Bischof Bätzing: Kann Irritationen über Heße-Entscheidung verstehen
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, hat Verständnis für die vorwiegend negativen Reaktionen auf die Nichtannahme des Rücktritts des Hamburger Erzbischofs Stefan Heße gezeigt. "Es gibt viele Menschen, die dieses Zeichen irritiert. Ich kann das gut verstehen", sagte der Limburger Bischof am Montag bei der Auftaktpressekonferenz der DBK-Herbstvollversammlung in Fulda. Papst Franziskus habe sich bei der Entscheidung allerdings an verschärftes Recht gehalten. Nach dem vatikanischen Missbrauchsgipfel im Februar 2019 seien genaue Kriterien beschrieben worden, wann ein Bischof sein Amt verliert. Im Fall Heße sei der Papst zu dem Entschluss gekommen, dass "keine aktive willentliche Vertuschung vorliegt", so Bätzing.
Der DBK-Vorsitzende ergänzte, er habe seinen Hamburger Amtskollegen zur Vollversammlung begrüßen dürfen. Nun stehe nach einer langen Zeit des Wartens ein Neustart im Erzbistum Hamburg bevor. Heße hatte im Zuge der Veröffentlichung des Kölner Missbrauchsgutachtens, das ihm in seiner Zeit als Personalchef der Erzdiözese mehrere Pflichtverletzungen vorwirft, seinen Rücktritt als Hamburger Erzbischof angeboten. In der vergangenen Woche lehnte der Papst den Amtsverzicht ab.
Zur Situation in Köln sagte Bätzing, die Bewertung der dortigen Lage, die sich aus dem Bericht der im Juni stattgefundenen Apostolischen Visitation ergeben werde, liege noch nicht vor. "Ich hoffe aber, dass das nicht mehr allzu viel Zeit in Anspruch nimmt." Das Erzbistum Köln wird seit Monaten von einer Vertrauenskrise erschüttert. Viele Priester und Gläubige werfen Kardinal Rainer Maria Woelki moralisches Versagen bei der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle vor.
"Ein 'Weiter so' geht nicht mehr"
Nicht zuletzt Rücktrittsangebote wie die von Heße oder des Münchner Kardinals Reinhard Marx müssen laut Bätzing der Anlass für Veränderungen sein. "Ein einfaches 'Weiter so' beim Bischof-Sein geht nicht mehr." Das Amt könne nicht mehr so verstanden werden wie bisher. Konkret plädierte der DBK-Vorsitzende für mehr Laien-Beteiligung in diözesanen Entscheidungsprozessen.
Mit Blick auf den Synodalen Weg sagte der Limburger Bischof, dieser gehe auf den Endspurt zu. Es gehe bei dem Reformprozess nicht nur um bloße Texte, sondern darum, das Handeln der Kirche zu verändern. In einigen wichtigen Punkten lägen die Bischöfe zwar weit auseinander, er setze aber darauf, dass der Synodale Weg zu klaren Zeichen der Veränderung führe, etwa in Fragen der Sexualmoral, so Bätzing. Es gelte, das hilfreiche Wissen der katholischen Sexuallehre als Angebot für alle Menschen zugänglich zu machen, auch für gleichgeschlechtliche Paare oder Nichtverheiratete. Die katholische Sexualmoral solle nicht als Verbotsmoral bei den Menschen ankommen.
Gefährdet sieht Bätzing den Synodalen Weg durch die Kritik einer Gruppe von Synodalen um den Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer nicht. Es stehe jedem Synodalen frei, sich zu äußern. Die Arbeit des Synodalen Wegs geschehe allerdings im Rahmen seiner Statuten. "Was daneben läuft, findet nicht gut hinein." Voderholzer hatte Anfang September eine Website mit Alternativtexten zu den Foren des Synodalen Wegs freigeschaltet und im Zuge dessen scharfe Kritik am theologischen Niveau der offiziellen Texte geübt.
Erfahrungen einspielen
Im Hinblick auf den von Papst Franziskus initiierten weltweiten synodalen Prozess sagte Bätzing, der deutsche Synodale Weg könne ein "Türöffner" für diesen sein. Franziskus sehe die Kirche als Synode, sie sei aber erst in der Phase des Einübens. Die Kirche in Deutschland könne ihre Erfahrungen in den weltweiten Prozess einspielen.
Der DBK-Vorsitzende kündigte an, dass sich die Bischöfe mit dem bisherigen Verfahren zur Anerkennung des Leids von Opfern sexualisierter Gewalt auseinandersetzen und dieses überprüfen werden. Es gebe Kritik auch aus dem Betroffenenbeirat der Bischofskonferenz, dass die Verfahren reformiert werden müssten. Gerade die lange Bearbeitungszeit könne bei Betroffenen zu einer Retraumatisierung führen. "Das kann nicht Sinn und Zweck des Systems sein", so Bätzing. Darüber hinaus stehe eine Neufassung der Personalaktenordnung auf der Agenda der Herbstvollversammlung, die der Kirche in Deutschland von der MHG-Studie nahegelegt worden war.
Zur anstehenden Bundestagswahl sagte Bätzing, dass diese entscheidend für die Zukunft Deutschlands sei. Christen sollten bei ihrer Wahlentscheidung besonders die Fragen von Lebensschutz und Ökologie berücksichtigen. Gerade beim Lebensschutz stünden wichtige Richtungsentscheidungen an, beispielsweise die Themen assistierter Suizid und eine bessere Begleitung von Sterbenden und Schwerstkranken am Lebensende. "Wir wollen nicht, dass Menschen durch die Hand, sondern an der Hand von anderen Menschen sterben", betonte der DBK-Vorsitzende. (mal)
20.9., 16:35 Uhr: Ergänzt um weitere Details.