Konsequenz aus MHG-Studie: Neue Personalaktenordnung veröffentlicht
Als erste Diözese hat das Bistum Limburg die neue Personalaktenordnung (PAO) veröffentlicht und zum 1. Januar 2022 in Kraft gesetzt. Aus dem aktuellen Limburger Amtsblatt (November) geht damit erstmals der von der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) im September beschlossene Text der "Ordnung über die Führung von Personalakten und Verarbeitung von Personalaktendaten von Klerikern und Kirchenbeamten" hervor. Die geplante deutschlandweite Standardisierung der Personalaktenführung durch von den einzelnen Bistümern erlassene identische Gesetze, die zum 1. Januar in Kraft treten sollen, ist eine Konsequenz aus der MHG-Missbrauchs-Studie und verschiedenen Aufarbeitungsprojekten.
Ziel der PAO ist ausweislich ihrer Präambel die "Sicherstellung einer einheitlichen und rechtssicheren Personalaktenführung im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz unter Beachtung der anerkannten Grundsätze der Personalaktenführung, namentlich der Transparenz, der Richtigkeit und Vollständigkeit, der Zulässigkeit der Information sowie der Vertraulichkeit […] in der Absicht, eine Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Raum der katholischen Kirche […] unter Wahrung der Privatsphäre und der Persönlichkeitsrechte der Bediensteten und Dritter" zu ermöglichen. Die Personalakte soll ein "möglichst vollständiges Bild über den dienstlichen Werdegang und die Eignung des Bediensteten, um daraus Erkenntnisse für den sachgerechten Personaleinsatz und eine effektive Personalplanung zu gewinnen" geben.
Auch bisher im Geheimarchiv aufbewahrte Informationen geregelt
Dazu schreibt die Ordnung, die für Kleriker und Kleriker-Kandidaten sowie Kirchenbeamte gilt, fest, welche Informationen in welcher Form in Personalakten aufgenommen werden müssen. Neben allgemeinen Daten im Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis wie Abschlusszeugnissen, Weiheurkunden und dienstlichen Beurteilungen sind dies auch Informationen im Zusammenhang mit Ermittlungs- und Strafverfahren kirchlicher und staatlicher Strafverfolgungsbehörden und Gerichte und "abschließende Dekrete oder Urteile einer kanonischen Voruntersuchung eines Disziplinar- oder Strafprozesses". In die Akten von Klerikern sind außerdem "gravierende Beschwerden und Bewertungen über die Dienst- und Lebensführung, kirchenrechtliche Maßnahmen und Strafverfahren, Meldungen an römische Dikasterien" aufzunehmen. Damit werden die Personalakten künftig einige Daten enthalten, die bislang aufgrund der Bestimmungen des Universalkirchenrechts im bischöflichen Geheimarchiv aufbewahrt wurden, auf das nur der Diözesanbischof persönlich Zugriff hat. Eine explizite Festlegung, dass dieser Teil der Akte nicht mehr im Geheimarchiv gelagert wird, ist allerdings nicht enthalten; die Ordnung erwähnt die bischöflichen Geheimarchive nicht, sondern verweist allgemein auf "gesetzliche" Vorschriften. Dazu gehört auch die Geheimarchivierungspflicht des CIC.
Die PAO setzt fest, dass die Akten angemessen technisch und organisatorisch gesichert werden müssen. Sowohl in Papier- wie digitaler Form muss sichergestellt werden, dass keine unbemerkten Änderungen vorgenommen werden können. Werden Dokumente dennoch aus der Akte entfernt, ist zu dokumentieren, wer und warum die entsprechenden Seiten entnommen hat. Die Aktenführung findet unter Wahrung der Datenschutz- und Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen statt. Im Kontext von Missbrauchsfällen und -verdacht gibt es besondere Auskunftsrechte für Betroffene. Die Ordnung regelt außerdem, dass die Personalakten in kirchlichen Disziplinar- und Strafverfahren sowie gemäß der gesetzlichen Bestimmungen in staatlichen Strafverfahren verwendet werden dürfen.
Schon länger Kritik an kirchlicher Aktenführung
Der DBK-Vorsitzende, Limburgs Bischof Georg Bätzing, hatte bereits im September zum Abschluss der Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe angekündigt, dass die PAO in allen Diözesen wortgleich zum 1. Januar 2022 erlassen werden soll. Grund für das neue, einheitliche Gesetz waren Erkenntnisse aus verschiedenen Missbrauchsstudien und Aufarbeitungsprozessen, dass in den deutschen Diözesen eine "heterogene und nicht selten mangelhafte Praxis der Aktenführung sowie der Dokumentation von Hinweisen auf sexuellen Missbrauch" vorherrsche, so Bätzing.
Laut dem DBK-Vorsitzenden wurde der Entwurf der PAO auch dem Betroffenenbeirat bei der Deutschen Bischofskonferenz vorgestellt, der sie "ausdrücklich und zustimmend zur Kenntnis genommen" habe. "Mit der Verabschiedung der PAO ist es möglich, dass Missbrauchsbeschuldigungen künftig in allen Diözesen verbindlich, einheitlich und transparent dokumentiert werden", betonte Bätzing. Die kirchliche Aktenführung war zuvor bereits von weltlichen und kirchlichen Juristen kritisiert wurden. Das Erzbistum Köln hatte bereits im Sommer mitgeteilt, ab Juli alle Personalakten in einem manipulationssicheren System zu verwalten. (fxn)