Zwölf Forderungen an Kirchen für mehr Klimaschutz
Die Kirchen sollen "radikaler handeln" - auch wenn die Initiative Christians for Future keine Thesen angeschlagen hat, so bringen die ökumenischen Klimaschützer ihre Forderungen doch vehement zum Ausdruck. Am Donnerstag überreichten sie deutschlandweit ihr 12-Punkte-Papier zu mehr Klimagerechtigkeit den Leitenden von Landeskirchen und (Erz-)Bistümern. "Die Zeit drängt", mahnen sie. Christen stünden in der ethischen Verantwortung, alles zu tun, um großes Leid für viele Menschen und die Zerstörung der Schöpfung abzuwenden.
Ob in Augsburg an Bischof Bertram Meier, am Domhof an den Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer oder im Büro des bayerischen Landesbischofs, Heinrich Bedford-Strohm: An 37 Orten drücken C4F - wie sich Christians for Future selbst abkürzt - den Kirchenvertretern ihren Appell in die Hand. "Was die Christians for Future fordern, gehört zum gesellschaftlichen Auftrag der Kirche", sagte Wilmer. Er sehe eine Verpflichtung, sich für den Klimaschutz und für Klimagerechtigkeit einzusetzen.
In Münster empfing der Umweltbischof der Deutschen Bischofskonferenz, Weihbischof Rolf Lohmann, die Gruppe des Zusammenschlusses von Christen, die sich als Teil der "for Future"-Bewegung für Klimagerechtigkeit engagieren. "Wir möchten als Kirche in Klima- und Umweltschutz Avantgarde sein, anstatt im letzten Waggon zu sitzen, wir sollen und wollen handeln", betonte Lohmann. Es sei gut, dass sich Christians for Future dabei nicht als Gegenwind, sondern als Rückenwind erwiesen. Vielleicht ist es für ihn und seine Bischofskollegen eine gute Vorbereitung für die Vollversammlung kommende Woche, wo Fragen von Umwelt und Ökologie auf der Tagesordnung stehen.
Overbeck nahm sich ganze Stunde Zeit
Der katholische Sozialbischof Franz-Josef Overbeck nahm sich in Essen eine ganze Stunde Zeit für den Austausch mit den Klimaschützern. Der Ruhrbischof kündigte bereits am Mittwoch die Gründung eines neuen Beratungsrates für Ökologie und Nachhaltigkeit im Bistum an. "Als Kirche wollen wir in unserem Handeln eine Vorbildfunktion erfüllen", so Overbeck.
In wenigen Regionen landen die Forderung laut Initiatoren zunächst nur im Briefkasten - ob nun aus terminlichen Gründen der Kirchenleitungen oder fehlenden lokalen Klimaaktivisten. Aber auch in Dresden, Köln und Regensburg wünscht sich C4F einen "neuen Aufbruch für Klimagerechtigkeit in den Kirchen". An vielen Orten spiele das Thema schon seit Jahren eine wichtige Rolle - "dieses Handeln ist aber nicht flächendeckend und oft nicht der Größe der Herausforderung angemessen".
Konkret: "Wir können alle weniger Auto fahren, weniger fliegen, uns anders ernähren. Das reicht aber nicht", sagt Mitinitiatorin Edith Wittenbrink im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Es gelte zu überlegen, "wie die Ziele der Klimaschutzbewegungen in die Kirchen hineinwirken und sie zu einem radikaleren Handeln anregen können". Es seien politische Entscheidungen notwendig, die jetzt getroffen werden müssten. Dabei sollten die Kirchen sich strukturell einbringen, ihre Stimme erheben und Druck ausüben.
Zu den zwölf Forderungen gehören laut Wittenbrink, bei der Politik auf ambitionierte Klimaziele zu dringen. "Wir fordern aber auch, die Schöpfungsverantwortung verstärkt spirituell zu verankern und geistliche Angebote zu schaffen, in denen das Thema aufgegriffen wird", so die wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Mainz.
Klimagerechtigkeit in Gemeindearbeit als ständiges Thema
Weitere Aspekte sind laut C4F, dass bei den eigenen Gebäuden und Anwesen bis 2030 Klimaneutralität erreicht werden soll. Auch sollten sich die Kirchen zu aktivem Divestment verpflichten, also nicht mehr in Unternehmen investieren, die Umsatz mit Öl, Gas und Kohle machen. Darüber hinaus solle Klimagerechtigkeit in der Gemeindearbeit zum ständigen Thema werden. Die Forderungen sind in drei Kategorien aufgeteilt: "Die prophetische Stimme der Kirchen", "Umstellung des eigenen Handelns in den Kirchen" und "Bewusstseinswandel innerhalb der Kirchen".
Aus dem christlichen Menschenbild heraus ist Klimagerechtigkeit laut Wittenbrink nicht ohne soziale Gerechtigkeit zu denken. "Das nimmt Fridays for Future auch in den Blick. Als christlich-ökumenische Bewegung haben wir zudem einen weltweiten Blick. Wir schauen immer auch auf die Menschen im Globalen Süden, die von den Folgen des Klimawandels zuerst und am härtesten getroffen werden. Theologisch gesprochen ist es die Option für die Armen, die uns antreibt", betont sie.
Die ökumenischen Klimaschützer verweisen auf eine Liste von Theologen, Wissenschaftlern und Verbandsvertretern, die ihre Forderungen unterzeichnet haben: darunter Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel, die frühere evangelische Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter, der Bestseller-Autor und Benediktinermönch Anselm Grün, der Vorsitzende des Bundes katholischer Unternehmer, Ulrich Hemel, oder das Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) und Synodalen Wegs, Gudrun Lux. Mal sehen, ob sich nach dem Start der Kampagne auch Bischöfe dazugesellen.