Kirche: Ampelkoalition kann funktionieren – birgt aber auch Gefahren
Während im Bund noch über eine mögliche Ampelkoalition verhandelt wird, regieren SPD, FDP und Grüne in Rheinland-Pfalz schon seit 2016 gemeinsam. Wie blickt die katholische Kirche in dem Bundesland auf dieses Dreierbündnis? Wie funktioniert die Zusammenarbeit der Koalitionäre mit der Kirche? Und welche Rückschlüsse lassen sich aus der Ampelkoalition in Mainz für die laufenden Verhandlungen in Berlin schließen? Dazu äußert sich der Leiter des Katholischen Büros Mainz, Dieter Skala, im Interview mit katholisch.de. Das Büro vertritt die katholischen Bistümer mit rheinland-pfälzischen Gebietsanteilen (Köln, Limburg, Mainz, Speyer und Trier) bei der Landesregierung in Mainz.
Frage: Herr Skala, während eine Ampelkoalition im Bund eine Premiere wäre, wird Rheinland-Pfalz bereits seit 2016 von einem solchen Dreierbündnis regiert. Wie arbeiten die Koalitionspartner in Mainz aus Sicht des Katholischen Büros bislang zusammen?
Skala: Die Zusammenarbeit der drei Partner nehmen wir als weitgehend geräuschlos und von Vertrauen getragen wahr. Das hat seinen Anfang in den Koalitionsverhandlungen 2016 genommen und wurde in den ersten fünf Jahren gemeinsamer Regierungsverantwortung bis auf leichte Abgrenzungstendenzen zum Ende der Legislaturperiode so durchgehalten. Nach der Bestätigung der Koalition im Frühjahr hat sich dies in den erneuten Koalitionsverhandlungen wie auch im Regierungshandeln seither fortgesetzt. Ich glaube feststellen zu können, dass den einzelnen Partnern je eigene politische Spielräume zur Profilierung gelassen werden und zugleich das Gemeinsame der politischen Verantwortung wahrgenommen wird. Hilfreich erscheint mir zudem, dass die Führung der Koalition in Händen einer starken Volkspartei liegt – dies wirkt beruhigend auf die Abläufe.
Frage: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit der Ampelkoalition mit der katholischen Kirche?
Skala: Als Kirche finden wir unsere Ansprechpartner in der Landesregierung ebenso wie in den einzelnen Koalitionsfraktionen. Die Kontakte sind gut, von wechselseitigem Verständnis getragen und verlaufen regelmäßig. Der aktuelle Koalitionsvertrag erinnert an die kulturprägende Kraft der Kirchen und würdigt insbesondere das kirchliche Engagement in Caritas und Diakonie, in Bildung, Kultur und Seelsorge. Zudem finden wir uns eingebunden in die Gestaltung der Gesellschaft: So wurden wir beispielsweise regelmäßig kontaktiert, als es in Fragen der Corona-Bekämpfung darum ging, welchen Beitrag die Kirchen und Religionsgemeinschaften erbringen können, sollen und müssen. Das war mitunter nicht einfach – aber immer offen und voll Verständnis für die Position der anderen Seite. Und um ein weiteres Beispiel zu nennen: Das kirchliche Engagement im Rahmen der Flutkatastrophe im Ahrtal fand und findet hohe, auch öffentlich ausgesprochene Anerkennung.
Frage: Mit dem FDP-Generalsekretär Volker Wissing ist einer der Architekten der rheinland-pfälzischen Ampelkoalition nun auch federführend an den Verhandlungen in Berlin beteiligt. Kann das helfen, das Dreierbündnis erfolgreich zu schmieden?
Skala: Zunächst: Volker Wissing ist bekennender evangelischer Christ. Auch mit ihm gab und gibt es gute Gesprächskontakte. Ich bin mir sicher, dass er mit seinem rheinland-pfälzischen "Ampelhintergrund" den Gesprächen in Berlin weiterhelfen kann. Aber auch darüber hinaus sind zahlreiche Politiker aller drei Parteien aus Rheinland-Pfalz an den Verhandlungen in Berlin beteiligt, die sich aus der gemeinsamen Arbeit hier in Mainz kennen und über Erfahrungen verfügen, wie politische Prozesse gelingen können.
Frage: Nach Ihren bisherigen Erfahrungen in Rheinland-Pfalz: Glauben Sie, dass eine Ampelkoalition im Bund erfolgreich sein könnte?
Skala: Für ein Gelingen von Koalitionen gibt es keine Blaupause, dies gilt für die unterschiedlichsten Konstellationen. Nicht übersehen werden sollte auch, dass Koalitionäre generell unter Druck stehen und dieser Druck auf Bundesebene und in Berlin nochmals deutlich höher ist als in einem Bundesland. Hinzu kommt: Eine Ampelkoalition birgt als Bündnis dreier Parteien durchaus die Gefahr eines Auseinanderdriftens und der Angreifbarkeit, weil die Unterschiedlichkeit der Partner und die hieraus erwachsenden Zentrifugalkräfte noch höher sein können als in Zweierkoalitionen. Hieraus ergeben sich gerade für die Opposition und die Medien viele Ansatzpunkte, das Regierungshandeln kritisch zu hinterfragen und es vor den Grundsatzhaltungen der einzelnen Parteien zu beleuchten. Aber: Rheinland-Pfalz zeigt wie gesagt, dass eine Ampelkoalition funktionieren kann.