"Die Hoffnung stirbt zuletzt"

Erzbischof Schick: Mit Taliban verhandeln

Veröffentlicht am 17.08.2021 um 16:44 Uhr – Lesedauer: 

Bamberg ‐ "Wir haben schon erlebt, dass auch gemäßigte Taliban-Leute ans Ruder kommen", sagt Weltkirche-Bischof Ludwig Schick. Nun müssten Europa und die internationale Gemeinschaft mit ihnen sprechen. Angst und Hoffnungslosigkeit seien schlechte Berater.

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Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick hat Europa und die internationale Gemeinschaft dazu aufgerufen, mit den Taliban zu sprechen. Ziel müsse sein, dass deren Regierung mit den Menschen in Afghanistan "so human wie es eben möglich ist" umgehe, sagte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) am Dienstag dem Bayerischen Rundfunk (BR). Auf die Frage, ob er realistische Hoffnung habe, dass dies gelinge, sagte Schick: "Die Hoffnung stirbt zuletzt. Wir haben schon erlebt, dass auch gemäßigte Taliban-Leute ans Ruder kommen." Angst und Hoffnungslosigkeit seien die schlechtesten Berater.

Außerdem müsse mit den Taliban darüber verhandelt werden, dass Afghanen, die das Land aus berechtigter Angst verlassen wollten, dies auch könnten, selbst wenn die neuen Machthaber die Grenzen schlössen. "Menschen, die dann trotzdem fliehen und hier zu uns kommen, müssen natürlich aufgenommen werden", so der Erzbischof weiter. Zugleich unterstrich er die Notwendigkeit einer funktionierenden Luftbrücke. Zuerst müssten neben den Deutschen auch jene ausgeflogen werden, die mit der Bundeswehr und Hilfsorganisationen zusammengearbeitet hätten. "Für die haben wir eine große moralische Verpflichtung."

Kontakt mit Caritas vor Ort zuletzt am Montag

Mit den Caritas-Mitarbeitenden vor Ort habe er zuletzt am Montag Kontakt gehabt, berichtete Schick weiter. Demnach ließen die Taliban sie noch weiterarbeiten und ermunterten sie sogar dazu. Es gebe aber keine Verlässlichkeit. Deshalb sei es wichtig, auch diese Mitarbeitenden und ihre lokalen Kräfte aus dem Land zu holen. "Im Augenblick ist das alles zu unsicher, zu gefährlich." Anschließend könne man über einen Neustart nachdenken, so der Erzbischof.

Zuvor hatte sich bereits der DBK-Vorsitzende Georg Bätzing geäußert. Demnach stelle die Machtübernahme der Taliban "eine desaströse Niederlage" der USA und anderer westlicher Staaten dar. "Die jetzt eingetretene Lage zehrt das politische Vertrauenskapital der westlichen Länder auf und wird von vielen in aller Welt als moralischer Bankrott verstanden", sagte der Limburger Bischof.

"Man gibt kein Land an eine erwiesenermaßen brutale archaisch-radikalislamistische Bewegung preis, wenn man die Zivilbevölkerung zuvor jahrelang angespornt hat, einem entgegengesetzten zivilisatorischen Kurs zu folgen", fügte Bätzing hinzu. Nun sei eine Renaissance des islamistischen Terrorismus nicht unwahrscheinlich. (tmg/KNA)