Theologe kritisiert CDU: "C" im Parteinamen seit 75 Jahren Lebenslüge
Der evangelische Theologe Christian Wolff hat der CDU abgesprochen, eine christlich geprägte Partei zu sein. "Es wird höchste Zeit, dass das 'C' im Parteinamen als das entlarvt wird, was es ist: eine seit 75 Jahren währende Lebenslüge", schreibt Wolff in einem Beitrag, der am Montag auf der Internetseite der SPD-Zeitung "Vorwärts" veröffentlicht wurde. Wolff war von 1992 bis 2014 Pfarrer an der bekannten Leipziger Thomaskirche und ist seit 1970 SPD-Mitglied. Zuerst hatte er den Text am vergangenen Freitag auf seinem privaten Blog veröffentlicht.
Konkret kritisiert Wolff unter anderem die Abschiebepraxis der CDU insbesondere in Sachsen. So sei die Partei nicht erst in den vergangenen Wochen zu einer "brutalen, unbarmherzigen, die Menschenwürde missachtenden Abschiebepraxis" übergegangen. "Da werden alle christlichen Grundwerte hintangestellt", so der Theologe wörtlich. Gleichzeitig würden Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer und Kanzlerkandidat Armin Laschet immer wieder betonen, wie sehr sie sich selbst als Christen und ihre Partei als kirchennah verstünden.
Kritik an "perfider Strategie" von Helmut Kohl
Weiter bemängelt Wolff das aus seiner Sicht mangelhafte Engagement der CDU beim Klimaschutz. "Wie kann es sein, dass diese Partei immer noch Dörfer mit Jahrhunderte alten Traditionen zugunsten der Braunkohle abbaggern will", fragt der Theologe, der beispielhaft auf bedrohte oder bereits abgebaggerte Orte in der Lausitz und dem rheinischen Braunkohlerevier wie Mühlrose, Immerath und Lützerath verweist. Müsste, so fragt Wolff weiter, Armin Laschet als überzeugter Katholik nicht eine radikale Umkehr vollziehen, wenn das "C" im Parteinamen und die "Bewahrung der Schöpfung" noch irgendeine Bedeutung haben sollten?
Mit Blick auf die Zeit des Falls der Berliner Mauer und der Wiedervereinigung kritisiert Wolff auch den damaligen CDU-Bundeskanzler Helmut Kohl. Dessen Ziel sei es gewesen, die SPD als Partei zu brandmarken, die für den Sozialismus und damit für das marode System der DDR stehe. Diese "perfide, seit Anfang 1990 angewandte Strategie" Kohls habe sehr schnell verfangen. Auch in der sächsischen Kirche habe man die CDU daraufhin weitgehend als natürliche Partnerin auf politischer Ebene gesehen. Deshalb sei es auch kein Wunder, so Wolff, dass Christen "gefühlt (und wahrscheinlich tatsächlich) mehrheitlich die sich christlich nennende Partei wählen". (stz)