitungspersonal arbeiten könnten.
"Der Hass ist erstaunlich"
Die Ursachen kirchlicher Homophobie sieht Martin unter anderem bei homosexuell veranlagten Priestern, die im Konflikt mit ihrer eigenen Sexualität stünden. "Oder es kann von heterosexuellen Geistlichen kommen, die einfach eine Abneigung gegen sexuelle Minderheiten haben", so der Geistliche. Insgesamt sieht er in der Kirche nach wie vor eine starke Missbilligung der Homosexualität: "Der Hass ist erstaunlich". Das sei mehr als bloße Ablehnung.
Martin gilt als Vorkämpfer für die Rechte Homosexueller in der katholischen Kirche. Sein Buch "Building a Bridge" wurde zum Bestseller und ist gerade mit Martin Scorsese als Produzent verfilmt worden. Das Buch brachte Martin aber auch eine Reihe öffentlicher Anfeindungen ein. Im Februar forderten konservative US-Katholiken in einer Petition wegen angeblicher Blasphemie eine Verurteilung des Jesuiten durch seinen Orden. Das konservative Internetportal "Life Site News" warf Martin damals vor, er habe eine Darstellung von Maria mit dem Jesuskind unter den Regenbogenfarben der LGBT-Gemeinschaft auf seinem Twitter-Account verbreitet und gutgeheißen. (stz)